Expertenkommission schlägt vor: Staat soll Gaskunden eine Monatsrechnung zahlen

Gas-Krise

Eine Expertenkommission der Regierung hat erste Vorschläge vorgelegt, wie die Gaspreise gedämpft werden könnten. Noch in diesem Jahr soll es eine Sonderzahlung des Staates geben.

Berlin

10.10.2022, 08:04 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission Gas und Wärme hat am Montagmorgen Vorschläge präsentiert, wie Gaskundinnen und -kunden von den steigenden Kosten entlastet werden sollen.

„Wir haben uns bei den Entwürfen von mehreren Grundsätzen leiten lassen: Unsere erste Priorität war, schnell zu sein. Sowohl in der Entwicklung des Modells, als auch in der Wirkung“, sagte Michael Vassiliadis, einer der Kommissionsvorsitzenden, auf einer Pressekonferenz am Montag. Zudem solle ein wirksamer Schutz geboten werden, wobei auch Einsparanreize bestehen bleiben sollten.

Gasabschlag im Dezember soll vom Staat gezahlt werden

Für Privatkunden und -kundinnen und klein- und mittelständische Unternehmen hat sich die Kommission auf ein zweistufiges Verfahren geeinigt. Demnach soll der Staat in einem ersten Schritt im Dezember „einmalig die jeweilige Abschlagszahlung aller Gas-Standardlastprofilkunden und Fernwärmekunden“ übernehmen, heißt es in einem Ergebnispapier. Für die Entlastung im Dezember wird mit Kosten von etwa 5 Milliarden Euro gerechnet.

Die Einmalzahlung soll auf der Basis des Verbrauchs ermittelt werden, der der Abschlagszahlung im September zugrunde lag. „Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse“, heißt es in dem Papier weiter. Die Versorger sollen auf die Abschlagszahlung für Dezember für praktisch alle Haushalts- und Gewerbekunden und -kundinnen verzichten und diese vom Staat erstattet bekommen. Die Abschläge für Industrie und Kraftwerke zur Stromerzeugung übernimmt der Staat nicht.

Gaspreisbremse soll ab März 2023 eingeführt werden

In einem zweiten Schritt soll, voraussichtlich ab März 2023 bis April 2024, eine Gaspreisbremse folgen. Demnach bekomme jeder Kunde und jede Kundin ein staatlich gefördertes Kontingent von 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs, wie Reuters zuvor berichtete. Die verbliebenen 20 Prozent müssten von den Kundinnen und Kunden selbst nach Marktpreis gezahlt werden.

Der Preis solle auf 12 Cent pro Kilowattstunde abgesenkt werden. „Das führt dazu, dass die Menschen entlastet werden. Das ist ungefähr der Preis, den wir in Zukunft erwarten können“, erklärte Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, bei der Pressekonferenz. Das Modell beziehe das neue Niveau der Gaspreise mit ein, führte Grimm aus. Von 7 Cent pro Kilowattstunde könne man künftig nicht mehr ausgehen. Michael Vassiliadis bekräftige, dass die neuen Preise, das „New Normal“ darstellen würden.

Für Fernwärmekunden und- kundinnen soll eine Wärmepreisbremse kommen. Analog zum Gaspreis soll es hier einen garantierten Bruttopreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme geben, wiederum für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Verbrauchs.

Kommission rechnet vorläufig mit Kosten von 91 Milliarden Euro

Insgesamt werde für alle Maßnahmen, sowohl für Privatpersonen als auch für die Industrie, mit Kosten von 91 Milliarden Euro gerechnet. „Diese Zahl kann sich aber verändern, je nachdem, wie sich der Gaspreis am Weltmarkt entwickelt“, ergänzte Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Die Vorsitzenden der Experten- und Expertinnenkommission zur Gaspreisbremse übergaben am Montagmorgen vor der Pressekonferenz ihren Vorschlag an Bundeskanzler Olaf Scholz. Mit dabei im Kanzleramt waren auch Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Die Gaspreisbremse soll ein zentrales Rettungsinstrument der Bundesregierung in der Energiekrise sein. Sie soll einerseits die hohen Gaspreise für Bürger und Bürgerinnen und Betriebe erträglicher machen, andererseits aber Anreize zum weiterhin nötigen Energiesparen geben.

Über eine Gaspreisbremse könnten mindestens für einen Teil des Verbrauchs die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind. Insgesamt will die Ampelkoalition bis zu 200 Milliarden Euro einsetzen, um Verbrauchende und Unternehmen wegen der steigenden Energiepreise zu stützen.

Die Bundesregierung werde sich „sofort und intensiv“ mit den Vorschlägen beschäftigen, hatte ein Regierungssprecher am Freitag gesagt.

Angekündigt wurde ein „Zwischenbericht“. Denn die Aufgaben der Kommission mit Vertretern und Vertreterinnen aus Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Bundestag – deren offizieller Name Expertenkommission Gas und Wärme ist – reichen über die Gaspreisbremse hinaus. Die Mitglieder sollen auch das Ausmaß der Preisanstiege durch den Wegfall russischer Erdgaslieferungen bis zum Frühjahr 2024 bewerten.

Neben nationalen Entlastungsmöglichkeiten sollen sie auch „Optionen zur Abfederung der Preisentwicklung auf europäischer Ebene unter Berücksichtigung der Preisbildung an den Weltmärkten“ prüfen. Für den 17. und den 24. Oktober waren weitere Sitzungen geplant, die endgültigen Arbeitsergebnisse sollen bis Ende des Monats vorliegen.

RND