Flughafen will Storch-Abschuss beantragen

Angst vor Vogelschlag

Vogelschlag ist für die Luftfahrt gerade bei Start und Landung ein hohes Risiko. Doch oft kollidiert die Flugsicherheit mit dem Naturschutz. In Hannover wollen die Airport-Betreiber auf Nummer sicher gehen. In letzter Konsequenz sollen Störche geschossen werden

Hannover

25.08.2015, 19:51 Uhr / Lesedauer: 2 min
Kampf um die Beute: Zwei Störche zanken sich um das Mittagessen. Foto: Felix Kästle

Kampf um die Beute: Zwei Störche zanken sich um das Mittagessen. Foto: Felix Kästle

Angesichts eines wachsenden Storchenbestands im direkten Umfeld des Flughafens Hannover wollen die Betreiber Problemtiere in letzter Konsequenz abschießen dürfen. Eine behördliche Genehmigung soll diese Woche eingeholt werden, bestätigte ein Flughafensprecher am Dienstag entsprechende Informationen des Radiosenders ffn. „Es geht uns bei diesem Thema in erster Linie um Rechtssicherheit“, sagte der Sprecher. Nach Angaben der Umweltorganisation BUND waren im Umkreis von 13 Kilometern um den Airport 14 Nester von Störchen besetzt. Sie können für Flugzeuge in den sensiblen Start- und Landephasen zum Risiko werden und werden daher regelmäßig von den Pisten verscheucht.

Nach Bundesnaturschutzgesetz rechtlich kein Problem

„Ein Abschuss kann aber nur dann gelten, wenn auch wirklich Flugsicherheit und Menschenleben gefährdet sind“, erklärte der Umweltdezernent der Region Hannover, Axel Priebs, dem ffn. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sei das auch rechtlich kein generelles Problem. Im niedersächsischen Umweltministerium sieht man sich nicht zuständig: „Im Naturschutzrecht gibt es für die Flugsicherheit keine Regelung“, sagte eine Sprecherin. Sie warf allerdings die Frage auf, wer die Entscheidung für einen solchen Abschuss treffen soll, da ja Flugsicherheit und Menschenleben direkt gefährdet sein müssten.

Hintergrund des Antrags ist die gestiegene Zahl von Weißstörchen in Niedersachsen. Nach Angaben der Naturschutzorganisation NABU wurden allein im Vorjahr 746 Weißstorchpaare im ganzen Land gezählt. „Insgesamt wurden 1136 Jungstörche flügge“, erklärt die Organisation. Da die Großvögel gerade auf den Grünflächen rund um die Start- und Landebahnen gute Nahrungsbedingungen finden, siedeln sie - ähnlich wie andere Großvogelarten - gerne in deren Umgebung.

Abschuss nur als "ultima ratio"

„Wenn man den Storch von seiner Biologie her kennt, ist das nicht verwunderlich“, sagt Reinhard Löhmer, Naturschutzbeauftragter für die Weißstorchbetreuung beim BUND. Nach seinen Angaben waren 2015 im Sicherheitsbereich von 13 Kilometern um den Flughafen mindestens 14 Nester besetzt, 12 Storchenpaare hatten Bruterfolg. Der Abschuss eines Storches kommt für Löhmer nur als „ultima ratio“ in Betracht. “Das ist auch ein tierschutzethisches Problem. Trifft man einen Brutvogel, dann wären Eier oder Jungvögel verwaist.“ Statt dessen schlägt Löhmer vor, das Gelände um den Flughafen als Lebensraum für Störche unattraktiver zu machen und die Tiere intensiver als bisher zu vergrämen.

Denn für die Luftfahrt bedeuten Vögel schon eine Gefahr, wenn sie Luftfahrzeugen nicht mehr ausweichen können. Diese Kollisionen - im Fachjargon Vogelschlag - können auch große Verkehrsjets abstürzen lassen. Ein spektakuläres Beispiel ist die Notlandung des US-Airways-Flugs 1549 am 15. Januar 2009 auf dem Hudson River in New York. Die Piloten entschlossen sich dazu, nachdem ihr Airbus nach Vogelschlag auf beiden Triebwerken keinen Schub mehr hatte. dpa