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Corona-Fälle schießen in die Höhe: Drohen doch neue Maßnahmen, und wenn ja, welche?
Corona-Wochen-Bilanz
Die Zahl der Neuinfektionen steigt stark an. In Nordrhein-Westfalen liegt die 7-Tages-Inzidenz erstmals seit dem 14. Mai wieder über 100. Was kommt da auf uns zu? Drohen neue Maßnahmen?
Es ist erst acht Wochen her, da galt in Deutschland noch die Bundes-Notbremse. Sobald die Schwelle von 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus pro 100.000 Einwohnern innerhalb der vergangenen sieben Tage (7-Tages-Inzidenz) überschritten wurde, trat die Notbremse automatisch in Kraft.
Ein Haushalt durfte sich nur mit einer weiteren Person treffen. Außerhalb von Lebensmittelgeschäften gab es nur Terminshopping. Kultur- und Freizeitaktivitäten waren verboten, Kneipen und Restaurants geschlossen. Und jetzt?
Das entscheidende Element der neuen Verordnung
Seit Freitag (20. August) gilt die neue Coronaschutzverordnung in Nordrhein-Westfalen. Das zentrale Element dabei ist die 3G-Regel. Wer geimpft, genesen oder getestet ist, darf – bis auf die an vielen Orten weiter für alle geltende Maskenpflicht – ein ganz normales Leben führen. Die Fallzahl und damit die 7-Tages-Inzidenz spielt nur noch bei einem Wert unter 35 eine Rolle. Dann dürfen auch die, die nicht zur Gruppe der 3G zählen, deren Vorteile genießen.
Aber wird das so bleiben, wenn die Zahlen weiter so steigen wie in den vergangenen Wochen? Für Nordrhein-Westfalen meldet das Robert-Koch-Institut am Montag (23. August) eine Inzidenz von 103,3. Da darf man durchaus seine Zweifel haben, dass es ohne Verschärfungen einfach so weiter geht. Das gilt, obwohl CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet am Sonntagabend versprach, dass es mit ihm als Kanzler keinen erneuten Lockdown geben werde.
Diskussion um die 2G-Regel
Aber zwischen der jetzigen Regelung und einem erneuten Lockdown gibt es ja durchaus noch Zwischenlösungen. Auf eine machte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Wochenende aufmerksam. Er könne sich durchaus vorstellen, dass man in eine Situation komme, wo man von der 3G-Regel zur 2G-Regel übergehen müsse.
Das würde bedeuten: Nur noch Geimpfte und Genesene hätten zu allen Orten Zutritt, für Getestete blieben die Türen verschlossen. Der Grund für diese Regelung ist offensichtlich: Zum einen ist ein Test immer nur eine Momentaufnahme und birgt daher selbst bei einem negativen Ergebnis ein große Restrisiko.
Zum anderen trifft der mit Abstand größter Teil der Neuinfektionen ungeimpfte Menschen. Und bei ihnen besteht auch die größte Gefahr eines schweren Verlaufs, während Geimpfte und Genesene selbst im Falle einer Infektion mit einem eher schwachen Verlauf einer Covid-19-Infektion rechnen können.
Die Zahl schwerer Verläufe und damit die Situation auf den Krankenhäusern und Intensivstationen ist neben der Impfquote aber der entscheidende Maßstab, an dem jetzt festgemacht wird, ob und wenn ja, welche Maßnahmen zum Schutz gegen die vierte Welle ergriffen werden. Daher ist der Blick auf diese Daten inzwischen noch entscheidender geworden.
Bei der Zahl der Neuinfektionen beschleunigt sich die Entwicklung leider von Woche zu Woche. Zwischen dem 16. und 23. August wurden 48.726 Neuinfektionen mit dem Coronavirus beim Robert-Koch-Institut (RKI) registriert. Das ist der stärkste Anstieg seit einem Vierteljahr (17. bis 24. Mai: 52.794). In der Vorwoche betrug der Anstieg nur 31.190.
Zum Glück liegt die Zahl der Menschen, die an oder mit einer Coronainfektion sterben, weiter auf einem sehr niedrigen Niveau. Zwischen dem 16. und 23. August wurden 109 Corona-Tote gemeldet. Mit Ausnahme der Vorwoche, als der Wert mit 87 noch niedriger lag, ist das der geringste Wert seit dem vergangenen Oktober.
Mit zunehmendem Tempo steigt allerdings inzwischen auch die Zahl der Menschen, die auf einer Intensivstation behandelt werden. Am Montagmorgen (23. August) werden dort 743 (Vorwoche 520) Covid-19-Patientinnen und -Patienten betreut. 346 (242) von ihnen werden beatmet.
Die Zahl der Geimpften steigt nur langsam
Gegen das Coronavirus sind inzwischen 64,1 Prozent der Bundesbürger mindestens einmal, 59 Prozent vollständig geimpft. Das bedeutet aber auch: Rund ein Drittel der Bundesbürger hat noch keinen Impfschutz gegen das Virus.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
