
Der Wolf ist zurück in NRW: Vereinzelt wird er im südlichen Münsterland gesichtet. In Dülmen hat es bislang drei bestätigte Wolfrisse bei Damwild gegeben. © picture alliance / dpa
Der Wolf nimmt die Wildpferde bei Dülmen ins Visier
Wolfsansiedlung
Der Wolf ist zurück im südlichen Münsterland. Und er hat bereits mehrfach Spuren hinterlassen. Die Wildpferde bei Dülmen sollen nun spektakulär geschützt werden.
Wolf und Wildpferd scheinen sich mindestens einmal recht nah gekommen zu sein. Vor einiger Zeit ist auf der Wildpferdebahn bei Dülmen Damwild gerissen worden. Der Jäger war laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz ein Wolf.
Der Generalbevollmächtigte der Herzog von Croy’schen Verwaltung, Joachim Menke, berichtet von drei Bissspuren in den vergangenen Jahren. „Ich weiß, der Wolf ist da – und dass er wiederkommen wird“, sagt Menke. Die Wildpferdeherde im Merfelder Bruch ist seit über 180 Jahren im Besitz der Herzöge von Croy. Sie soll nun vor dem Wolf geschützt werden.
Generalbevollmächtigter der Herzog von Croy‘schen Verwaltung
Der durch Behörden genehmigte Zaun, der mitten durch das Naturschutzgebiet führt, soll fast zehn Kilometer lang, 1,80 Meter hoch, aus einem Knotengeflecht hergestellt und oben mit einem Stromdraht versehen sein. Die Croy’sche Verwaltung lässt ihn seit dieser Woche rund um das 400 Hektar große Areal errichten. Radwege werden abgeschnitten.
„Ich kann alle verstehen, die nicht wollen, dass ein Wolfszaun rund um die Wildpferdebahn gebaut wird. Denn ich will es auch nicht“, sagt Menke. Doch eine andere Lösung gebe es nicht. Drei bestätigte Wolfrisse, jeweils bei Damwild, habe es bislang gegeben.
„Der Wolf ist da – und den kann man auch nicht wegdiskutieren“, so Menke. Der Zaun sei eine „Gefahrenprophylaxe zum Schutz von Leib und Leben“.
Schutz für 400 Wildpferde
400 Wildpferde leben in den Wäldern des Herzogs im Merfelder Bruch. Auch sie haben, wie der streng geschützte Grauwolf, einen Naturschutzstatus. Dass der Wolf die Herde als Beute ins Visier nimmt, glauben die Experten weniger. „Unsere größte Befürchtung ist, dass ein Wolf die Herde hetzt und diese dann durch den Zaun geht“, sagt Försterin Friederike Rövekamp. Das würde bei der Populationsentwicklung alles verändern.
Und: Die gerade im weiteren Ausbau befindliche Bundesstraße B 67n, die Landesstraße 600 und die Autobahnen 43 und 31 sind nicht weit – und Wildpferde will niemand auf der Fahrbahn haben. Bislang ist das Areal durch einen Zaun aus vier Spanndrähten abgetrennt. „Das reicht aber nicht für die Herde, wenn sie wirklich in Bewegung ist“, so Rövekamp. Der Herzog muss als Eigentümer einer Verkehrssicherungspflicht nachkommen.
Einzeltiere und zwei Rudel
Deutschlands erstes Wolfsrudel hatte sich im Jahr 2000 auf einem ostdeutschen Truppenübungsplatz eingenistet. In NRW konnte der erste durchziehende Wolf 2009, die erste feste Ansiedlung 2018 am Niederrhein nachgewiesen werden.
Das NRW-Umweltministerium geht von zwei Rudeln (Elternteile mit Welpen) aus, am Niederrhein und im Rhein-Sieg-Kreis. Dazu kommen zwei stationäre Einzeltiere in der Eifel und in Haltern sowie ein Wolf in der Senne, der jedoch seit einem halben Jahr nicht mehr nachgewiesen ist. „Welpen verlassen zumeist bis zum zweiten Lebensjahr das elterliche Rudel. Das Rudel im Rhein-Sieg-Kreis wechselt zwischen NRW und Rheinland-Pfalz“, sagt ein Ministeriumssprecher. Ein weiteres Rudel lebt in Belgien, im Hohen Venn an der Landesgrenze zu NRW, dessen Elterntiere sporadisch im Raum Monschau nachgewiesen werden.
Die Rückkehr des Wolfes nach NRW verläuft, verglichen mit anderen Bundesländern, aus Sicht des Umweltministeriums langsam. Für die Halter von Weidetieren wie Schafen ist „Isegrims“ Comeback ein Problem, das Sorgen auslöst. NRW-Umweltminister Oliver Krischer sagt Unterstützung zu. „Wir müssen die Rahmenbedingungen so gestalten, dass der Wolf sich wieder ansiedeln kann und zugleich die Belange des Arten- und Herdenschutzes gewahrt werden“, so Krischer gegenüber unserer Zeitung. Es gebe viele Gegenden, wo Menschen und Wolf vernünftig zusammenlebten. „Ich glaube, dass das auch in NRW geht“, so Krischer.
Alarmglocken schrillen bei Schäfern und Landwirten
Was aus Naturschutzsicht eine gute Sache ist, lässt bei Schäfern und Landwirten die Alarmglocken schrillen und wird zum Politikum. 40 Attacken von Wölfen auf Nutztiere – meist Schafe, zunehmend aber zuletzt auch Kleinpferde – gab es allein im vergangenen Jahr in NRW. Von der „Problem-Wölfin Gloria“ ist die Rede.
Das Land reagiert mit der „Förderrichtlinie Wolf“. Danach werden „wolfsverursachte Haus- und Nutztierverluste“ entschädigt. In den vier definierten Wolfsgebieten werden die Investitionskosten für Herdenschutzmaßnahmen übernommen. Dülmen mit der Wildpferdeherde zählt nicht dazu. Die Kosten für den Wolfszaun muss die Croy’sche Verwaltung, die mit bis zu einer dreiviertel Million Euro kalkuliert, allein tragen.