Hambüchen trotz Reck-Patzer voll auf Olympia-Kurs
Reck verpatzt, Boden gewonnen: Fabian Hambüchen hat beim Turn-Weltcup in Cottbus einen Auftritt mit viel Licht und ein wenig Schatten erlebt.
107 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele patzte der Weltmeister beim gestreckten Tkatschew-Salto und musste an seinem Spezialgerät mit Rang vier vorlieb nehmen. Tags zuvor hatte Hambüchen bereits eine acht Jahre währende Durststrecke deutscher Turner in Cottbus ohne Sieg beendet und die Boden-Konkurrenz für sich entschieden. Zuletzt hatte Andreas Wecker 2000 am Barren für einen deutschen Sieg in Cottbus gesorgt. Seine glänzende Form vier Wochen vor den Europameisterschaften in Lausanne bewies Hambüchen auch beim Sprung und am Barren jeweils als Zweiter.
Da auch Sprung-Königin Oksana Tschussowitina an ihrem Spezialgerät den dritten Sieg im dritten Wettkampf der Olympia-Saison landete und am Balken zudem Dritte wurde, durften die deutschen Turner ihre beste Bilanz beim Cottbuser Weltcup seit 14 Jahren feiern. Auch die Berlinerin Katja Abel überzeugte bei ihrem letzten Start in Cottbus mit Platz drei am Stufenbarren. Insgesamt zwölf Finalplätze - so viel wie nie in Cottbus - unterstreichen den Aufschwung im deutschen Turnen. «Wir sind gut auf Kurs für Peking», konstatierte Verbands-Präsident Rainer Brechtken.
Die Reck-Show des Welt- und Europameisters hielt die 1500 Zuschauer in der ausverkauften Lausitz-Arena in Atem. Beim Absturz Hambüchens ging ein Aufschrei durch die Halle. Mit dem Ausgangswert von 7,1 turnte er wieder die schwierigste Übung der Weltelite, stellte aber den gestreckten Tkatschew-Salto zu nah an die Stange, konnte sie nicht mehr greifen und musste dem Chinesen Zou Kai (16,050) den Sieg überlassen.
«Immer noch besser, dass es hier passiert, als dann in Peking. Es war trotzdem ein Super-Wochenende», kommentierte Hambüchen den Patzer in seiner risikoreichen Übung gelassen. Auch am Barren hat er seine Übung gehörig aufgestockt (Ausgangswert 6,6) und wurde mit Platz zwei (15,825 Punkte) hinter Sydney-Olympiasieger Li Xiaopeng (China/16,250) belohnt. Probleme gibt es für den Ausnahmeturner aber überraschend in der Olympia-Vorbereitung, weil seine Trainingshalle in Wetzlar wegen Baufälligkeit gesperrt worden war. «Wir haben einen Notfallplan entworfen und werden kommende Woche in Frankfurt trainieren», erklärte Vater und Trainer Wolfgang Hambüchen.
Bei seinem ersten von insgesamt vier Final-Auftritten hatte der deutsche «Sportler des Jahres» tags zuvor mit 15,30 Punkten seine Qualitäten am Boden unterstrichen, war aber auch nach dem Sieg kritisch zu sich selbst: «Ich wollte volle Kanne turnen. Aber die Beine waren ganz schön schwer. Deshalb konnte ich noch nicht alles zeigen», meinte Hambüchen fast entschuldigend.
Tschussowitina vollendete nach den Sprung-Siegen beim Weltcup in Doha und den Europameisterschaften in Clermont-Ferrand mit 15,15 Punkten ihren Hattrick. Sie ist mit nunmehr neun Siegen in Cottbus - dem fünften beim Sprung - nach der Berlinerin Maxi Gnauck (18 Siege) die erfolgreichste Athletin in der Geschichte des Traditionsturniers. «Jetzt brauche ich erst mal eine Woche Urlaub. Ich bin doch sehr müde. Aber dann geht es voller Kraft an die Olympia-Vorbereitung», kündigte die mit 32 Jahren älteste Turnerin der Weltklasse an.