Raoul Classen ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Detektive

Raoul Classen, Präsident des Bundesverbands der deutschen Detektive, verrät, für welche Informationen ein seriöser Detektiv zahlt und für welche nicht. © Fotos: Ulrich Breulmann, dpa / Montage: Martin Klose

Ein Insider berichtet: Für welche Informationen Detektive bezahlen und für welche nicht

rnKorruptions-Serie

Wenn jemand andere besticht, um Informationen zu erhalten, dann ein Detektiv, oder? Doch wofür bezahlen die Ermittler wirklich? Oder klären Sie Korruptions-Fälle auf? Ein Insider berichtet.

NRW

, 14.06.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Raoul Classen ist Detektiv, aber nicht irgendeiner. Der 53-Jährige ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Detektive und demnach so etwas wie der oberste deutsche Privatermittler.

Raoul Classen strahlt mit seiner Schlägermütze, seinem roten Pulli und seiner nicht unbedingt gertenschlanken Gestalt eine große Gelassenheit und Gemütlichkeit aus. Dabei sollte man sich nicht täuschen lassen. Hinter der Fassade der Gutmütigkeit, das wird im Gespräch schnell klar, verbirgt sich ein Mann, der in einem harten Geschäft alle Tricks auf Lager hat. Kein Wunder, ausgebildet wurde er beim Nachrichtendienst der Nato, hatte unter anderem mit der Spionage-Abwehr zu tun. 1997/98 fand er das langweilig und arbeitet seitdem als Detektiv.

Achselzucken der Kollegen und eine hohe Dunkelziffer

Das sind mittlerweile 25 Jahre. Trotzdem habe er in all den Jahren keinen einzigen Auftrag erhalten, bei dem es um die Aufklärung eines Korruptionsgeschäfts gegangen sei. Als Präsident des Bundesverbands habe er zur Vorbereitung auf unser Gespräch auch viele Kollegen gefragt. Überall habe er nur Achselzucken geerntet.

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„Ganz sicher gibt es Korruption in Deutschland“, sagt Raoul Classen, „das ist zweifellos so, wobei das Ausmaß mit Sicherheit nicht wirklich bekannt ist. Ich kann mir vorstellen, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist.“ Warum trotzdem so selten Detektive in Sachen Korruption eingeschaltet werden, darüber könne er nur spekulieren, sagt Classen, hat aber eine plausible Erklärung.

Das Geschäft der Rechnungsprüfer

Zum einen hätten Verwaltungen alle selbst Rechnungsprüfungsämter, die sehr genau hinschauen könnten. Zum anderen werde eine Firma wohl kaum einen Detektiv einsetzen, der überprüft, welchen Einfluss diese Firma auf öffentliche Stellen habe.

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Allerdings, und damit nähert man sich dann doch dem Korruptionsbereich, sei es schon so, dass 70 bis 80 Prozent der Aufträge für Detektive aus dem Bereich der Wirtschaft kämen. Da gehe es dann in den allermeisten Fällen allerdings nicht um klassische Korruption, sondern um Betrügereien, Unterschlagungen und arbeitsrechtliche Fragen. Beispielsweise komme es immer mal wieder vor, dass ein Detektiv die Richtigkeit einer Krankschreibung überprüfen müsse.

„Wir laufen nicht mit einem schwarzen Koffer durch die Gegend“

Und was ist mit Detektiven selbst? Stecken die nicht ab und an einem Beamten ein paar Euro zu, um an vertrauliche Informationen zu kommen, wie man das aus zahllosen Krimis und Thrillern kennt? Die Antwort von Raoul Classen ist unmissverständlich: „Wir laufen mit Sicherheit nicht mit einem schwarzen Koffer durch die Gegend und bestechen jemanden.“

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Classen räumt ein, dass es bei dem ein oder anderen der etwa 1.100 Detektive in Deutschland anders sei, aber: Für seriöse Ermittlungen zahle sich das nicht aus, denn: „Die Beweise, die ein Detektiv sammelt, müssen vor Gericht verwertet werden können. Das geht aber nur, wenn sie auf rechtmäßige Weise erworben wurden und man das auch vor Gericht belegen kann“, erklärt Classen. Bestechung sei kein rechtmäßiger Weg und obendrein mache man sich als Detektiv noch strafbar.

Der Platz im Restaurant und das begehrte Zimmer im Hotel

Das heißt allerdings nicht, dass Raoul Classen bei seiner Arbeit niemals Geld bezahlt. „Doch, das passiert durchaus. Wenn ich beispielsweise einen bestimmten Sitzplatz in einem Restaurant haben möchte, dann zeige ich mich gerne auch mal gegenüber dem Kellner großzügig und bedanke mich, wenn ich ihn bekomme.“

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Gleiches gelte beispielsweise auch, wenn die „Zielperson“ in einem Hotel absteige. Wenn der Portier ihm dabei helfe, das Nachbarzimmer zu bekommen, lasse er sich das auch gerne etwas kosten.

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All das sei aber keine Bestechung, sondern er bedanke sich eben nur bei einem Privatmenschen für einen Gefallen. Und so ein Platz im Restaurant neben der Person, über die der Detektiv Daten sammelt, der kann ebenso Gold wert sein wie das Nachbarzimmer im Hotel, denn: „Eines unserer wichtigsten Handwerkszeuge ist es, Augen- und Ohrenzeuge zu sein“, sagt Classen.

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