Ein Hoch auf den „Operetten-Karajan“ Heinz Panzer

90. Geburtstag

„Sie haben mich den Operetten-Karajan“ genannt“, sagt Heinz Panzer bei der Verabschiedung im Hausflur nach einem zweistündigen, sehr anregenden, prallvollen Gespräch mit unserer Zeitung. Dabei ist der Dirigent doch der Herbert Blomstedt von Dortmund. Am 31. August wird er 90 Jahre alt.

DORTMUND

von Julia Gaß

, 31.08.2017, 16:08 Uhr / Lesedauer: 3 min
Heinz Panzer mit seiner Ehefrau Lieselotte Römp-Panzer in seinem Wohnzimmer am Flügel. Heute wird der Dirigent 90 Jahre alt.Foto: Gaß

Heinz Panzer mit seiner Ehefrau Lieselotte Römp-Panzer in seinem Wohnzimmer am Flügel. Heute wird der Dirigent 90 Jahre alt.Foto: Gaß

42 Jahre war der bescheidene, sympathische Dirigent, der nie sich, sondern immer nur die Musik in den Vordergrund gestellt hat, am Theater. Erst sechs Jahre als Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung, dann erster Kapellmeister. Eigentlich ist Heinz Panzer sogar 53 Jahre lang durch den Bühneneingang des Theaters gegangen, denn den Chor des Musikvereins hat er bis 2003 dirigiert.

Dass ein Dirigent mehr als 50 Jahre lang einem Haus treu bleibt, ist eine Seltenheit. „Ich wollte nie weg. Ich hatte hier doch alles: den Musikverein, Oper, Operette, Konzerte“, sagt er. Und er hat auch seine Ehefrau, Schauspielerin Lieselotte Römp-Panzer, die später mit Dr. Gerhard Kramer die „Vipro-Klassik“ gegründet hat und große Opern und später eine Meisterkonzertreihe in die Westfalenhallen gebracht hat.

Jeden Tag Chopin

Den Taktstock hat Heinz Panzer im Ruhestand nicht mehr in die Hand genommen, aber Klavier spielt er immer noch jeden Tag ein bis zwei Stunden. „Chopin, die Etüden. Auswendig. Ich will doch sehen, ob das noch klappt“, sagt er. Es klappt tadellos.

Die goldene Ära von Wilhelm Schüchter hat Panzer miterlebt. Und die Eröffnung des Opernhauses 1966 mit dem „Rosenkavalier“. „Von einem Tag auf den anderen musste ich den Rosenkavalier dann nachdirigieren“, erinnert sich der Kapellmeister: „Schüchter wurde krank, rief an und sagte ,Panzer, Du musst morgen den Rosenkavalier dirigieren‘“.

Rosenüberreichung



Der junge Kapellmeister hatte Bedenken, studierte eine Nacht die Partitur und zeigt jetzt stolz den Brief von Wilhelm Schüchter. „Nach der gestrigen, kurzfristigen Übernahme des ,Rosenkavaliers‘, den Sie hervorragend dirigiert haben, hätte man Ihnen die silberne Rose überreichen müssen“, schrieb der Generalmusikdirektor.

„Für mich war es ein Glücksfall, dass Schüchter da war. Ich habe viel von ihm profitiert und gelernt. Die Atmosphäre war damals ganz anders. Schüchter konnte sehr böse werden, heute ist alles leger, aber früher war es persönlicher“, erinnert sich der Kapellmeister.

„Martha“ von Flotow war 1951 die erste Oper, die Heinz Panzer in Dortmund dirigiert hat, Verdis „Traviata“ am 3. Juli 1992 die letzte. Eine eigene Operette, „Die Liebesmelodie“, hat er Anfang der 50er-Jahre komponiert. Später komplettierte er die Operette „Wiener Café“ von Robert Stolz mit einem vierten Akt. Stolz kam zur Probe und Premiere und war zufrieden.

Tournee mit Günter Wewe


l

Einen Kopf voller Erinnerungen hat Heinz Panzer: Mit Günter Wewel ist er auf Tournee gegangen, zwei Mal hat er das große Requiem von Berlioz dirigiert, besonders gerne hat er Jugendkonzert geleitet und eines der ersten Konzerte im damals neuen Konzerthaus Dortmund dirigiert. Die Philharmonischen Konzert-Abos wurden zu seiner Zeit noch vererbt und waren immer ausverkauft. Zwei Jahre war Heinz Panzer zwischendurch Dozent am Dortmunder Konservatorium, ein Jahr Gastdirigent an der Berliner Lindenoper.

Die Aufführung des Requiems von Verdi war im Frühjahr 2003 mit dem Musikverein das Abschiedskonzert von Heinz Panzer. Es war zugleich das Gedenkkonzert für seinen Freund, den Mäzen und Musikvereins-Vorsitzenden Gerhard Kramer, der einen Monat vor der Eröffnung des Konzerthauses gestorben ist.

Tochter ist Regisseurin



Bei Opernpremieren und manchmal in Philharmonischen Konzerten ist Heinz Panzer nun gerne Zuschauer. Und noch immer hängt das Foto aus dem Jahr 2002, auf dem er am Pult der Philharmoniker steht, im Konzerthaus – gegenüber von der linken Saaltür im Parkett. Der Musik ist der zweifache Vater auch durch seine Tochter Nicola verbunden: Sie ist Regisseurin und Assistentin von Robert Wilson.

Nur noch eine Handvoll Orchestermusiker und Sänger kennt Heinz Panzer vom Theater, mit einigen trifft er sich bei einem Stammtisch. Heute, an seinem Geburtstag, steht seine Wohnung im Kreuzviertel allen offen, die mit ihm anstoßen möchten – auf seinen 90. und ein halbes Leben voller Musik.