Folter am Kanal: Angeklagte kauften Totschläger
Zeugen sagten aus
Bittere Tränen und Verzweiflung: Im Prozess um die brutale Racheaktion am Dortmund-Ems-Kanal, die einen 20-Jährigen fast das Leben gekostet hätte, ist eine Zeugin fast zusammengebrochen. Sie flehte die Richter an: "Lassen Sie mich einfach in Ruhe." Trotzdem erzählte sie, wie die Tat geplant und vorbereitet wurde.

Der Tatort liegt in der Nähe der Eisenbahnbrücke über den Dortmund-Ems-Kanal. Im Sommer ist dieser Kanalabschnitt ein beliebter Treffpunkt vieler Jugendlicher.
Die 17-jährige Zeugin war am Donnerstag mitten in ihrer Vernehmung plötzlich in Tränen ausgebrochen. Sie legte den Kopf auf den Tisch, blickte sich hilfesuchend nach ihrer Mutter um, die schräg hinter ihr saß. Zuvor hatten die Richter sie bedrängt, endlich die ganze Wahrheit zu erzählen. "Man hat das Gefühl, dass sie mauern", hatte es gleich mehrfach geheißen.
Die Zeugin war vor der unfassbaren Tat mit zwei der drei Angeklagten unterwegs gewesen - ihrer besten Freundin, eine 17-jährige Aschebergerin, und einem 19-jährigen Freund aus Lünen. Dass dabei Rachepläne geschmiedet worden sind, will die Schülerin offenbar bis heute nicht richtig wahrhaben. Erst nach und nach erzählte sie den Richtern, was besprochen worden sei.
Totschläger, Sturmhauben und Pfefferspray in Dortmund gekauft
So habe man dem späteren Opfer, einem Azubi (20) aus Münster, das Wort "rapist" (Vergewaltiger) auf die Brust ritzen wollen. Auch von Tritten und Schlägen sei die Rede gewesen. Einer der Angeklagten habe sogar einen Elektroschocker gehabt.
Trotzdem habe sie nie gedacht, dass etwas passieren könnte. Vor allem ihrer nun angeklagten besten Freundin habe sie die Tat nicht zugetraut. "Sie war doch nie gewalttätig", sagte sie den Richtern unter Tränen.
Ein anderer Zeuge (20) war sogar mit dabei, als in einem Dortmunder Waffengeschäft ein Totschläger, Sturmhauben und Pfefferspray gekauft wurden. Dabei waren die Angeklagten sogar gefragt worden, ob sie eine Bank ausrauben wollen. Doch letztendlich will auch er nicht beunruhigt gewesen sein. "Ich habe das alles nicht ernst genommen", sagte der 20-Jährige den Richtern der 1. Strafkammer des Landgerichs Münster.
Anklage lautet auf Mordversuch
Die drei Angeklagten aus Nordkirchen, Ascheberg und Lünen haben gestanden, den Auszubildenden aus Münster am Dortmund-Ems-Kanal fast zu Tode gefoltert zu haben. Die 17-Jährige hatte ihren beiden mitangeklagten Freunden zuvor erzählt, dass sie von dem Münsteraner vergewaltigt worden sei. Das war jedoch gelogen.
Das Opfer wurde gefesselt, stranguliert und mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Dass der 20-Jährige überlebt hat, ist nur aufmerksamen Nacht-Anglern zu verdanken, die die verzweifelten Hilferufe gehört hatten. Die Anklage lautet auf Mordversuch. Alle drei angeklagten Teenager sitzen in Untersuchungshaft.