Iván Fischer macht Konzerthaus Dortmund zur Ballettbühne

Bartók-Programm

Ein ungewöhnliches Programm erleben Besucher des Dortmunder Konzerthauses am Sonntag. Das Budapest Festival Orchestra mit seinem Chefdirigenten Iván Fischer kommt mit zwei Bartók-Tanzmusik-Stücken, dem "Wunderbaren Mandarin" und dem "Holzgeschnitzten Prinz". Auf der Bühne wird dazu getanzt. Matthias Langrock hat dem Maestro dazu in der vergangenen Woche befragt.

DORTMUND

15.05.2017, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Herr Fischer, 2011 haben wir das Budapest Festival Orchestra und Sie mit einer großen Bartók-Zeitinsel in Dortmund erlebt. Nun spielen Sie hier wieder Bartók. Ist es für Sie eine Mission, die Musik Ihres Landsmannes in der Welt populärer zu machen? In keinem Fall. Man soll nie denken, dass Sibelius nur bei den Finnen beliebt ist oder Bartók nur bei den Ungarn. Béla Bartók ist einer der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts und ich würde seine Musik auch lieben, wenn er aus Honolulu käme. Außerdem war Bartók ein leidenschaftlicher Kosmopolit. Er hat sich bemüht, auch außerhalb Ungarns, in allen osteuropäischen Ländern, Volkslieder zu sammeln, was schon damals bei den ungarischen Nationalisten einige Irritationen verursachte. Also, Bartók schätze ich nur wegen seiner Qualität.

 

Macht es für Sie einen großen Unterschied, ob Sie Bartók in Ungarn oder im Ausland dirigieren? Es gibt einen eindeutigen Unterschied: Wenn Bartók Volksmusik-Elemente bearbeitet, wird es in Ungarn sofort erkannt. Ich vermute, dass das Dortmunder Publikum weniger ungarische Volkslieder kennt, aber trotzdem werden sie von diesen schönen Melodien bezaubert.

 

Sowohl den "Mandarin" als auch den "Prinzen" hört man als komplettes Ballett selten im Konzertsaal. Zu Unrecht? Diese zwei Bühnenwerke könnten nicht unterschiedlicher sein. Der "Holzgeschnitzte Prinz" ist ein lyrisches Märchen mit einer wunderschönen Königstochter und einem mutigen Prinzen. Es ist als Tanzstück konzipiert, und eine entzückende Bühne muss uns verzaubern. Der "Wunderbare Mandarin" ist ein hartes Drama mit viel Blut und Gewalt. In beiden Stücken ist die Geschichte hoch wichtig, vielleicht ist es ein Grund, dass man die Musik allein wenig aufführt. Wir haben aber eine Lösung gefunden: Tänzer werden auf dem Konzertpodium herumlaufen und wir verwandeln den Konzertsaal in ein Theater.

 

Sie spielen das Bartók-Programm auch im polnischen Kattowitz. Während die Konzerte dort ausverkauft sind, tut sich das Dortmunder Publikum mit Bartók schwerer. Wird dadurch ein kultureller Unterschied deutlich? In Dortmund wird das Konzert auch ausverkauft sein, weil diese Meisterwerke so stark sind, dass sie die Leute magnetisch anziehen.

Das BFO ist ein ganz wichtiger Kultur-Botschafter Ungarns: Im Sommer dirigieren Sie das Orchester zum Beispiel in New York. Zuhause in Budapest kürzt man Ihnen Subventionen - zuletzt von rund 850000 Euro auf 200000 Euro. Warum? Das möchte ich auch gerne wissen. Könnten Sie so nett sein und diese Frage dem Budapester Oberbürgermeister stellen?

 

Würde es helfen, wenn Sie sich politisch stärker zurücknähmen? Das probiere ich gerade, und ich habe festgestellt, dass die zwei Dinge nichts miteinander zu tun haben. Wenn Subventionen gekürzt werden, können wir weniger in Budapest auftreten, also werde nicht ich bestraft, sondern die Budapester Bürger.

 

Was bedeuten die Streichungen konkret für das BFO? So wichtig ist es auch wieder nicht. Der Hauptteil kommt vom ungarischen Staat und dieser ist stabil. Insgesamt wurden circa zehn Prozent der Gesamtsubventionen gestrichen, was eher symbolisch beleidigend ist. Wir können die Kürzung mit dem Weglassen von einigen Konzerten auffangen.

 

Der ungarische Pianist András Schiff spielt seit einigen Jahren aus Protest gegen die Regierung gar nicht mehr in Ungarn. Käme das für Sie auch infrage? Ich respektiere András sehr. Er ist ein guter Freund, und wir sprechen oft über diese Situation. Ich aber bin verantwortlich für ein Orchester und ein Stammpublikum. Die Leute in Ungarn brauchen Musik, und ich möchte sie nicht im Stich lassen.

Karten für das Konzert (21.5.), 16 Uhr, im gibt es in allen Kategorien unter Tel. (0231) 22696200. Die Preise liegen zwischen 17 und 88 Euro.