Neue Unwetterwarnungen für NRW

Tote nach Starkregen

Der heftige Starkregen am Montagabend hat in Münster zwei Todesopfer gefordert. Die Schäden in der Stadt summieren sich auf einen zweistelligen Millionenbereich. Auch aktuell gibt der Wetterdienst mehrere Unwetterwarnungen raus. Versicherungen übernehmen Schäden meist nur, wenn Verträge eine Zusatzklausel enthalten.

MÜNSTER/BOCHUM/ESSEN/GREVEN

, 28.07.2014, 16:50 Uhr / Lesedauer: 4 min

 - dabei verändert sich die Warnlage für Nordrhein-Westfalen stündlich. "Niemand weiß zu diesem Zeitpunkt, ob und wo es heute ein zweites Münster geben wird", scheibt Wetterexperte Jörg Kachelmann bei Facebook. "Man weiß das erst, wenn sich das Gewitter gebildet hat und ganz genau 15-30 Minuten vor Eintreffen des Unwetters." 

Am späten Nachmittag gab es amtliche Warnungen vor "extremem Unwetter" in der Region um Aachen. Auch für den Raum westlich von Düsseldorf, die Kreise Coesfeld, Borken, Wesel und Steinfurt, der Oberbergische Kreis und den Rhein-Sieg-Kreis gilt die Warnstufe Rot (zweithöchste Warnstufe). Zum frühen Abend entspannte sich die Lage wieder etwas. 

Münsters Feuerwehrchef Benno Fritzen sagte am Dienstag: "Es liegt eine neue Wetterwarnung für Dienstag vor. Wir sind darauf eingestellt, dass es heute Nachmittag wieder eine Eskalation gibt. Sollte kein weiterer Regen dazukommen, benötigt die Feuerwehr mindestens drei Tage, um alle Schäden zu beheben."

Das Unwetter in der Nacht hat in Münster ein

gefordert: Am frühen Morgen entdeckte eine Streckenkontrolle der Autobahnmeisterei auf der A1 kurz vor der Ausfahrt Münster-Nord im Graben einen Pick-Up, der in einem überfluteten Bach stand. Im Fahrzeug lag ein Toter. Nach ersten Erkenntnissen war der Wagen von der Straße abgekommen und in den Bach gestürzt. Die Autobahn 1 in Richtung Dortmund wird ab 12 Uhr für die Bergung mit einem Kran teilweise gesperrt.

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Wie die münstersche Feuerwehr in der Nacht zu Dienstag mitteilte ist

. Taucher der Feuerwehr konnten den Mann nur noch tot bergen. Auch am Morgen danach sind Feuerwehr und Polizei im Dauereinsatz. Münsters Polizeisprecher sagte, es gebe keine weiteren Todesfälle in der Nacht, man habe lediglich weiterhin mit Ampelausfällen zu kämpfen. Oberbürgermeister Markus Lewe sprach am Dienstag von einem Ereignis, dass es in dieser Stadt so noch nicht gegeben habe. Die Schäden sollen demnach in den zweistelligen Millionenbereich hineinreichen.

Das in den Straßen stehende Wasser hat nach Ansicht des Deutschen Wetterdienstes (DWD) die Schäden in Münster immer schlimmer gemacht. Bevor das Wasser abfließen konnte, habe gestern jeweils schon das nächste Gewitter begonnen, sagte Meteorologe Malte Witt. "So steht das Wasser dann immer weiter in den Straßen." Im Norden Münsters seien so Stellenweise innerhalb von zwei bis drei Sunden 160 Liter pro Quadratmeter zusammengekommen, im Süden der Stadt eher 40 bis 50 Liter. Für reine Infos aus Münster klicken Sie bitte auf den folgenden Artikel - dort gibt es die lokalen Informationen.

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Nach dem schweren Unwetter

im Zugverkehr. Laut einer Mitteilung des Unternehmens ist das Stellwerk in Greven durch einen Wassereinbruch beschädigt worden. Daher verkehrt voraussichtlich bis zum Mittag nur die Regionalbahn 65 (Westfalenbahn) zwischen Münster und Rheine. Der Regionalexpress 7 (Emden-Münster), der RE15 (Rheine-Münster-Hamm- Krefeld) und die RB68 (Münster-Rheine) fallen auf dem Streckenabschnitt zwischen Rheine und Münster aus. Ein Ersatzverkehr mit Bussen wurde eingerichtet. IC-Züge werden in beiden Richtungen über Osnabrück umgeleitet und verspäten sich um etwa 45 Minuten. Auch die RB 64 (Münster - Gronau - Enschede) fährt von Eschede aus nur bis Altenberge. Zwischen Altenberge und Münster ist ein Busnotverkehr eingerichtet. Die Störung sei witterungsbedingt, teilt die Bahn mit.

Die

zugleich, sagt der Meteorologe Dominik Jung vom Wetterportal wetter.net. „Die ersten Auswertungen von amtlichen und privaten Wetterstationen sowie von Regenradarbildern deuten darauf hin, dass in der Stadt Münster stellenweise bis zu 240 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen sind und das binnen 6 bis 8 Stunden. Das ist die 4- bis 5-fache Regenmenge eines gesamten Julis", erklärt er.

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Damit belegte der heftige Regen am Montagabend sehr wahrscheinlich Platz 10 in der Liste der historischen 24-Stunden-Starkregen-Ereignisse, so Jung. Rekordhalter ist nach Angaben des Meteorologen nach wie vor der Ort Zinnwald-Georgenfeld im Erzgebirge. Dort fielen am 12. August 2002 satte 312 Liter Regen pro Quadratmeter binnen 24 Stunden. "Das war damals der Auslöser für großes Hochwasser in Ostdeutschland", so Jung.   

Am Montagabend war in Münster sogar

. In Greven gingen über 700 Notrufe ein. Aber auch im Ruhrgebiet hat das Unwetter gewütet. Auf der A40 herrschte teilweise Stillstand, eine S-Bahn-Strecke war gesperrt. Für den Regierungsbezirk Münster hatte das Technische Hilfswerk Vollalarm ausgerufen. Sämtliche THW-Kräfte wurden daher in die Domstadt beordert.

In Münster waren wegen des Starkregens viele Keller vollgelaufen. Das Telefon der Feuerwehr Münster stand nicht mehr still - es wurde daher Ausnahmezustand ausgerufen. Alle 23 Löschzüge waren im Einsatz. Die Feuerwehr Münster musste sogar die Nachbarkreise um Amtshilfe beten. Dazu zählten unter anderem auch die Kräfte aus Dorsten und Haltern am See.   Wegen der vollgelaufenen Keller kam es häufig zu Kurzschlüssen. Eine Autofahrerin ist lebensgefährlich verletzt worden, als ein Baum auf ihr Auto stürzte. 

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Gewitterregen in Münster

Heftiger Gewitterregen hat am Montagnachmittag Teile von Münster unter Wasser gesetzt. Zahlreiche Straßen mussten gesperrt werden.
28.07.2014
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Nichts geht mehr: Die Umgehungsstraße war an der Eisenbahnbrücke zwischen Industrieweg und Hammer Straße komplett geflutet. © Foto: Helmut Etzkorn
Die Umgehungsstraße ist komplett geflutet.© Foto: privat
Auf Twitter bedankte sich User @qwasi bei Bürgermeister Markus Lewe für das "neue Südbad".© Foto: twitter.com/qwasi
Dieser junge Mann machte das beste aus der Situation: Er machte den überfluteten Spiekerhof einfach zum Planschbecken. © Foto: Philipp Foremann
Die "Seenplatte" rund um den Bispinghof. © Foto: Larissa Borck
Die Brücke am Skaters Palace Richtung Umgehungsstraße. © Foto: Tim Middendorf
Der Industrieweg unter der Umgehungsstraße war aufgrund des vielen Wassers nicht mehr passierbar. © Foto: Helmut Etzkorn
So sah es auf den Fluren des Clemenshospitals aus. © Foto: Marc Geschonke
Auch in der Chirurgie der Uniklinik stand das Wasser.© Foto: Katrin Heitmann
Auch im Personaleingang der Uniklinik bekamen die Mitarbeiter nasse Füße. © Foto: Katrin Heitmann
Auch am Coesfelder Kreuz stand das Wasser knöchelhoch. © Foto: Marc Geschonke
Dieser Kleinwagen ist an der Apffelstaedtstraße abgesoffen. © Foto: Marc Geschonke
Dieses Auto wurde an der Sentruper Straße in Münster von einem Baum getroffen. © Foto: Helmut Etzkorn
So sah es an der Bergstraße in der Innenstadt aus.© Foto: Christoph Ueberfeld
Es gibt schöneres Fahrrad-Wetter.© Foto: Christoph Ueberfeld
Die Kanalstraße ist komplett gesperrt. © Foto: Ulrich Coppel
So sieht es in der Ferdinandstraße aus.© Foto: Ulrich Coppel
Bis zu den Knien im Wasser: In der Not rückten die Münsteraner zusammen und halfen in der Nachbarschaft, Keller auszupumpen - so wie diese Nachbarn in der Kanalstraße. © Foto: Edda Klepp
Bis zur Motorhaube standen die Autos im Wasser, so wie hier an der Kanalstraße.© Foto: Ulrich Coppel
Auf der Promenade ist kein Durchkommen.© Foto: Michael Urban
In der Nähe des Kreisverkehrs Von-Esmarch-Straße/Roxeler Straße hat der Blitz in diesen Baum eingeschlagen. © Foto: Marc Geschonke
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Ebenfalls hart betroffen war die Stadt Greven. Dort registrierte die Kreisleitstelle am Abend mehr als 700 Notrufe - besonders wegen vollgelaufener Keller. Außerdem stürzten viele Bäume um. Die Polizei sperrte die Innenstadt für den Verkehr. Es wurde ein Krisenstab eingerichtet. Weil hunderte Einsätze noch nicht abgearbeitet sind, bat die Feuerwehr darum, nicht mehr den Notruf wegen weiterer Unwetter-Vorfälle zu rufen. Bei einem Einsatz verunglückte sogar ein Einsatzfahrzeug.

Der Deutsche Wetterdienst schätzte am Abend nach der Auswertung von Radarbildern die Regenmengen in Greven und Ahaus auf mindestens 60 Liter pro Quadratmeter für einen Zeitraum von sechs Stunden. An einer Stelle seien nördlich von Münster zwischen 16 und 17 Uhr mehr als 40 Liter Regen gefallen, sagte ein Sprecher.

Ein Foto, das in Münster entstanden ist, sorgte für Gesprächsstoff in den sozialen Netzwerken: Ein Mann hatte es sich auf einer Luftmatratze gemütlich gemacht und ist durch eine überflutete Straße gepaddelt.  

DAS Foto des #UnwetterMS! Typ nutzt Rosenstraße als Planschbecken! (Via http://t.co/Mz5tg7IdEM) pic.twitter.com/kJHR9K1uny

— Thomas Thiel (@thiel_thomas)

 

RT @fiene RT @djcooky78 Beste Idee beim #Unwetter in #Münsterpic.twitter.com/I05xIIINrn

— Stefan Domke (@stedo1305)

In Essen wurden innerhalb weniger Minuten aus Straßen kleine Bäche. Menschen mussten sich vor Hagel und Überflutungen in Sicherheit bringen.  Auf der Autobahn 40 zwischen Mülheim-Dümpten und Essen-Holsterhausen war die Fahrbahn so überflutet, dass nur ein Fahrstreifen befahrbar war. Es bildete sich ein kilometerlanger Stau.  Ein Fahrgast filmte das Unwetter, als es den Hauptbahnhof Essen erreichte.

Weiter östlich hinterließ das Unwetter auch in Bochum seine Spuren. Im Süden der Stadt reichten wenige Minuten Starkregen aus, um Kellerräume, Wohnungen und Straßen unter Wasser zu setzen. So musste die Feuerwehr über 100 Mal ausrücken. Auch das Technische Hilfswerk war im Einsatz. Im Stadtteil Sevinghausen wurde eine S-Bahn mit 120 Passagieren evakuiert, weil Äste auf das Gleis gefallen waren. Die Bahn richtete einen Busnotverkehr ein.