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Fünf Korruptionsfälle in Dortmund: von der Baugenehmigung bis zum Asylantrag
Korruptions-Serie
Überall da, wo Menschen Macht haben, wichtige Entscheidungen zu treffen, herrscht Korruptionsgefahr. Die Versuchung, mit Geld nachzuhelfen, ist groß. Das zeigen fünf Beispiele aus Dortmund.
Spätestens seit dem spektakulären Fall bei der Kfz-Zulassung der Stadt Dortmund ist klar: Auch in Dortmund gibt es Bestechung und Bestechlichkeit, Vorteilsnahme- und -gewährung. In vier Fällen kam es dabei zwischen Januar 2020 und Oktober 2021 zu Ermittlungen gegen vier Bedienstete der Stadt Dortmund. Und dann gibt es noch einen ganz aktuellen, fünften Fall aus dem Jahr 2022.
Welche Vorwürfe dabei im Detail im Raum standen, darüber schweigt sich Pressesprecher Michael Meinders auf Anfrage unserer Redaktion aus. Er beschreibt lediglich vage, um welche vier Fälle es sich 2021 gehandelt habe:
Fall· 1
In einem Fall habe jemand versucht, einen Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts zu bestechen. Dieser meldete diesen Bestechungsversuch direkt an seine Vorgesetzten. Das Verfahren gegen den Verantwortlichen für den Bestechungsversuch wurde laut Meinders unter Auflagen eingestellt.
Fall 2
Im Bauordnungsamt wurde einem Mitarbeiter vorgeworfen, dass es zu einer Vorteilsgewährung beziehungsweise Bestechlichkeit gekommen sei. Der Verdacht konnte nicht erhärtet werden, das Verfahren wurde eingestellt, berichtet Michael Meinders.
Fall 3
Der gleiche Vorwurf traf den Eigenbetrieb der Stadtentwässerung. Diesem Bereich der Verwaltung wurde unter anderem vorgeworfen, Grundstückseigentümer zu Unrecht zur Sanierung ihrer privaten Entwässerungsanlagen aufzufordern. Das Rechnungsprüfungsamt untersuchte den Vorgang, konnte allerdings keine strafrechtlich relevanten Verstöße feststellen, wie aus dem Abschlussbericht der Rechnungsprüfer hervorgeht.
Fall 4
Der vierte Fall hatte die stärksten Konsequenzen. Es wurde gegen einen Beschäftigten im Sozialamt wegen Vorteilsgewährung ermittelt. Das Ergebnis: Der Betroffene verlor seinen Arbeitsplatz, das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde mit einer Bußgeldzahlung von 1.500 Euro beendet.
Fall 5
Noch offen ist ein angeblicher Schmiergeld-Skandal bei der EDG. Hier gibt es Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen Chef des Konzernbetriebsrats. Es steht der Vorwurf im Raum, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei Einstellungen gekommen ist. Ob dem tatsächlich so ist, ist noch nicht abschließend geklärt.
Allerdings hatte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft keine Geldzahlungen im Zusammenhang mit Personaleinstellungen feststellen können. Dass aus anderen Gründen möglicherweise Geld geflossen ist, untersucht die Staatsanwaltschaft noch. Fest steht: Die Kripo hatte den Ex-Betriebsrat dabei beobachtet, wie er am 17. Februar in einer Pizzeria in der Nordstadt 3.000 Euro in bar angenommen hat. Für welche Gegenleistung, das ist offen. Der Beschuldigte schweigt dazu.
In allen Fällen, in denen möglicherweise strafrechtlich relevante Verstöße im Raum stehen, schalte man die Ermittlungsbehörden, also Polizei und Staatsanwaltschaft ein, sagte Meinders. Auf nähere Details zu den einzelnen Fällen könne er aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen nicht eingehen, sagte er.
Im Übrigen gebe es bei der Stadt Dortmund eine Geschäftsanweisung zum Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und anderen Vorteilen. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter muss zweimal im Jahr mit einer Unterschrift bestätigen, dass er beziehungsweise sie diese Dienstanweisung zur Kenntnis genommen hat.
Und das sagt die Polizei Dortmund
Im Zuständigkeitsbereich der Polizei Dortmund wurde 2020 insgesamt in elf Korruptionsfällen ermittelt, berichtet Polizeisprecher Oliver Peiler auf Anfrage unserer Redaktion. Eine Korruptionsanzeige gegen einen Bediensteten der Dortmunder Polizei habe es nicht gegeben.
In den elf Fällen richteten sich die Vorwürfe gegen Mitarbeiter von Kommunen, Behörden und aus dem Gesundheitswesen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich die ihnen übertragenen Befugnisse ausgenutzt haben, sagt Peiler und nennt drei konkrete Beispiele:
Vorwurf: Gegen Geld Asylanträge bewilligt
In einem Fall habe es beispielsweise eine anonyme Anzeige gegeben. Der darin erhobene Vorwurf: Gegen Geld seien Asylanträge bewilligt worden. In einem anderen Fall lautete der Vorwurf, dass städtische Bedienstete Baugenehmigungen gegen Dienstleistungen für sich erteilt hätten.
In einem dritten Fall, so berichtet Peiler, habe es Hinweise zu einem konkreten Bauvorhaben einer Behörde gegeben. Dabei sei es um Unregelmäßigkeiten bei der Ausschreibung und Auftragsvergabe und in deren Folge zu „Täuschungs- und Untreuehandlungen“ gekommen.
Übrigens: Wird eine Anzeige gegen einen Mitarbeiter der Polizei Dortmund erstattet, werden die Ermittlungen aus Neutralitätsgründen vom Polizeipräsidium in Recklinghausen geführt. Die Polizei Dortmund hat einen Antikorruptionsbeauftragten, eine Dienstanweisung wie die Stadt Dortmund.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
