
© Markus Gehring
Neue Struktur für Katholiken: „Wir werden nicht jedes Pfarrheim halten können“
Katholische Kirche
Auf die Katholiken im Westmünsterland kommen Neuerungen zu. Auch im Kreis Borken soll es „pastorale Räume“ geben: zum Beispiel Südlohn-Stadtlohn-Vreden; Ahaus-Legden und Gronau-Heek-Schöppingen.
Weniger Katholiken und Gottesdienstbesucher, kaum noch Priesternachwuchs und weniger Kirchensteuereinnahmen. Die katholische Kirche muss sich auch im Bistum Münster darauf einstellen, dass sie sich künftig mit weniger Priestern um die Katholiken in größeren Gebietseinheiten kümmern muss. Damit kirchliches Leben, katholische Jugendarbeit, Gottesdienste und Ehrenamt auch unter den sich ändernden Rahmenbedingungen stattfinden können, soll es langfristig auch im Kreis Borken sogenannte „pastorale Räume“ geben.
Die sind größer als die bisherigen (und auch weiter bestehenden) Pfarreien, kleiner als die existierenden Dekanate und sollen quasi eine neue Bezugsgröße für kirchliches Leben in den kommenden Jahrzehnten sein. Vorgeschlagen sind kreisweit folgende sechs Räume: Isselburg-Bocholt-Rhede; Borken-Raesfeld-Heiden; Reken-Velen-Gescher; Südlohn-Stadtlohn-Vreden; Ahaus-Legden und Gronau-Heek-Schöppingen.
Details zur neuen Struktur und den sechs Räumen stellten am Dienstagabend im Forum Mariengarden in Borken- Burlo der für die Region zuständige Weihbischof Dr. Christoph Hegge und der Generalvikar des Bistums Münster, Dr. Klaus Winterkamp, vor. Rund 100 Pfarrer, kirchliche Mitarbeiter und Ehrenamtliche waren zur Vorstellung gekommen.
Aktuell knapp 240.000 Katholiken im Kreisdekanat Borken
„Wir brauchen tragfähige Strukturen und langfristige Perspektiven – und das nicht nur für fünf Jahre“, betonte Hegge. Das gelte für die Finanzen wie für Ehrenamtliche, so der Weihbischof in seiner Einleitung. Winterkamp skizzierte anhand von Zahlen, auf welche Rückgänge sich die Kirche in der Region einstellen müsse. Statt aktuell knapp 240.000 Katholiken im Kreisdekanat Borken werde es 2040 nur noch geschätzt 182.700 geben und statt bistumsweit 380 Diözesanpriestern nur noch 100.
2023 und 2024 keine einzige Priesterweihe in Sicht
Auch bei den Priestern der Weltkirche (statt 165 nur noch 60) und den Diakonen/Pastoralreferenten (250 statt 600) seien die Rückgänge im Bistum bis 2040 enorm. „In den Jahren 2023 und 2024 werden wir keine einzige Priesterweihe haben“, sagte Winterkamp. Auch wenn man „im Bistum Münster derzeit noch auf hohem Niveau stöhnt“, so Winterkamp, werde man für die Pastoral wie auch für andere Angebote „mehr Kooperationen brauchen.“ Auch würden Ehrenamtliche vermehrt auch für pastorale Aufgaben, etwa bei Begräbnissen, benötigt.
Acht hauptamtliche Pastoralkräfte pro „pastoralem Raum“
Die am Dienstagabend erstmals öffentlich bekanntgemachten Entwürfe der pastoralen Räume wollten Winterkamp und Hegge ausdrücklich als Vorschläge und „erste Entwürfe“ verstanden wissen. „Das muss nicht das Endprodukt sein“, so der Weihbischof. Wenn aus den Pfarreien andere Zuschnitte oder Zuordnungen gewünscht seien, dann könne man darüber selbstverständlich reden. Zu den Grundbedingungen gehöre aber, dass pro pastoralem Raum höchstens acht hauptamtliche Pastoralkräfte wie Pfarrer, Diakone und Pastoralreferenten zur Verfügung stehen.
Dauerhaft sollen zwei Drittel der aktiven Priester aus der Diözese sein, ein Drittel solcher aus der „Weltkirche.“ Hegge und Winterkamp betonten zudem, dass die neuen Räume keine Ergebnisse von Fusionen seien und „die Pfarreien bestehen bleiben.“ Winterkamp sagte aber auch: „Wir werden nicht jedes Pfarrheim oder jedes Pfarrhaus halten können.“ Auch bei der Jugendarbeit, bei der Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen, Bibeltagen oder der Arbeit in der Kommunionvorbereitung werde man Schwerpunkte setzen, so Hegge.

Auf dieser Karte sind die pastoralen Räume dargestellt. © Bistum Münster
Aus der Versammlung heraus gab es nur eine Handvoll Wortmeldungen, unter anderem auch zu den vorgeschlagenen Zuschnitten. So fand eine Schöppingerin, dass man sich einen pastoralen Raum mit Legden eher vorstellen könne als mit (dem jetzt vorgeschlagenen) Gronau. Und ein Gast aus Reken fragte sich, wie man denn wohl von Klein Reken in ein Jugendzentrum nach Gescher kommen solle. „Da gibt es keine Busverbindungen.“ Pastoralreferent Jürgen Schulze Herding aus Velen fragte, ob denn eine zusätzliche Ebene nach Gemeinde und Pfarrei hilfreich sei. „Wir haben doch eher schon zu viele Ebenen“, sagte er.
Ziel: Zum 1. Januar 2024 soll Struktur kirchenrechtlich in Kraft treten
Geht es nach Generalvikar Winterkamp, dann sollten die pastoralen Räume zum 1. Januar 2024 – und damit noch vor dem altersbedingten Ausscheiden von Bischof Felix Genn – „kirchenrechtlich in Kraft gesetzt“ werden. Damit könnten die neuen Räume auch als Träger, etwa von Kitas, auftreten.
Neue Leitungsgremien seien nicht geplant. „Die Dekanate werden aber vermutlich überflüssig“, so Winterkamp. Im Herbst soll es zunächst weitere Infoveranstaltungen für Haupt- und Ehrenamtliche geben, danach Beratungen in weiteren Gremien von Verbänden, Pfarreien, Gemeinden. Bis Ende 2022 sollen zudem Vorschläge zum Zuschnitt gesichtet und beraten werden.
Für April/Mai 2023 ist der Abschluss der Beratungs- und Entscheidungsphase“ vorgesehen.