Tatiana Grégoire hat Schnelltests eingekauft, damit sie Kunden den Besuch bei der Fußpflege erleichtern kann.

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Kosmetikerin will Kunden testen – darf es aber nicht

rnCorona-Schnelltests

In den Laden nur noch mit negativem Schnelltest – das schreckt viele Kunden ab. Kosmetikerin Tatiana Grégoire (39) will deshalb selbst Tests anbieten, scheitert aber an der Bürokratie.

Kamen

, 27.04.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Tatiana Grégoire hatte einige Termine in ihrem Kundenkalender, bis die Bundes-Notbremse fast alle platzen ließ. Die Inhaberin des Kosmetik- und Fußpflegestudios Vivo in Südkamen darf ihren Kunden keine Gesichtspflege mehr anbieten, und die Füße dürfen sich nur noch diejenigen Kunden machen lassen, die einen negativen Schnelltest vorweisen können. Etliche Kunden dürfen nun nicht kommen oder sind abgesprungen.

Dass sich die Coronaschutz-Regeln für ihre Branche mal wieder geändert haben, sah die Geschäftsfrau mit einem Gefühl der Wut im Bauch kommen. Und sie handelte direkt: Als sich abzeichnete, dass die neuen Einschränkungen einschließlich der Schnelltest-Pflicht beschlossen werden, meldete sich die Fachkosmetikerin für einen Kurs im Ausbildungszentrum des Deutschen Roten Kreuz in Dortmund an. „Damit ich meine Kunden halten kann, will ich diese Schnelltests hier bei Vivo anbieten, und dafür lasse ich mich extra ausbilden“, erzählt die 39-Jährige.

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Die pragmatische Vorgehensweise hat allerdings einen Haken: Grégoire wird zwar den gleichen Kurs absolvieren, der auch zur Mitarbeit in einem der zahlreichen Schnelltestzentren in der Region berechtigt, aber ihren Schnelltests bleibt die Anerkennung durch Behörden trotzdem versagt. Die Schnelltest-Bürokratie erlaubt das Anbieten von Tests nur im Rahmen der offiziellen Test-Infrastruktur, also zum Beispiel durch Arztpraxen oder Anbieter kostenloser Bürgertests.

Tatiana Grégoire hat diesen Raum für die Durchführung von Corona-Tests vorgesehen.

Tatiana Grégoire hat diesen Raum für die Durchführung von Corona-Tests vorgesehen. © Stefan Milk

Dass Grégoire keine allgemeine Bürgerteststelle eröffnen will, ähnlich wie in Apotheken, Vereinsheimen oder in Containern auf Parkplätzen vor Möbelhäusern, liegt auf der Hand. Es handelt sich um einen kleinen Betrieb mit der Chefin und einer angestellten Pediküre-Spezialistin.

Einen größeren Ansturm von Testkunden könnten sie gar nicht bewältigen. „Wir möchten einfach unser Geschäft retten“, sagt sie. Sie denkt an Kunden wie „die 90-jährige Oma, die keine Kinder hat, die sie zu einer Teststelle bringen“. Für den Test würde sie 4,60 Euro berechnen. „Das ist der Einkaufspreis.“

Tests wie vorm Möbelhaus oder Baumarkt

Ihr Vorbild sind Teststellen wie etwa bei Zurbrüggen und Globus in Unna. Dahinter stehen zwar externe Testanbieter und bei den Tests handelt es sich um kostenlose Bürgertests, „aber letztendlich wird das auch nur für die Kunden gemacht“, meint Grégoire.

Der Unterschied sei wohl, dass sie keinen großen Parkplatz vor ihrem Studio habe, wo sie einen Container oder ein Zelt aufstellen könne, um eine Bürgerteststelle einzurichten. „Aber ich habe einen Raum mit 30 Quadratmetern, wo ich den Kunden hineinbringen und ihn testen kann“, sagt sie.

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In der Praxis stellt sich die Inhaberin das Verfahren so vor: Eine Kundin lässt sich erst im Testraum das Stäbchen in Nase oder Rachen schieben, wartet dann auf das Ergebnis, und bei einem negativen Resultat darf sie auf den Behandlungsplatz im Studio wechseln. Der Vorgang würde dokumentiert, ein Testzeugnis ausgestellt.

Kein grünes Licht vom Kreisgesundheitsamt

„Nein, Sie dürfen den Service nicht anbieten“, bekam Grégoire sinngemäß als Auskunft beim Kreisgesundheitsamt. „Ich finde das ungerecht“, sagt sie. Dass Läden wie ihrer selbst kleine Teststellen ausschließlich für Kunden aufziehen, ist vom Gesetzgeber schlicht nicht vorgesehen.

Die Behörde darf also der Inhaberin des Kosmetikstudios kein grünes Licht geben. „Das liegt nicht in unserer Hand“, sagt Volker Meier, Sprecher des Kreisgesundheitsamts. „Grundsätzlich begrüßt der Kreis Unna jede Ausweitung der Teststruktur, sofern sichergestellt ist, dass die Einhaltung der Rahmenbedingungen gewährleistet ist. Für welche Zielgruppe das angeboten wird, wäre für uns nicht erheblich.“

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Maßgeblich ist die Coronateststrukturverordnung. Betreiber einer Teststelle, die kostenlose Bürgertests anbieten, müssen unter anderem eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf oder eine entsprechende Expertise durch andere Beschäftigte oder mindestens durch eine Kooperationsvereinbarung vorweisen. Grégoire müsste also die Teststelle für alle öffnen und formell in die Hände einer fachkundigen Person legen, die wiederum Grégoire das Durchführen der Tests überlassen könnte – wenn diese entsprechend den Kurs beim Roten Kreuz absolviert hat.

Von Lockdown zu Lockerung zu Lockdown

Durch Corona-Hilfen hat Grégoire ihr Studio bislang über Wasser gehalten. Von Lockdown ging es zu Lockdown, auf Lockerungen folgten neue Beschränkungen. „Zuerst haben wir im März 2020 komplett geschlossen. Dann durfte ich wieder anfangen mit der Fußpflege, das Nagelstudio wurde erst später wieder geöffnet“, blickt sie zurück. „Beim zweiten Lockdown vom 15. Dezember habe ich komplett geschlossen und durfte dann am 1. März wieder die Füße machen. Ein paar Tage später durfte das Nagelstudio wieder öffnen. Seit ungefähr zwei Wochen brauchen wir Tests, wobei jetzt trotz Plexiglas-Scheibe und Schutzvorkehrungen nur noch die Fußpflege gemacht werden darf.“

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Für ihre Idee, Tests anzubieten, habe sie positive Rückmeldungen von Kunden erhalten wie „Boah, ey, mach’ das doch!“ Für die Lockdowns habe sie grundsätzlich Verständnis, aber nicht für „Ungerechtigkeiten“. Und dazu zählt die Fußpflegerin, dass ihre Kollegen, die medizinische Fußpflege anbieten, keinen Schnelltest von den Kunden verlangen müssen.

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