Neues Pflegeberufsgesetz für einheitliche Ausbildung

Fragen und Antworten

Die Bundesregierung will die Pflegeausbildung in Deutschland neu ordnen und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Um den Beruf attraktiver zu machen, sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Kritiker warnen aber vor einem Substanzverlust. Die Hintergründe: Fragen und Antworten.

BERLIN

von Rasmus Buchsteiner

, 12.09.2016, 05:44 Uhr / Lesedauer: 2 min
Immer wieder demonstrieren Pfleger für bessere Berufsbedingungen – wie hier im Mai in Nürnberg.

Immer wieder demonstrieren Pfleger für bessere Berufsbedingungen – wie hier im Mai in Nürnberg.

Gewerkschaften, Verbände und Arbeitgeber laufen Sturm gegen die Pläne. Reform-Unsinn oder ein wirksamer Schritt gegen drohenden Fachkräftemangel? Hintergründe zu den Änderungen in der Pflegeausbildung.

Was ist der Kern der Reform?

Aus den bisherigen drei Ausbildungsgängen – Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege – wird einer. Es handelt sich um eine dreijährige Fachkraftausbildung, mit Unterricht an Pflegeschulen und praktischer Ausbildung etwa in Heimen oder Krankenhäusern. Die neue Berufsbezeichnung lautet „Pflegefachfrau“ und „Pflegefachmann“. In der neuen generalistischen Ausbildung werden Qualifikationen zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen vermittelt – in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulant. Vorgesehen sind allerdings auch spezialisierende Module. Der erste Ausbildungsjahrgang soll am 1. Januar 2018 starten. Die Pflege – derzeit sind es rund 133 000 Azubis – würde zum größten Ausbildungsberuf in Deutschland.  

Können Altenpfleger künftig auch in Krankenhäusern arbeiten?

Ja. Das ist von der Bundesregierung auch so gewollt. Ziel ist es, die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Pflegebereichen zu erhöhen.  

Wird es auch ein Pflegestudium geben?

Ergänzend zur neuen Pflegeausbildung soll ein neues berufsqualifizierendes Pflegestudium angeboten werden. Bisher gab es dafür nur Pilotprojekte – die Standards der Studiengänge sollen nun vereinheitlicht werden. Der Pflegebedarf sei komplexer geworden, ebenso der technische und wissenschaftliche Fortschritt in der Pflege, argumentiert die Bundesregierung. Das Studium soll mindestens drei Jahre dauern und mit der Verleihung eines akademischen Grades enden. Nach den Plänen der Regierung sollen die Länder die Pflege-Hochschulausbildung bezahlen.

Wie wird die neue Pflegeausbildung finanziert?

Bisher haben die Ausbildungskosten für die Pflegeberufe jährlich rund 2,4 Milliarden Euro betragen. Die Reform verursacht Mehrkosten von 322 Millionen Euro, unter anderem durch eine bessere Ausstattung der Pflegeschulen. Die Mittel sollen aus regionalen Ausgleichsfonds erbracht werden, in die Krankenhäuser (57 Prozent), Pflegeinrichtungen (30 Prozent), Länder (9,0 Prozent) und gesetzliche Pflegeversicherung (3,6 Prozent) einzahlen. Pflege-Anbieter und Kliniken, die ausbilden, sollen eine Bonus-Zahlung aus dem Fonds erhalten.  

Was ändert sich bei Ausbildungsvergütungen und Schulgeld?

Schulgeld war bis zuletzt in einigen Ländern noch üblich. Mit der Reform soll die Pflegeausbildung für die Azubis komplett kostenfrei werden. Die Bundesregierung setzt darauf, dass im Zuge der Änderungen sowohl die Ausbildungsvergütungen als auch die Bezahlung steigt – insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der Pflege.  

Wie werden Pflegekräfte aktuell bezahlt?

Sehr unterschiedlich. In Ostdeutschland liegt der Bruttoverdienst eines Altenpflegers im Schnitt bei 1945 Euro, im Westen bei 2568 Euro, so eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Es gibt große regionale Unterschiede in der Bezahlung: Eine Altenpflegerin in Niedersachsen erhält fast 500 Euro weniger im Monat als eine gleichwertige Kraft in NRW. Die Bezüge von Krankenpflegern in Deutschland sind im Schnitt bis zu 30 Prozent höher als bei Altenpflegern.  

Was sagen Kritiker der Reform?

Sie halten die Vereinheitlichung der drei Ausbildungen für falsch und warnen vor einem Substanzverlust. Nach Abzug von Urlaub und anderen Fehlzeiten würden Pflege-Auszubildende künftig in drei Jahren nur noch 20 Wochen in einem Ausbildungsbetrieb sein. Das sei keine Ausbildung, sondern „ein verlängertes Schnupper-Praktikum“, so der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisiert die Reform: Besser seien eine Grundausbildungsphase zur Vermittlung übergreifender Inhalte und eine anschließende Spezialausbildung in den bisherigen Berufen, heißt es dort.