Experten hatten schon vorhergesagt, dass die Coronazahlen zum Herbst wieder nach oben gehen würde. Jetzt meldet auch das Robert-Koch-Institut (RKI) eine steigende Zahl an Corona-Infektionen und durch das Virus ausgelöste Covid-19-Erkrankungen. „Ältere Menschen haben weiterhin ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf“, schreibt das RKI und rät ihnen, die Impfangebote. wahrzunehmen.
Das „Pandemieradar“ des Bundesgesundheitsministeriums weist aktuell eine Zahl von 16 Corona-Infektionen pro 100.000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen (Inzidenz) auf. Die Zahl der an oder mit einer Coronainfektion gestorbenen Menschen ist in der vergangenen Woche um 19 Prozent gegenüber der Vorwoche auf 179 gestiegen. Auch die Zahl der mit einer Covid-Erkrankung in eine Klinik eingewiesenen Menschen stieg um 20 Prozent. Hier liegt die Inzidenz aktuell bei 3,2.
Jetzt gibt es – wie bereits vor rund zwei Monaten – erneut Berichte über die neue Variante BA.2.86, die inzwischen in zahlreichen Ländern dieser Erde entdeckt worden ist. Danach löse diese Variante, so erste Beobachtungen, bisher von Corona kaum bekannte Symptome wie beispielsweise Halsentzündungen, Heiserkeit oder Niesen aus.
Bereits Anfang September hat Prof. Dr. Carsten Watzl, Professor an der Uni Dortmund und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, gegenüber unserer Redaktion erklärt, was von dieser neuen Variante zu halten ist. Jetzt haben wir ihn erneut gefragt – auch zur aktuellen Coronalage – und seine Erläuterungen von damals ergänzt.
1. Wie ist von der neuen Variante BA2.86 zu halten?
„Laut den aktuellen Daten des Robert-Koch-Institus ist BA2.86 in Deutschland nicht sehr verbreitet und macht weniger als 5 Prozent der Corona-Infektionen aus. Dahingegen ist die EG.5 Variante mit fast 50 Prozent deutlich häufiger“, sagt Watzl. Aus diesen Daten lasse sich nicht ableiten, dass BA2.86 ansteckender ist und das Potential habe, sich durchzusetzen.
2. Wie gefährlich ist die Variante BA2.86?
Watzl bezeichnet die Variante als „interessant“, da sie sich in ihren Spike-Proteinen (damit dringt das Virus in eine Körperzelle ein) relativ deutlich von ihren Vorgängerinnen unterscheide. „Sie hat über 30 Mutationen im Spike-Protein. Und wenn ein Virus so viele Mutationen in sich trägt, dann wissen wir: Viele der Antikörper, die wir in uns haben, passen auf dieses Spike-Protein nicht mehr“, erklärt Watzl.
Die Folge: Der Infektionsschutz könne geringer sein, weil diese Variante den Immunschutz etwas unterlaufe, also den Körper austrickse.
„Aber“, schränkt Watzl ein, „wir haben ja zwei Abwehrmechanismen. Das eine sind die Antikörper, das andere die T-Zellen. Und für die T-Zellen sieht auch das veränderte Virus noch zu 90 Prozent so aus wie das Ursprungsvirus. Daher haben wir immer noch eine Grundimmunität, die uns vielleicht nicht so sehr vor der Infektion, aber immer noch vor der Erkrankung schützt.“
3. Was wissen wir noch über BA2.86?
Noch nicht besonders viel, sagt Watzl: „Im Moment ist es eine Variante, die man unter Beobachtung hat, einfach weil sie so viele Veränderungen hat, aber: Es kann durchaus sein, dass sich diese Variante nie durchsetzen wird.“
Da es deutschlandweit jede Woche bisher nur weniger als zehn bestätigte Infektionen mit BA2.86 gebe, würde er Berichte zu speziellen Symptomen aktuell auch noch sehr zurückhaltend bewerten, aber: „Was wir aber wissen, ist, dass die angepassten Impfstoffe auch gute neutralisierende Antikörper gegen BA2.86 erzeugen.“
4. Wenn nicht BA2.86 die aktuell häufigste Corona-Variante hierzulande ist, welche sorgt denn dann für steigende Zahlen?
Es seien weiterhin seit dem Frühjahr Omikron-Varianten, sagt Watzl. „Seit Frühjahr dominiert die XBB.1.5-Variante. Gegen die sind jetzt auch die angepassten Impfstoffe gemacht“, erläutert Watzl.
Aktuell breite sich die Variante EG.5 aus. Sie mache inzwischen fast 50 Prozent aller Infektionen aus. „Die sieht aber so ähnlich aus wie die XBB.1.5-Variante, da gibt es nur eine Mutation. Die angepassten Wirkstoffe werden daher auch gegen diese Variante EG.5 sehr gut wirken.“ Und krankmachender als die bisherigen Omikron-Varianten sei EG.5 auch nicht.
5. Wie gut wäre unser Immunitätsschutz, sollte sich BA.2.86 dennoch durchsetzen?
„Die hybride Immunität, die die meisten von uns haben – also die Immunität aus Impfung und Infektion – schützt dauerhaft und sehr gut vor einem schweren Verlauf“, sagt Watzl. „Nach über einem Jahr liegt dieser Schutz vor einer schweren Erkrankung noch immer bei über 90 Prozent.“
6. Gleichwohl: Müssen wir uns angesichts des bevorstehenden Winters Sorgen machen?
Aktuell gebe es keinen Anlass zur Sorge. „Risikopatienten (Ü60, aber besonders die mit Vorerkrankungen) sollten sich den Booster abholen, am besten gemeinsam mit der Grippeschutzimpfung. Für alle anderen besteht eventuell das Risiko einer Infektion, aber das Risiko einer schweren Erkrankung ist recht gering“, sagt Watzl, wobei eine „schwere Erkrankung“ definiert sei als eine solche, die mit einem Krankenhausaufenthalt behandelt werden müsse.
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