"Enemy" ist ein Alptraum wie aus dem Nachlass von Kafka

Im Kino

Nach der Romanvorlage "Der Doppelgänger" von José Saramago spielt Regisseur Denis Villeneuve ("Prisoners", "Die Frau die singt - Incendies") im Film "Enemy" ein ebenso irritierendes wie hypnotisierendes Spiel mit Identität und Irrationalität, Wahn und Wirklichkeit.

21.07.2014, 11:55 Uhr / Lesedauer: 1 min
Eine irritierende Begegnung: Adam (Jake Gyllenhaal) trifft Anthony (J.G.).

Eine irritierende Begegnung: Adam (Jake Gyllenhaal) trifft Anthony (J.G.).

Der kanadische Geschichtsprofessor Adam (Jake Gyllenhaal) wird in Toronto mit einem schockierenden Ruck aus dem Phlegma seines Langweilerlebens gerissen. In einem Spielfilm entdeckt er den Nebendarsteller Anthony, der ihm bis aufs Haar gleicht. Selbst dessen Stimme ist von seiner nicht zu unterscheiden, wie ein Telefonat mit Anthonys Frau beweist. Adam drängt auf ein Treffen mit seinem Doppelgänger. Selbstverständlich hätte er das besser unterlassen.

Düstere Musik

Mit düsterer, nervenkitzelnder, beklemmender Musik untermalt Villeneuve ein Drama, das für einen der beiden Protagonisten tödlich enden muss - vielleicht auch für zwei. Wer weiß. Mit der Dualität der Personen bricht das Chaos aus. Jede Szene wird für den Zuschauer für einen Moment zum "Who is who", bis sich kurzfristig wieder Orientierung einstellt.

Kein Boden der Sicherheit

"Auch Chaos ist Ordnung - nur unentschlüsselte", sagt eine Schrifteinblendung zum Auftakt des Psychothrillers, in dem nicht nur die Protagonisten den Boden der Sicherheit unter den Füßen verlieren.

Entschlüsseln heißt nun die Aufgabe, die sich Filmfiguren und Filmfreunde paritätisch teilen. Dazu stehen Kafka, Lynch, Cronenberg und Hitchcock winkend und vielsagend lächelnd Spalier.

Eklatante Folgen

Mit Hinterlist holt sich Anthony Adams bildhübsche Freundin ins Bett, die erst durch eine Kleinigkeit erkennt, dass sie gerade mit dem Falschen geschlafen hat. Eine Erkenntnis mit eklatanten Folgen und der provozierten Frage, ob man seinem Leben eine völlig neue Richtung geben kann, wenn man sein bisheriges Ich aufgibt.

Zwillinge oder Klone

Aber Villeneuve liegt nicht an Aufklärung. Sind Anthony und Adam Zwillinge? Sind sie Klone? Die Fragen bringen einen nicht weiter. Man bleibt gefangen im Spinnennetz der Vermutungen, Ungewissheiten und Unwahrscheinlichkeiten.

"Enemy" ist ein Alptraum, aus dem der Zuschauer als anderer Mensch erwacht. Aber selbst das ist nicht ganz sicher.  

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