Josef Scharl malt Sonnenblumen fast wie van Gogh
Ausstellung Haus Opherdicke
Van Gogh malte prächtige Sonnenblumen. Das konnte der Expressionist Josef Scharl (1896-1954) aber auch. Seine Blumenbilder sind ein Höhepunkt der neuen Schau auf Haus Opherdicke.

Die „Roten Sonnenblumen“ (1950) von Josef Scharl sind eine Leihgabe aus der Sammlung Nierendorf, die auf den ersten Galeristen des Malers in Berlin zurückgeht.
Das kleine Herrenhaus am Rand von Holzwickede hat sich mit seinen Ausstellungen der Klassischen Moderne eine treue Fangemeinde erarbeitet. Zur vorherigen Felixmüller-Schau kamen immerhin 8000 Menschen. Historische Räume (und ein Café) laden einfach zum Genießen ein.
Auf der Flucht vor den Nazis
Josef Scharl gehört zwar nicht zu den vergessenen Künstlern - nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland mehrere Ausstellungen -, doch die Nazis hatten zuvor auch diese Karriere schwer demoliert. Seine erste Einzelausstellung hatte Scharl ausgerechnet 1933 in Berlin. Sofort wurden die Werke als "entartet" abgestempelt. Als Scharl sich weigerte, der NSDAP beizutreten, kam ein Malverbot hinzu. 1938 bestieg er ein Schiff in die USA, seine Familie musste er zurücklassen.
Die Gemälde in Holzwickede spiegeln die Fährnisse dieses schwierigen Lebens - nicht nur im bedenklich dreinblickenden Selbstporträt (Foto) von 1944. Auch ein liebevoller Brief an den Sohn Alois, der in Russland verschollen gewesen war und sich endlich gemeldet hatte, geht ans Herz. Erschüttert steht der Betrachter vor dem Gemälde eines toten Kindes ("Massaker der Unschuldigen" von 1942).
Ornamentale Pracht
Doch trotz allem bleiben prächtig bunte, stark vereinfachte, fast naive Darstellungen mit dunklen Umrisslinien wie das "Stillleben mit Weintrauben" (1952) typisch für Scharl. Die herrlichen Landschaften und Blumen des Spätwerks haben die Pracht des Ornamentalen und den Schwung eines van Gogh.
Etwas Besonderes sind die vielen Porträts von Albert Einstein. 1927 hatten sich die beiden in Berlin kennengelernt. Einstein half dem Künstler bei der Einbürgerung in den USA, dort entwickelte sich ihre "innige und beglückende Freundschaft". So drückte es Einstein in der Totenrede aus, die er für Josef Scharl im Dezember 1954 schreiben musste. Doch Einstein selbst konnte sie nicht mehr am Grab des Freundes vortragen. Er war selbst schwer krank und starb im April 1955, nur vier Monate später.