Originalaufnahme des männlichen Jungwolfes, der Ende Februar 2022 in Rosendahl in eine Wildtierkamera tappte.

Originalaufnahme des männlichen Jungwolfes, der Ende Februar 2022 in Rosendahl in eine Wildtierkamera tappte. Seitdem ist immer wieder zu angeblichen Sichtungen in der Region gekommen. © Kreis Coesfeld

Doppel-Wolfssichtung in Heek: Nabu mahnt zur Besonnenheit

rnWölfe

Angebliche Doppel-Wolfssichtung in Heek: Am Strönfeldsee sollen die Tiere über die Straße Richtung Schöppingen gelaufen sein. Kann das wirklich sein? Wir haben darüber mit dem Nabu gesprochen.

Heek

, 28.07.2022, 15:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Nachricht lässt aufhorchen. In den örtlichen Facebook-Gruppen wird von einer angeblichen Doppel-Wolfssichtung in Heek berichtet. Der Verfasser des Posts schreibt am Mittwochabend (27.07.) von zwei Wölfen, die am Strönfeldsee über die Straße Richtung Schöppingen gelaufen sein sollen.

Doch kann das wirklich sein? Beweise in Form von Fotos oder Videos fehlen. Ohnehin wären dies keine fundierten Belege. Dafür bedürfte es schon DNA-Beweise durch Fell oder Kot. Nichtsdestotrotz wurde unter dem Post viel spekuliert. Der Verfasser selbst schreibt von einem großen Schrecken.

Nabu ist Sichtung nicht bekannt

Angeblich habe er den Vorfall auch dem Naturschutzbund (Nabu) gemeldet. Wir haben beim Kreisverband nachgefragt und mit dem Kreisvorsitzenden Michael Kempkes und Kreisgeschäftsführer Martin Frenk über die angebliche Sichtung und das Thema Wolf in der hiesigen Region gesprochen.

Eines vorweg: Weder Michael Kempkes noch Martin Frenk ist bisher etwas von den angeblich jüngsten Sichtungen in Heek zu Ohren gekommen. Dass es zumindest einen Wolf in der Region gibt oder gegeben hat, streiten sie aber nicht ab. Dafür gibt es sogar einen Beleg.

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Ende Februar 2022 tappte in Rosendahl, also nicht weit entfernt von Heek, ein Jungwolf in eine Wildtierkamera. Das Bild liegt der Redaktion vor. Doch mehr „Belege“ gibt es aktuell nicht. Dafür aber angebliche Sichtungen in Vreden oder Schöppingen in den zurückliegenden Monaten. Und jetzt in Heek.

Und selbst, wenn es wie im Heeker Fall oder zuletzt in Schöppingen tatsächlich mehrere Wölfe gewesen sein sollten, heißt das noch lange nicht, dass es sich um ein Rudel handelt, erklärt Martin Frenk.

Keine dokumentierten Übergriffe auf Menschen

Geschwisterjungtiere – egal ob männlich oder weiblich – blieben nicht selten bis zur Geschlechtsreife zusammen. Das bringe Vorteile bei der Jagd mit sich. Erst mit Eintritt in die Geschlechtsreife suche sich dann jedes Jungtier sein eigenes Revier.

Es ist also durchaus möglich, dass ein oder mehrere Jungwölfe auf der Suche nach Beute durch die Region streifen. Aber: Das sei kein Grund für Panik oder Sorgen. Das unterstreichen Michael Kempkes und Martin Frenk mit Nachdruck.

Dass es in Deutschland wieder Wolfsrudel gibt, belegt dieses Foto aus einer Wildtierkamera aus der Kalißer Heide (Mecklenburg-Vorpommern). Dass es aber ein Rudel im Kreis Borken und Umkreis gibt, dafür fehlen derzeit jegliche Belege.

Dass es in Deutschland wieder Wolfsrudel gibt, belegt dieses Foto aus einer Wildtierkamera aus der Kalißer Heide (Mecklenburg-Vorpommern). Dass es aber ein Rudel im Kreis Borken und Umkreis gibt, dafür fehlen derzeit jegliche Belege. © DPA

Seit 2000 komme es wieder zu regelmäßigen Wolfssichtungen in Deutschland. Noch nie habe es Übergriffe durch den Wolf auf den Menschen gegeben. Auch in Nachbarländern wie etwa Polen, wo Wölfe reichlich vorkommen, gebe es diese in den zurückliegen Jahrzehnten nicht.

Vieles seien überlieferte Schauermärchen, die die Angst vor dem „bösen Wolf“ noch heute schüren würden. Natürlich könnten Tollwutfälle nie ausgeschlossen werden, aber das könne auch bei Füchsen oder Fledermäusen passieren.

Wolf muss Respekt vor Menschen behalten

Wichtig sei, das betont Michael Kempkes, dass das Tier nicht den natürlichen Respekt vor dem Menschen verliere. Darum solle man einen Wolf bei einer Sichtung auch verjagen, etwa durch Händeklatschen, und auf jeden Fall eine Fütterung unterlassen.

Klingt vielleicht „verrückt“, doch solche Fälle hat es in Deutschland bereits gegeben. Bekantetes Beispiel ist wohl die Fütterung von Wölfen auf einem Truppenübungsplatz in Munster ab 2012 (Niedersachsen). Die Tiere verloren ihre Scheu vor dem Menschen. Genau das gilt es zu vermeiden.

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Die angeblich gesehenen Wölfe in Heek scheinen diesen „natürlichen Respekt“ jedenfalls noch zu haben. Der Verfasser des Facebook-Posts schreibt von „sehr schreckhaften“ Tieren. Es zeigt sich zudem sicher, dass es Wölfe waren.

Beweisen wird man die Sichtung aktuell nicht können. Vieles bleibt also spekulativ. Nicht spekulativ ist, dass der Wolf zur Gesundung des Ökosystems beiträgt. Das hebt auch der Nabu hervor. Zu über 90 Prozent seien Rehe die bevorzugte Beute, und dabei vor allem schwache und kranke Tiere.

Nutztierhalter in der Bredouille

Der Nabu verschließt dabei aber auch nicht die Augen vor den Sorgen der Nutztierhalter in der Region. Egal ob Schafe, Ziegen oder Ponys – Risse dieser Tiere durch Wölfe sind aus anderen Regionen Deutschlands schließlich belegt.

„Natürlich können wir die Sorgen der Nutztierhalter verstehen“, so Michael Kempkes. Die Weidetierhaltung sei zudem wichtig für die natürliche Landschaftspflege. Doch einfach die Wölfe abzuschießen – was aktuell streng verboten und eine Straftat ist – sei auch nicht die Lösung.

Für den Menschen stellt der Wolf nur eine minimale Gefahr dar. Für Nutztiere wie etwa Schafe sieht das anderes aus. Sie fallen ins Beuteschema des Raubtieres. Das weiß auch der Nabu und sieht Bund und Ländern in der Verantwortung, den Nutztierhaltern mehr zu helfen.

Für den Menschen stellt der Wolf nur eine minimale Gefahr dar. Für Nutztiere wie etwa Schafe sieht das anderes aus. Sie fallen ins Beuteschema des Raubtieres. Das weiß auch der Nabu und sieht Bund und Ländern in der Verantwortung, den Nutztierhaltern mehr zu helfen. © DPA

Vielmehr sieht der Nabu Bund und Länder in der Verantwortung, den Nutzierhaltern mehr zu helfen. Möglichkeiten gebe es einige, so auch Herdenschutzzäune.

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Jäger haben der Redaktion zwar bereits mehrfach berichtet, dass der Wolf da auch drüber springen könne, aber ein Anfang wäre es in jedem Fall. Davon ab polarisiert das Thema Wolf wie kaum ein anderes. Wichtig ist darum, bei den Fakten zu bleiben. Das unterstreicht auch der Nabu.

„Wir müssen die Situation bei uns natürlich weiter ganz genau beobachten“, stellt Martin Frenk klar. Darum sei es auch wichtig, dass angebliche Wolfsichtungen – im Idealfall mit Fotos und Videos – dem Nabu gemeldet würden. Auch aus Heek.

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