Folter am Kanal: "Gedacht, dass es zu Ende geht"

Opfer sprach vor Gericht

Im Prozess um eine fast tödliche Rache am Dortmund-Ems-Kanal hat jetzt auch das Opfer ausgesagt. "Ich habe gedacht, dass es zu Ende geht", sagte der 20-Jährige am Donnerstag vor dem Landgericht Münster. "Dann wurde mir schwarz vor Augen."

MÜNSTER

01.12.2016, 13:08 Uhr / Lesedauer: 2 min
Der Tatort liegt in der Nähe der Eisenbahnbrücke über den Dortmund-Ems-Kanal. Im Sommer ist dieser Kanalabschnitt ein beliebter Treffpunkt vieler Jugendlicher.

Der Tatort liegt in der Nähe der Eisenbahnbrücke über den Dortmund-Ems-Kanal. Im Sommer ist dieser Kanalabschnitt ein beliebter Treffpunkt vieler Jugendlicher.

Es war der Moment, auf den alle gewartet hatten. Als die Richter den 20-Jährigen am dritten Verhandlungstag aufforderten, zu erzählen, was damals passiert sei, war der Landwirt-Azubi aus Münster überraschend gefasst.

Selbst die Fotos von seinen lebensgefährlichen Schnittverletzungen wollte er sich später am Richtertisch ansehen. Obwohl ihn die Richter darauf hingewiesen hatten, dass sie "heftig" seien.

Es war ein Klick auf eine Flirt-App, mit dem alles begonnen hatte. Im Mai 2016 hatte der Azubi eine 17-jährige Schülerin aus Ascheberg kennengelernt. "Wir haben uns getroffen, dann sind wir zu ihr nach Hause", sagte er den Richtern.

Die Mutter sei nicht dagewesen. Es habe dann auch nicht lange gedauert, bis man im Bett gelandet sei. "Sie wollte das", sagte er gleich mehrfach. Man habe sich geküsst, alles sei völlig einvernehmlich passiert.

"Ich habe sie angefleht, dass sie mich in Ruhe lassen"

Trotzdem hatte die 17-Jährige ihren zwei mitangeklagten Freunden später erzählt, es sei eine Vergewaltigung gewesen - eine Aussage mit unfassbaren Folgen. Der Landwirt-Azubi aus Münster wurde unter dem Vorwand eines weiteren Treffens an den Dortmund-Ems-Kanal gelockt. Es war eine Fahrt, die er fast mit seinem Leben bezahlte.

Am Kanal warteten die 17-Jährige sowie ein (damals noch) 17-Jähriger aus Nordkirchen und ein 19-Jähriger aus Lünen.

Kaum war der Münsteraner angekommen, wurde er auch schon niedergeschlagen. Mund und Augen wurden mit Tape überklebt, er wurde getreten, mit Kabelbindern und einem Gürtel gewürgt. "Es ging um mein Leben", sagte der 20-Jährige den Richtern. "Ich habe sie angefleht, dass sie mich in Ruhe lassen."

Aber die anderen hätten darüber gesprochen, dass sie es zu Ende bringen und seine Sachen verbrennen wollten. Erst als Angler kamen, seien die drei Freunde aus Ascheberg, Lünen und Nordkirchen geflohen.

Taubheit in der rechten Hand - und Angst im Dunkeln

Drei Tage war der Azubi auf der Intensivstation, danach noch knapp zwei Wochen im Krankenhaus. Noch heute hat er manchmal Taubheitsgefühle in der rechten Hand. Und auch Angst. Vor allem, wenn es dunkel und einsam ist.

Die Anklage lautet auf Mordversuch. Der Prozess wird fortgesetzt.

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