Die Ahauser Arztpraxen sind voll: In diesem Jahr schlägt die Erkältungswelle besonders früh zu. Mediziner vermuten, dass das auch daran hängt, dass das Immunsystem vieler Menschen durch die lange anhaltenden Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus nicht ausreichend gefordert wurde.

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Volle Arztpraxen – besonders frühe Erkältungswelle überschwemmt Ahaus

rnNeue Erkältungswelle

Die Ahauser Haus- und Kinderärzte haben aktuell viel zu tun. Grund ist eine besonders früh einsetzende Erkältungswelle. „Unser Immunsystem hat sich gelangweilt“, sagt ein erfahrener Hausarzt.

Ahaus

, 29.09.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Deutschland erlebt gerade eine sehr frühe erste Erkältungswelle, auch in den Ahauser Arztpraxen häufen sich die Fälle. „Wir werden derzeit überflutet“, sagt Dr. (R.) Paul Lévi. Wie viele Ärztekollegen vermutet auch der erfahrene Hausarzt, dass das Immunsystem vieler Menschen durch die vielen Coronaschutzmaßnahmen nicht mehr an Viren gewöhnt und heruntergefahren ist. „Unser Immunsystem hat sich gelangweilt“, so der 66-Jährige.

Verändertes Freizeitverhalten

Jetzt, da wieder mehr Aktivitäten möglich werden, häufen sich in seiner Sprechstunde Fälle von Schnupfen, Fieber oder Kopfschmerzen. Um die dabei recht ähnlichen Symptome von einer Coronainfektion unterscheiden zu können, wird jeder Patient, noch bevor er die Praxis betritt, über ein Fenster nach seinen Symptomen befragt. Bei Hinweisen auf das Coronavirus wird der Betroffene in einem separaten Raum intensiv untersucht.

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Während Lévi in seiner Praxis nach wie vor nach höchsten Hygienestandards arbeitet, beobachtet er ein verändertes Freizeitverhalten seiner Patienten. „Die Leute benehmen sich fast wie früher“, so der Internist in hausärztlicher Versorgung. Grundsätzlich hält er es schon für vertretbar, mit einem leichten Schnupfen zur Arbeit zu gehen oder das Kind in die Schule oder Kita zu schicken. Es käme aber immer darauf an, ob ernsthafte Symptome hinzukämen, die einen Tag Schonung nötig machten.

Viel zu tun auch für Kinderärzte

Dies betont auch Dr. Benedikt Methling. Der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin aus der Ahauser Gemeinschaftspraxis Veltrup/Link/Methling macht ähnliche Erfahrungen wie sein Kollege. „Wir haben im Moment so viel zu tun wie sonst im Winter“, so Methling. Üblicherweise setze die erste größere Erkältungswelle erst im Oktober/November ein, wenn es „nass und feucht werde“. Auch er schließt sich der allgemeinen Vermutung an, dass das Immunsystem seit Beginn der Coronapandemie und den allgemein gültigen Hygienemaßnahmen sehr wenig trainiert wurde. „Die Zeit war für immungeschwächte Kinder auch heilsam“, betont der Kinderarzt. Nun aber seien „alle Dämme gebrochen“, sagt Kollege Lévi.

Kita - ja oder nein?

Die Frage nach einem Kitabesuch bei leichtem Schnupfen werde in der Ärzteschaft derzeit heiß diskutiert, sagt Methling. Während sich Axel Gerschlauer, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Bonn und zugleich nordrhein-westfälischer Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, ganz klar dafür ausspricht, zeigen sich vor allem Eltern besorgt – insbesondere aufgrund der Ähnlichkeit der Symptome zu einer Coronainfektion.

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Hier gibt es Entwarnung, denn Kinder mit Schnupfen sollen zunächst 24 Stunden zuhause beobachtet und gegebenenfalls ein Schnelltest gemacht werden. Erst danach darf es in die Kita. „Die Kitas haben in ihren Einrichtungen Hausrecht“, betont Kinderarzt Methling. Demnach dürften sie auch entscheiden, ob ein Kind kommen dürfe. Er betont, dass es sich aktuell nicht um eine Grippe – also die echte Influenza –, sondern um eine Erkältungswelle handele. „Die Influenza beobachten wir zumeist erst im Januar, je nach Wetterlage“, so der Mediziner. Auch hier habe er – analog zur allgemeinen Krankenstatistik – nur sehr wenige Fälle im letzten Winter beobachtet. Auch ein Effekt der Abstands- und Hygieneregeln.

Die Lage in Ahaus

Derweil ist die Lage an der Erkältungsfront in den meisten Ahauser Kitas noch entspannt. „Wir haben nicht mehr kranke Kinder als sonst auch“, sagt Stefan Kleideiter, Leiter am Kinderhaus Rasselbande. Ähnlich sieht es im Montessori Kinderhaus aus, wie Erzieherin Verena Niemeier berichtet.