Corona-Angst löst kopfloses Handeln aus Virus darf nie wieder die Regie über unser Leben an sich reißen

Corona-Angst löst kopfloses Handeln aus: Virus darf nie wieder die Regie über unser Leben an sich reißen
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Ulrich Breulmann

Von einer Lehrerin hörte ich folgende Geschichte: Eine Kollegin arbeite in zwei Schulen mit jeweils einer halben Stelle. Sie wird schwanger und informiert die Leiter beider Schulen. Der eine bittet sie, normal weiterzuarbeiten. Der andere stellt sie mit sofortiger Wirkung frei. Die Gefahr, dass sie sich mit Corona infiziere, sei zu groß – jetzt, wo sich das Virus wieder ausbreite und der Winter nahe.

Bald ist es vier Jahre her, dass die verheerende Corona-Pandemie über uns hereinbrach. Und noch immer grassiert die Angst vor dieser Seuche. Die Bilder dieser Zeit haben sich tief ins Gedächtnis gebrannt. Kranke und Alte, die in den Kliniken und Altenheimen keinen Besuch haben dürfen und einsam sterben. Überfüllte Intensivstationen. Mehr als 176.000 Corona-Tote allein in Deutschland.

Taufen, Hochzeiten, Geburtstage – Feste ohne Gäste, selbst Beerdigungen nur im allerkleinsten Kreis. Alle sozialen Kontakte eingefroren. Lockdown, geschlossene Kitas, Schulen, Restaurants, Kinos, Kirchen und Sporthallen. Homeschooling, Fußball vor leeren Rängen. Und dann der Kampf: Wer darf zuerst geimpft werden? Später der Streit ums Impfen, um Wirksamkeit und Nebenwirkungen, um Impf-, Test- und Maskenpflicht, um 1-, 2- oder 3G-Regel und dann auch noch der Long-Covid-Schrecken.

Corona ist weit weg und doch noch immer so schrecklich nah

All dies ist weit weg und doch so nah. Jetzt, wo sich wieder Corona-Fälle in unserer Familie, im Kollegen-, Bekannten- und Freundeskreis häufen, tauchen diese Bilder erneut auf, verbreiten Angst und Unruhe: Kommt das jetzt wieder?

Diese Ängste lassen sich nicht einfach abschütteln, aber die meisten schaffen es, sie durch einen nüchternen Blick auf die Fakten richtig einzuordnen. Durch Impfungen und erlittene Infektionen, das sagen Wissenschaftler auf der ganzen Welt, haben wir heute eine sehr hohe Immunität erreicht. Die schützt uns nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion, aber in den allermeisten Fällen vor einem tödlichen und schweren Verlauf.

Corona wird nie wieder aus unserem Leben verschwinden

Ob es uns gefällt oder nicht: Das Coronavirus wird nicht wieder verschwinden. Wir müssen mit ihm leben. Das ist inzwischen sehr gut möglich. Schließlich umschwirren uns schon sehr, sehr viel länger auch andere Viren: Masern und Mumps, Röteln und Windpocken, Herpes, Grippe und Hepatitis.

Freundlich zu uns ist keines dieser Viren, aber wir geraten auch nicht in Panik, wenn es doch mal wieder herumgeht. Wir müssen lernen, auch zu Corona eine solche Einstellung zu entwickeln: Ernst nehmen, ja, aber die Regie über unser Leben, die darf Corona nie wieder an sich reißen.

So betrachtet, habe ich zwar ein gewisses Verständnis dafür, dass der ein oder die andere beim Wort „Corona“ noch Panikattacken bekommt, aber: Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Menschen dann auch kopflos reagieren.

Damit meine ich beispielsweise den Schulleiter vom Anfang dieser Zeilen, der eine schwangere, aber kerngesunde Lehrerin vom Dienst freistellt. Nicht, weil in der Schule Corona grassiert. Nicht, weil ein Arzt eine grundsätzliche Gefährdung für Mutter oder Kind bescheinigt hätte, sondern allein aus seinem ganz persönlichen, diffusen Gefühl heraus, es könnte ja etwas passieren.

So etwas halte ich für unverantwortlich den Schülerinnen und Schülern, aber auch den Eltern sowie den anderen Lehrerinnen und Lehrern gegenüber. Es fehlen auch so schon viel zu viele Lehrkräfte und in Coronazeiten hat das Lernen ohnehin extrem gelitten, da ist jede weitere unnötig ausgefallene Unterrichtsstunde eine zu viel. Das gilt auch für alle anderen Berufe und Einrichtungen: Kitas, Krankenhäuser, Altenheime und Pflegedienste, Polizei, Feuerwehr und all die Firmen, die schon jetzt über Fachkräftemangel stöhnen.

Angstmacher und in Panik Handelnde müssen gestoppt werden

Es ist Zeit, die Angstmacher und in Panik Handelnden zu stoppen. Es ist richtig, dass schwangere Lehrerinnen ein paar Tage zu Hause bleiben, wenn in einer Klasse Corona oder eine andere ansteckende Virus-Erkrankung ausgebrochen ist. Aber eben nur für ein paar Tage und nicht in übertriebener Vorsicht ohne konkrete Gefährdung vom Beginn der Schwangerschaft an und schon gar nicht bis zur Geburt.

Corona ist nicht nichts, aber definitiv auch kein Grund zum Alarmismus. Dieses Virus darf uns nicht daran hindern, unser ganz normales Leben zu leben.

Serie „Alles sagen -der Streit um die freie Meinung“

Zum Schluss schon mal ein kleiner Blick voraus: Corona zählt zu den Themen, über die gesellschaftlich erbittert gestritten wird. Viele trauen sich nicht, offen zuzugeben, dass sie eine Corona-Impfung ablehnen oder getroffene Schutzmaßnahmen für übertrieben halten. Sie befürchten, in eine rechte Ecke gedrängt, als Verschwörungsanhänger mit Alu-Hut abgestempelt zu werden.

Bei Themen wie Corona haben viele das Gefühl: Das darf ich nicht mehr sagen, dieser Meinung darf ich nicht mehr sein. Rein faktisch ist das natürlich falsch: In Sachen Meinungsfreiheit zählt Deutschland zu den vorbildlichsten Ländern weltweit. Aber was nutzt das, wenn ich das Gefühl habe, benachteiligt, geschnitten oder diskriminiert zu werden, wenn ich eine bestimmte Meinung zu einem Thema vertrete? Viele halten dann einfach den Mund.

Das ist der Grund, weshalb wir am Samstag eine große Serie zu dem Thema starten „Alles sagen – der Streit um die freie Meinung“. Ein halbes Jahr lang werden wir sechs Themen intensiv von allen Seiten beleuchten – von der Ausländerkriminalität über das Gendern bis hin zur Political Correctness. Es wäre schön, wenn Sie dabei wären.

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