Neun Nazi-Demonstrationen in Dorstfeld
Rechtsextremismus
Mal sollen es 10, mal angeblich 100 Teilnehmer sein: Im November und im Dezember überziehen Neonazis den Bezirk Unterdorstfeld mit neun Demonstrationen. Der Plan dahinter ist schnell durchschaut.

Polizeieinsatz vor einem von Neonazis bewohnten Haus an der Emscherstraße in Unterdorstfeld.
An neun Tagen im November und im Dezember wollen Neonazis in Unterdorstfeld demonstrieren. Die Polizei spricht von einem "Versammlungsmarathon", der auch vor Heiligabend nicht Halt macht. Mit den Demonstrationen wollen die Neonazis und die Nazi-Partei "Die Rechte" die Polizei abstrafen, weil sie seit Ende September 2016 in Dorstfeld ein Präsenzkonzept umsetzt. Mit Einsätzen rund um die Uhr will die Polizei den Rechtsextremisten die Grenzen ziehen. Unterdorstfeld wollen die etwa 25 Neonazis als "Nazikiez" brandmarken.
Wer von den Rechtsextremisten zum politischen Gegner erklärt wird und sich auf dem Wilhelmplatz am Dorstfelder Hellweg aufhält, wird mal eben umstellt, abgefilmt und angepöbelt. Die Informationswege der Neonazis sind dafür kurz. Ohne jeden Skrupel schlagen sie auch zu. Selbst dann, wenn Zeugen die Tat beobachten oder die Polizei in der Nähe ist. Auch Polizisten sind bereits mehrfach angegriffen worden.
"Die geben den Biedermann"
"Diese Szene ist gefährlich", sagt Olaf Meyer (60) als Vorsitzender der Interessengemeinschaft Dorstfelder Vereine, "die geben den Biedermann und sind als Nazis nicht zu erkennen. Aber der Schein trügt. Die Angriffe auf Polizisten und andere Bürger in den vergangenen Wochen und Monaten zeigen das sehr deutlich." Dass die Neonazis "um Siegfried Borchardt und dessen Trinkgesellen" Unterdorstfeld jetzt mit neun Demonstrationen überziehen, habe einen Grund: "Die sehen hier ihre Felle davon schwimmen. Sie merken, dass sie Boden verlieren." Dennoch sei die Gefahr gegenwärtig. Olaf Meyer: "Die können schnell aus ihren Löchern heraus kommen."
Der 60-Jährige wirkte bereits am Runden Tischen für Vielfalt und Toleranz gegen den Rechtsextremismus in Dorstfeld mit. Den Anschluss der Naziszene an die Dorstfelder Gesellschaft kann er nicht erkennen. Und er sieht Grenzen im zivilgesellschaftlichen Engagement gegen den Rechtsextremismus: "Wir machen es ihnen so schwer wie möglich. Unsere Mittel reichen aber nicht aus, um der Plage Herr zu werden. Die Demokratie muss deshalb wehrhafter werden", fordert er. Der Gegenwind lasse aber nicht nach: "So, wie die ihre Aktivität verstärken, werden wir unsere Aktivität verstärken. Wir zeigen, wem Dorstfeld gehört: Definitiv nicht diesen Spinnern." Derzeit seien diverse Aktionen im Anstich.
Der Nerven verloren
In Dorstfeld unterwegs war in den vergangenen Wochen bereits der neue Leiter des Staatsschutzes der Polizei, Kriminaloberrat Karsten Plenker. Die Gewalt gegen Polizeibeamte in den vergangenen Wochen sei ein Anzeichen für "Gereiztheit": "Der eine und der andere verliert da gerade die Nerven." Polizeipräsident Gregor Lange sagte, dass die Nazi-Aktionen "sehr berechnbar" seien. Die Polizei werde nicht nachlassen und weiter Akzente setzen. "Dorstfeld gehört den Bürgern und den Demokraten, aber nicht den Rechtsextremisten", sagte er.
Der Runde Tische für Vielfalt und Toleranz überlegt bereits, wie die Dorstfelder auf die erneuten "Provokationen" durch Standkundgebungen und Aufmärsche reagieren können. "Wir stellen uns nicht jedesmal dazu und werden denen kein Forum bieten. Bei Demonstrationen aber muss Widerstand erkennbar sein. Wir diskutieren in den Gruppe, wie weit aktiv wir sein werden", sagte der stellvertretende Bezirksbürgermeister für die Innenstadt-West, Ralf Stoltze.