Jubel für Doppelcompagnie nordwest
Klotzen statt Kleckern haben das Oldenburgische Staatstheater und das Theater Bremen sich für die vielerorts von Sparauflagen und Stagnation bedrohten Tanzsparten verordnet.
Klotzen statt Kleckern haben das Oldenburgische Staatstheater und das Theater Bremen sich für die vielerorts von Sparauflagen und Stagnation bedrohten Tanzsparten verordnet.
Das bundesweit bislang einzigartige Modell der Zusammenarbeit von zwei nach wie vor selbstständigen Compagnien hatte am Sonntagabend im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters seine erste gemeinsame Premiere. In seiner Szenenfolge «With your Eyes» (Mit deinen Augen) lässt der israelische Choreograf Rami Be'er in einem Feuerwerk von Bewegung, Bildern, Licht und Musik bis zu 20 Tänzer wirbeln.
Die Kooperation der Tanzcompagnie Oldenburg und des Tanztheaters Bremen unter dem Dachnamen nordwest fordere «viel Diplomatie und viele Abstimmungsprozesse», sagt Honne Dohrmann. Der Oldenburger bildet zusammen mit der Bremer Dramaturgin Patricia Stöckemann die Doppelspitze von «nordwest». Zur angestrebten neuen «tänzerischen Vielfalt» gehört auch die Aufhebung der engen Bindung der Compagnien an einen Tanzdirektor.
Für Jan Pusch in Oldenburg und Urs Dietrich in Bremen wurde stattdessen der Titel «Choreographer in Residence» (Hauschoreograf) kreiert. Jeder der beiden hat nur noch einen Einsatz als Choreograf seines Ensembles. Ansonsten sind in der laufenden Spielzeit ausschließlich israelische Choreografen engagiert. Insgesamt gibt es je zwei Produktionen der zehnköpfigen Ortscompagnien und eine Gemeinschaftsproduktion. Alle fünf Aufführungen sind im Spielplan der benachbarten Bühnen.
So viel Tanztheater wurde in jüngerer Zeit weder in Oldenburg noch in Bremen angeboten. Und so viele Tänzer auf einer Bühne zu vereinen, können mittlere Theater sich in Zeiten öffentlicher Sparauflagen kaum noch leisten. Rami Be'er (50), Sohn ungarischer Juden und international renommierter Choreograf, hat der individuellen Präsentation der Tänzer den Vorrang vor Gruppendrill gegeben. Dabei beherrschen Bremer Solisten den geforderten Dreiklang von Tanz, Akrobatik und Pantomime am besten.
Er wolle keine Geschichten erzählen oder politische Botschaften verkünden, hat Be'er in Oldenburg betont. Zu den von ihm ausgebreiteten Bildern müsse jeder Zuschauer sich zu eigenen Gedanken, Assoziationen und Fantasien anregen lassen. Wenn der Choreograf, der auch für Bühnenbild, Licht und Sounddesign verantwortlich ist, aus Holzquadern eine Mauer errichten und wieder abbauen lässt, muss das nicht unbedingt an Krieg in Nahost erinnern. Es könnte trotz der Schüsse in der Geräuschkulisse auch nur eine von vielen Varianten gestörter Paarbeziehungen sein.
Soli, Duette und Trios sind die Höhepunkte der einstündigen Aufführung mit sparsamen Gruppeneinsätzen an einer Kletterwand oder beim finalen und frontalen Auftritt an der Bühnenrampe. Stürmisch und minutenlang gefeiert wurden der Choreograf und das Ensemble vor allem nach Zugaben, bei denen beide Truppen komplett zum Formationstanz antraten.