Die Testpflicht hat für die Friseure katastrophale Folgen. Eine Friseurmeisterin aus Bergkamen hat ihren Salon deshalb sogar am späten Montagvormittag schon wieder geschlossen.

von Michael Dörlemann

Bergkamen

, 26.04.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Friseurmeisterin Fiona Pelster ist am ersten Tag, an dem die Bundes-Notbremse auch für ihren Friseursalon „Dolce Vita“ in Oberaden gilt, völlig frustriert. „Ich putze jetzt noch den Salon und dann mache ich wieder zu“, sagt sie gegen Mittag. Die erste Kundin aus Dortmund, die gleich am Morgen einen Termin hatte, musste sie wieder wegschicken. Die Kundin hatte zwar zuhause einen Schnelltest gemacht und der war negativ. Aber das reicht nicht. Was allein zählt, ist eine Bescheinigung von einem Schnelltest-Zentrum, die nicht älter als 24 Stunden sein darf.

„Das ist für uns eine Katastrophe“, sagt die Friseurmeisterin. Die anderen Kunden, die an diesem Montag einen Termin hatten, haben abgesagt. Pelster will noch mit den Kunden telefonieren, die bereits in den nächsten Tagen einen Termin haben und fragen, ob sie noch kommen.

Friseurmeister Jörn Moschinski hängt einen Zettel mit Hinweis auf die FFP2-Masken- und die Schnelltest-Pflicht an die Tür. Auch er hat schon Absagen bekommen.

Friseurmeister Jörn Moschinski hängt einen Zettel mit Hinweis auf die FFP2-Masken- und die Schnelltest-Pflicht an die Tür. Auch er hat schon Absagen bekommen. © Michael Dörlemann

Die Chancen, dass die meisten ihren Termin behalten, sieht sie eher schlecht. Besonders ihre älteren Kunden würden vermutlich nicht zu einem Schnelltest-Zentrum fahren, um sich für den Friseurbesuch freitesten lassen. „Viele haben noch nicht einmal einen Internet-Anschluss und keine E-Mail-Adresse, um sich anzumelden“, sagt sie. Selbst, wenn es, gelinge sich anzumelden. „Die müssen dann erst einmal zum Schnelltestzentrum kommen und ein Taxi nimmt sich wahrscheinlich kaum jemand“, vermutet sie.

Unverständnis, warum die Testpflicht sein muss

In Oberaden mit seinen immerhin knapp 12.000 Einwohnern gebe es kein Testzentrum. Wer sich testen lassen will, muss nach Weddinghofen, zur Schützenheide, zur Ökostation oder zur Industriestraße in Rünthe – ans andere Ende der Stadt. „Das ist eine Unverschämtheit, eine ganze Generation so zu übergehen“, sagt Pelster.

Wer zum Friseur möchte, muss vorher ins Schnelltest-Zentrum.

Wer zum Friseur möchte, muss vorher ins Schnelltest-Zentrum. © Stefan Milk

Warum sich ihre Kunden vor dem Friseurbesuch testen lassen müssen, versteht die Friseurmeisterin ohnehin nicht. Sie lasse höchstens eine Kundin pro zehn Quadratmeter in ihren Salon. Es seien ohnehin höchstens zwei gleichzeitig da – mit Maske, Abstand und unter Einhalten aller Hygienekonzepte.

Sie ist nicht die einzige, die unter der neuen Regel aus der Bundes-Notbremse leidet – obwohl viele Bergkamener Friseure im Internet auf ihrer Facebook-Seite oder ihrer Homepage auf die Testpflicht aufmerksam machen.

Friseurmeister hofft auf ein Umdenken, wenn die Haare wachsen

Auch Vedat Yalce, Inhaber des Salons „Andromeda Hairstyle“ im Rathaus-Center, berichtet, dass fast alle Kunden ihren Friseurtermin abgesagt haben. Das sei schon am Samstag so gewesen. „Da waren wir mit drei Leuten da, aber es war nichts mehr zu tun“, berichtet er. Er und seine Mitarbeiter hätten dann den Salon geputzt. „Aber das können wir nicht jeden Tag machen“, sagt er. Viele Kunden hätten ihm auch schon erklärt, dass sie für den Termin beim Friseur nicht extra einen Schnelltest machen wollten.

Friseurmeister Jörn Moschinski hat schon die ersten Absagen bekommen, obwohl er erst am Dienstag wieder öffnet. „Einer hat gesagt, den Unsinn macht er nicht mit“, berichtet er, während er einen Zettel mit Hinweis auf die Testpflicht und die FFP2-Masken, die jetzt beim Friseur getragen werden müssen, an die Tür hängt. Er sieht die Absagen bisher noch gelassen. „Die Notbremse gilt jetzt für zehn Wochen und die Haare wachsen immer weiter“, sagt er. Er rechnet damit, dass es sich der eine oder andere mit der Zeit doch anders überlegt und lieber den Test macht.

Kunden müssen erst den negativen Schnelltest vorlegen, bevor sie in den Salon dürfen.

Kunden müssen erst den negativen Schnelltest vorlegen, bevor sie in den Salon dürfen. © dpa

Auch Suayip Celik, der Inhaber der beiden Friseursalons „Tasucu“ in Weddinghofen und Oberaden, sieht schwarz. Im März seien noch viele Kunden gekommen – wahrscheinlich, weil sich viele nach dem Lockdown ab Mitte Dezember wieder die Haare schneiden lassen wollten. Der ganze April sei schon schlecht gelaufen – und jetzt werde vermutlich kaum noch jemand kommen. Yalce und Celik gehen davon aus, dass sie fast alle ihre Mitarbeiter wieder in Kurzarbeit schicken müssen.

Medizinisch ausgebildetes Personal muss den Test abnehmen

Offenbar gab es unter Friseuren das Gerücht, dass auch ein Schnelltest reicht, den Kunden unter Aufsicht machen, wenn sie den Salon betreten. Das ist aber nicht so, wie Max Rolke, Pressesprecher beim Kreis Unna, auf Nachfrage sagte. Es müsse gewährleistet sein, dass der Test auch richtig durchgeführt wird. Ein Schnelltest unter Aufsicht im Friseursalon würde nur zählen, wenn der Friseur oder die Friseurin entsprechend medizinisch ausgebildet ist.

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Eine entsprechende Online-Schulung kostet laut Moschinski zwar nur 50 Euro. Aber Umstellungen bei der Versicherung und vieles andere halten ihn davon ab, sich schulen zu lassen und selbst zu testen.