Durchschnittsfamilie kann durch Gaspreisbremse bis zu 1200 Euro sparen

Energiekrise

Die Expertenkommission schlägt eine Gaspreisbremse in zwei Stufen vor. Damit sollen Verbraucher entlastet werden. Berechnungen zeigen nun, wie viel Geld damit gespart werden kann.

Frankfurt am Main

12.10.2022, 11:58 Uhr / Lesedauer: 3 min

Durch die vorgeschlagene Gaspreisbremse wird eine Durchschnittsfamilie rechnerisch um deutlich mehr als 1200 Euro pro Jahr entlastet. Dies geht aus ersten Berechnungen von Vergleichsportalen hervor. Die neuen Regelungen sollen im Frühjahr kommen.

Die Experten von Check 24 gehen von einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) aus und sie legen den aktuellen Durchschnittstarif von knapp 20 Cent pro kWh zugrunde, der derzeit beim Abschluss von Neuverträgen gezahlt werden muss. Ein Singlehaushalt (Verbrauch: 5000 kWh) müsste den Kalkulationen zufolge gut 300 Euro weniger in zwölf Monaten zahlen.

Erster Schritt: Einmalzahlung im Dezember

Die Expertenkommission Gas und Wärme hat der Bundesregierung zudem vorgeschlagen, der Subventionierung der Gaspreise eine Einmalzahlung für den Monat Dezember vorzuschalten. Weitere Entlastungen von insgesamt rund 5 Milliarden Euro kämen so allein bei dieser sogenannten ersten Stufe der Preisbremse zusammen, so Check 24.

Die Kommission empfiehlt in ihrem am Montag vorgelegten Zwischenbericht, dass im letzten Monat des Jahres der Staat einmalig die Abschlagszahlung für die Versorgung mit Gas übernimmt. Dabei werden die Summen zugrunde gelegt, die an die Versorger im September überwiesen wurden. Die Einmalzahlung „soll als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse“ dienen, heißt es in dem Bericht. Laut Verbraucherportal Verivox kann sich die Durchschnittsfamilie auf eine Überweisung von etwa 340 Euro freuen.

Vermieter müssen Betriebskostenpauschalen absenken

Nicht nur Hausbesitzer, sondern auch Mieter, die ihre Aufwendungen für Erdgas über die Nebenkosten bezahlen, sollen von der Regelung unmittelbar profitieren. Dabei verweist die Kommission auf eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch: „Ermäßigen sich die Betriebskosten, so ist eine Betriebskostenpauschale vom Zeitpunkt der Ermäßigung an entsprechend herabzusetzen. Die Ermäßigung ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen“, heißt es in Paragraph 560. Die Bundesregierung hat versprochen, die Vorschläge der Kommission schnell umzusetzen. Dies soll zudem auch für Fernwärmekunden gelten.

Auf die Empfehlungen im Zwischenbericht hatten sich die Mitglieder der Kommission nach einer 36-stündigen Marathonsitzung einstimmig geeinigt, so das Bundeswirtschaftsministeriums. Allerdings wurde nach Angaben von Teilnehmenden lange und heftig um die Ausgestaltung eines Mechanismus gerungen, der einerseits schnell wirken, andererseits zur Sparsamkeit animieren und außerdem die Inflation eindämmen soll. Siegfried Russwurm, Co-Vorsitzender der Kommission und BDI-Präsident, räumte ein, dass das Konzept, über das „bis zum Sonnenaufgang“ am Montagmorgen diskutiert wurde, angesichts der komplexen Fragestellung „nicht perfekt“ sein könne.

Zweiter Schritt: Grundkontingent von 80 Prozent

Die zentrale Idee: Für die Zeit vom 1. März 2023 bis mindestens Ende April 2024 soll Unternehmen und privaten Haushalten ein staatlich subventioniertes Grundkontingent zur Verfügung gestellt werden. Für Haushalte werden 80 Prozent des Verbrauchs vorgeschlagen, der bei der Abschlagszahlung im September zugrunde gelegt wurde. Für diese Gasmenge soll der Staat einen Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde sicherstellen – inklusive aller Abgaben und Steuern.

Für Gasmengen, die diesen Basisverbrauch übersteigen, müssten die Kunden und Kundinnen dann aber die aktuellen Marktpreise zahlen; also nach aktuellem Stand etwa 60 Prozent mehr. Zugleich liegen die 12 Cent rund 70 Prozent über dem Durchschnittspreis des Vorjahres.

Veronika Grimm, Co-Vorsitzende der Kommission, betonte, dass die 12 Cent nach derzeitigem Kenntnisstand der „neuen Normalität“ bei den Gaspreisen entspreche – Deutschland will von russischem Pipelinegas weg und vor allem auf verflüssigtes Erdgas (LNG) umstellen, das deutlich teurer ist als der Brennstoff aus Sibirien.

Verdi: Nicht sozial ausbalanciert

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Diskussionen sei gewesen, worauf sich das Grundkontingent bezieht, hieß es aus Teilnehmerkreisen. So gab denn auch Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), ein Sondervotum ab: „Das vorgeschlagene Modell der Gaspreisbremse ist nicht ausreichend sozial ausbalanciert. Durch das Modell wird eine Zwei-Zimmer-Wohnung genauso behandelt wie eine Villa mit Pool“, so der Verdi-Chef.

Um Haushalte mit geringen bis durchschnittlichen Einkommen finanziell nicht zu überfordern, müsste ein Mengengrundkontingent pro Haushalt zu einem Preis aus der Zeit vor der Krise eingezogen werden. Werneke schlägt 4000 kWh vor. Dies sei notwendig, um auch Haushalte zu berücksichtigen, die bereits in der Vergangenheit in erheblichem Umfang aus finanziellen Gründen den Gasverbrauch einschränken mussten.

„Darüber hinaus müsste für Privathaushalte eine Obergrenze – Vorschlag: 25.000 KWh – definiert werden, damit diejenigen mit hohem Einkommen und Verbrauch nicht über Bedarf gefördert werden“, so der Verdi-Vorsitzende, der gleichwohl dem Zwischenbericht zustimmte, da er trotz der unzureichenden sozialen Balance konkrete Verbesserungen beinhalte. Aber im nun folgenden politischen Prozess brauche es konkrete Verbesserungen, um eine Gaspreisbremse „mit sozialen Haltelinien umzusetzen“.

RND