Das bedeuten die Ergebnisse des Dieselgipfels
Fragen und Antworten
Software-Updates für mehr als fünf Millionen Autos, bezahlt von den Konzernen: Das ist das konkreteste Ergebnis des Dieselgipfels am Mittwoch in Berlin. Politik und Autobranche haben um Auswege aus der Dieselkrise gerungen – doch was bedeuten die Ergebnisse? Die Hintergründe.

Was bleibt vom Dieselgipfel? Die Ergebnisse sorgen nicht nur für positive Reaktionen.
Reichen die Software-Updates wirklich aus, um die Luft sauber zu machen und Fahrverbote zu verhindern? Welche Maßnahmen wurden noch auf den Weg gebracht und wo hat sich die Industrie durchgesetzt? Und vor allem: Wie lassen sich die Resultate des Gipfel-Treffens in Berlin überhaupt einordnen?
Was wird konkret zur Senkung der Stickoxidemissionen getan?
Der erste Schritt sind Software-Updates für 5,3 Millionen Dieselfahrzeuge der Abgasnormen Euro 5 und Euro 6, die die Grenzwerte überschreiten, darunter alleine 2,5 Millionen Volkswagen. Dadurch soll erreicht werden, dass mehr des Harnstoffes Ad Blue in den Motor gespritzt wird, um Stickoxid (NOx) zu neutralisieren. Nach Einschätzung des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) können die NOx-Emissionen dadurch um 25 bis 30 Prozent gesenkt werden. Die Kosten von rund 100 Euro pro Wagen übernehmen die Hersteller. Beteiligt sind neben VW Wagen von Daimler, Opel und BMW. Bis Ende 2018 soll die Umrüstung abgeschlossen sein.
Wird das ausreichen, um Fahrverbote zu verhindern?
Das ist die Hoffnung des VDA. Aber es wird schwierig. Das Umweltbundesamt (UBA) erwartet, dass die NOx-Belastung in diesem Jahr wie im Vorjahr an mehr als 80 Orten die EU-Grenzwerte überschreiten wird. In hochbelasteten Städten müssten deswegen Fahrverbote diskutiert werden, prognostiziert UBA-Chefin Maria Krautzberger. Die Deutsche Umwelthilfe hat in 14 Städten geklagt, um Fahrverbote zum Schutz der Gesundheit durchzusetzen. In Stuttgart hatte sie sich damit gerade durchgesetzt. Der Lackmusstest steht bevor: Die am Mittwoch beschlossenen Maßnahmen müssten dafür sorgen, dass die Grenzwerte wieder eingehalten werden.
Werden die Motoren nicht nachgerüstet?
Diese Forderung der Politik erfüllte die Industrie nicht. Es wurde lediglich vereinbart, darüber in Expertenrunden zu beraten. Durch den Einbau größerer Katalysatoren könnte der NOx-Ausstoß pro Fahrzeug um bis zu 80 Prozent gesenkt werden, was aber erhebliche technische Probleme und Kosten von mindestens 1500 Euro plus Einbau bedeuten würde. Emissionsexperte Peter Mock vom International Council for Clean Transportation (ICCT) geht davon aus, dass ein Großteil der neueren Diesel-Pkw gar nicht technisch umgerüstet werden kann und aus dem Verkehr gezogen werden müsste, wie dies in den USA geschieht.
Was passiert mit den älteren Dieselstinkern?
„Wir können ja nicht sechs Millionen Diesel verbieten“, warnte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die Branche bietet nun Abwrackprämien an, um Kunden für den Kauf eines sauberen Neuwagens zu belohnen. BMW will bis zu 2000 Euro zahlen, wenn Fahrzeughalter ihren Altwagen abgeben und dafür ein Elektro-Auto, einen Hybrid oder einen neuen und sauberen Diesel kaufen.
Ford will sogar 8000 Euro auf den Tisch legen - egal für welche Alt-Fahrzeuge. Steuerzuschüsse für eine Abwrackprämie, wie sie Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ins Gespräch gebracht hatte, sind aber vorerst vom Tisch. Seehofer bekräftigte seinen Ruf nach einer Umsteige-Förderung: „Ich will, dass moderne Autos die älteren Autos ablösen.“ Für finanzschwache Fahrzeughalter solle es dafür auch „Anreize“ geben, sagte er. Das Thema könnte im Wahlkampf eine Rolle spielen.
Was wird darüber hinaus getan?
Es wird ein Fonds zur Förderung der umweltfreundlichen Mobilität in besonders belasteten Kommunen aufgelegt, an dem sich auch die Konzerne beteiligen. Der Bund will 250 Millionen Euro zusätzlich in die Umrüstung von Bussen, Taxis und öffentlichen Flotten wie Müllabfuhren stecken.
Wie fallen die Reaktionen aus?
Die Gipfelergebnisse seien „ein neuer Versuch, die Bürgerinnen und Bürger hinters Licht zu führen“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Software-Updates seien nicht mehr als eine „Mickey-Maus-Lösung“, bei Tests hätten einige Modelle nach der Umrüstung sogar mehr NOx ausgepustet als vorher. Es sei „beschämend“, dass die Konzerne nicht zur Motorumrüstung gezwungen worden seien. Grünen-Chef Cem Özdemir wirft Dobrindt vor, Industriepolitik über den Gesundheitsschutz zu stellen.
Heftige Reaktionen auf den Dieselskandal gibt es inzwischen auch von den Kunden: Die Zahl der Neuzulassungen für Dieselfahrzeuge ist im Juli um fast 13 Prozent eingebrochen. ICCT-Experte Mock geht davon aus, dass der Diesel keine Zukunft in Deutschland mehr habe. „Daran können auch solche Marketingaktionen wie der Dieselgipfel nichts mehr ändern“, sagte er im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.