Claus Peymann entführt zum Künstler-Nachtmahl

Ruhrfestspiele

Eine immer wiederkehrende Auseinandersetzung mit dem Mikrofon kann Claus Peymann seine Laune nicht vermiesen, seinen Draht zum Publikum nicht kappen. Er ist gekommen, um wie ein Erzähler auf einem roten Ohrensessel Platz zu nehmen und bei den Ruhrfestspielen aus Thomas Bernhards "Holzfällen. Eine Erregung" zu lesen.

RECKLINGHAUSEN

16.05.2017, 17:05 Uhr / Lesedauer: 1 min
Claus Peymann liest bei den Ruhrfestspielen aus Thomas Berhards "Holzfällen".

Claus Peymann liest bei den Ruhrfestspielen aus Thomas Berhards "Holzfällen".

Peymann kannte den österreichischen Schriftsteller zu seinen Wiener Zeiten gut. Als der Theaterregisseur und Intendant des Berliner Ensembles gut anderthalb Stunden später fast atemlos endet, haben die Zuschauer ein Ein-Mann-Hörspiel erlebt, das - bisweilen bissig und komisch zugleich - ein Literatur-Segen mit ironischem Konfetti-Regen, ist.

Immer wieder stellt er einen Bezug zu seiner Person her, erläutert Begrifflichkeiten ("Fogosch ist übrigens Zander") und geographische Details Österreichs.

Schriftsteller beobachtet Künstler und die, die es sein wollen

Der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard beobachtet in der autobiografisch beeinflussten Erzählung von einem Ohrensessel aus ein Abendessen, ein "künstlerisches Nachtmahl". Die Gäste sind Künstler oder solche, die das gerne wären, eingeladen vom "Ehepaar Auersberger", das damit seine eigene Bedeutung in der Wiener Kulturszene sichern will.

Es ist mehr als eine Beschreibung eines Abends, aus der Peymann liest, ach, liest! Peymann wird zum Jahrzehnte jüngeren Ich-Erzähler. Hinter ihm hängt meterhoch ein weißes Tuch mit einem Zitat von Voltaire.

Nichts steht bis auf ein weißes Podest

Die schwarze Bühne ist bis auf ein weißes Podest leer. Peymann sitzt meist ganz vorn auf der Sesselkante, nur einmal wirft er Konfetti ins Publikum.

Der Text erhält dadurch aber eine besondere Dringlichkeit, eine Unruhe, die dem Autoren im Moment des Erlebens innerlich vermutlich entspricht. Verdient gab es Ovationen im Stehen.