Der Besuch der alten Dame ist eine polnische Pflegerin
"Family Business" im Kino
Was tun, wenn die Mutter dement wird? Vielleicht wäre ja eine polnische Pflegekraft die richtige Entscheidung. Der Dokumentar-Film "Family Business" erzählt sehr einfühlsam, wie die 88-jährige Anne aus Bochum und ihre Pflegerin Jowita aus Polen ein Stück des Lebens gemeinsam gehen.

Jowita hat Heimweh.
Die Filmemacherin Christiane Büchner hat sich für das Thema interessiert, weil es ein Massenphänomen ist. Die Zahl der ausländischen Pflegekräfte in Deutschland wird auf 100000 bis 200000 Menschen geschätzt. Nur zehn Prozent der meist weiblichen Pflegehelferinnen kommen legal nach Deutschland. Jowita gehört dazu. Doch im Zentrum dieser sehr geglückten Doku stehen nicht die Kosten oder der Papierkrieg: Sondern die Tatsache, dass trotz guten Willens die Situation schwierig sein kann.
Alte Dame mit spitzen Bemerkungen
Anne Pacht ist alt, sehr kultiviert, spielt trotz ihrer zunehmenden Demenz noch Klavier, hat ihren eigenen Kopf und ein Sofa, von dem aus sie ihre spitzen Bemerkungen abschießt. Ihre Töchter sind mit der Pflege überfordert. Derweil stecken Joswita Sobolak und ihre Familie im polnischen Lubin finanziell in der Klemme.
Das neue Haus ist groß, der Innenausbau stockt, das Zimmer der 13-jährigen Tochter soll endlich fertig werden. So treffen sie aufeinander: die anstrengende alte Dame und die zupackende Polin, die 1. mit der deutschen Sprache und 2. mit schweren Heimweh-Attacken zu kämpfen hat. Dass ihr Zusammenleben nur mittelprächtig funktioniert, kann man sich denken.
Achtung und Respekt
Es ist die große Qualität des Films, die Gefühle dieser beiden Charaktere zu achten und mit Respekt, aber auch mit Genauigkeit zu erforschen. Entscheidend war dafür eine polnische Kamerafrau, die auch bei Jowita daheim drehen durfte. In Bochum zieht sich die Kamera immer wieder diskret zurück - etwa, wenn es Richtung Badezimmer geht.
So zeigt der Film auf seriöse Weise, wie sehr die Pflegerinnen unter dem zeitweiligen Verlust des eigenen Familienlebens leiden. Aber auch, wie sehr sich der alte Mensch anpassen muss. Dass der Film noch dazu ausgesprochen witzig ist, liegt an der pfiffigen Persönlichkeit der alten Dame. BJ
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