Millionen Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs in Nordrhein-Westfalen müssen zwei Tage lang mit erheblichen Einschränkungen bei Straßenbahnen, U-Bahnen und Bussen rechnen. Inzwischen hat Verdi einen weiteren Streik für Dienstag und Mittwoch angekündigt.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland müssen sich angesichts des zweitägigen Warnstreiks bei den zahlreichen kommunalen Verkehrsbetrieben Millionen Menschen für die beiden Tage eine Alternative, etwa für den Weg zur Arbeit oder zur Schule suchen. Nach Einschätzung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen befördern die kommunalen Verkehrsbetriebe in NRW pro Tag im Durchschnitt etwa fünf Millionen Fahrgäste. Da es oft Hin- und Rückfahrten sind, könnten es etwa 2,5 Millionen Betroffene sein. Erfahrungsgemäß planen viele Arbeitnehmer den Streik bereits ein und arbeiten an solchen Streiktagen von zu Hause aus. Die Schulpflicht gilt trotz des Warnstreiks.
Bus- und Bahnstreik in NRW: Wann wird gestreikt?
Die Gewerkschaft Verdi NRW hat Beschäftigte am 29. Februar und 1. März in rund 30 kommunalen Verkehrsbetrieben zu einem zweitägigen Warnstreik aufgerufen. Bestreikt werden rund 48 Stunden nahezu alle großen kommunalen Nahverkehrsbetriebe in NRW wie KVB (Köln), Rheinbahn (Düsseldorf), DSW21 (Dortmund), die Stadtwerke Münster oder etwa moBiel (Bielefeld). Eine große Ausnahme ist das Aachener Verkehrsunternehmen ASEAG, für das ein Haustarifvertrag gilt. Auch einige andere Betriebe werden nicht bestreikt.
Der zweitägige Warnstreik hat planmäßig mit dem Schichtbeginn in der Regel zwischen 3 und 4 Uhr am Donnerstagmorgen begonnen. Der Warnstreik ende am Freitagabend oder in der Nacht zum Samstag mit dem Schichtende.
Die Aktion ist Teil einer bundesweiten Warnstreikwelle von Verdi im öffentlichen Nahverkehr, die mit Ausnahme von Bayern regional an unterschiedlichen Tagen in der kommenden Woche geplant ist. Freitag, der 1. März, ist dabei bundesweit der Hauptstreiktag.
Fridays for Future und Verdi demonstrieren zusammen
Gemeinsam mit der Klimabewegung Fridays for Future will der Verdi-Landesbezirk NRW ein Zeichen setzen, um mehr Geld für den Nahverkehr einzufordern. Fridays for Future hat in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens für diesen Freitag (1. März) zu Kundgebungen und Demonstrationen aufgerufen und geht davon aus, dass sich etwa in Köln auch Beschäftigte der kommunalen Nahverkehrsbetriebe daran beteiligen werden.
In Dortmund will Fridays for Future am Freitag über den Wall ziehen. Im Rahmen dieser Aktionen findet in Dortmund eine Kundgebung vor dem Hauptbahnhof um 12 Uhr statt. Die Klimaaktivisten solidarisieren sich ausdrücklich mit den Forderungen der ÖPNV-Beschäftigten nach besseren Arbeitsbedingungen.
In Bochum will Fridays for Future ab 14 Uhr auf dem Rathausplatz demonstrieren. In Essen demonstrieren die Klimaaktivisten ab 15 Uhr. Es soll eine Laufdemo vom DGB Haus bis zum Hirschlandplatz geben. In Unna soll die Demo von Fridays for Future ab 16 Uhr vor dem Rathaus beginnen.
Hohe Streikbereitschaft erwartet
Der zweitägige Warnstreik in rund 30 kommunalen Verkehrsbetrieben von Nordrhein-Westfalen wird auch am Freitag nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi gravierende Auswirkungen auf den Nahverkehr haben. „Wir gehen von einer hohen Streikbereitschaft aus“, sagte Verdi-Nahverkehrsexperte Peter Büddicker am Dienstag der dpa.
Der zweitägige Arbeitsausstand dürfte ähnliche Folgen haben wie die eintägigen Warnstreiks, zu denen Verdi NRW bereits Anfang und Mitte Februar aufgerufen hatten.
NRW: Welche Buslinien fahren dennoch?
Die betroffenen kommunalen Verkehrsbetriebe informieren in der Regel im Internet und in ihren Apps darüber, welche Buslinien in der jeweiligen Stadt oder Region an den Streiktagen noch bedient werden können. Zumeist kann nur ein kleiner Teil der Linienbusse in den Streikregionen fahren, die ohnehin von privaten Subunternehmen betrieben werden. Die Verkehrsbetriebe verweisen auch darauf, dass der Bahnverkehr mit den RE-, RB- und S-Bahn-Linien nicht vom Warnstreik betroffen ist.
In Unna, Holzwickede und Fröndenberg werden die meisten Busse trotzdem fahren, denn die VKU streikt nicht. Allein auf den Buslinien in Holzwickede, die von DSW21 betrieben werden, sowie auf den Buslinien in Fröndenberg und Unna von der MVG könnte es Einschränkungen geben. Fahrgäste werden geben, ihre Busverbindung rechtzeitig online zu checken.
Der Regionalverkehr Münsterland (RVM) wird nicht von Verdi bestreikt, wie auf der RVM-Website zu lesen ist. Die Buslinien der RVM im Münsterland fahren also auch in der letzten Februarwoche wie gewohnt.
Bus- und Bahnstreik: Welche Verkehrsunternehmen sind betroffen?
In NRW sind folgende Nahverkehrsbetriebe zum Streik aufgerufen, wie Verdi in einer Pressemeldung mitteilt:
- Bahnen der Stadt Monheim GmbH: Monheim
- Beteiligungsgesellschaft Kreis Düren mbH (BTG): Düren
- Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG: Bochum
- Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21): Dortmund
- Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG): Duisburg
- Hagener Straßenbahn AG (HST): Hagen
- Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB): Köln
- moBiel GmbH: Bielefeld
- MVG Märkische Verkehrsgesellschaft GmbH: Lüdenscheid
- NEW mobil und aktiv Mönchengladbach GmbH: Mönchengladbach
- NEW mobil und aktiv Viersen GmbH: Viersen
- Niederrheinische Verkehrsbetriebe AG (NIAG): Moers
- REVG Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft mbH: Kerpen
- Rheinbahn AG: Düsseldorf
- Ruhrbahn GmbH: Essen
- Stadtwerke Bonn GmbH (SWB): Bonn
- Stadtwerke Bonn Dienstleistungs-GmbH (SWBD): Bonn
- Stadtwerke Bonn Verkehrs-GmbH (SWBV): Bonn
- Stadtwerke Solingen GmbH: Solingen
- Stadtwerke Remscheid GmbH: Remscheid
- SWK Mobil GmbH: Krefeld
- STOAG Stadtwerke Oberhausen GmbH: Oberhausen
- Straßenbahn Herne - Castrop-Rauxel GmbH: Herne
- Stadtwerke Hamm GmbH: Hamm
- Stadtwerke Gütersloh GmbH: Gütersloh
- Stadtwerke Münster GmbH: Münster
- Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr mbH (VER): Ennepetal
- Verkehrsbetrieb Hamm GmbH: Hamm
- Vestische Straßenbahnen GmbH: Herten
- WestVerkehr GmbH: Geilenkirchen
- WSW mobil GmbH: Wuppertal
- wupsi GmbH: Leverkusen
Warum streikt Verdi?
Hintergrund der Warnstreiks in NRW sind die im Januar gestarteten Tarifverhandlungen über die Arbeitsbedingungen in kommunalen Verkehrsbetrieben. Die zweite Verhandlungsrunde zum sogenannten Manteltarifvertrag war in der vergangenen Woche ergebnislos geblieben. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 11. und 12. März vereinbart.
Verdi NRW warf den Arbeitgebern vor, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Es herrsche ein dramatischer Arbeitskräftemangel, und es bestehe ein starker Druck auf die Beschäftigten. Täglich würden in allen Tarifbereichen Busse und Bahnen ausfallen, weil es nicht genug Personal gebe. Das wirke sich auf den Alltag der Pendlerinnen und Pendler aus. "Wir bedauern, dass mit den Streikmaßnahmen auch die Fahrgäste getroffen werden. Durch die frühe Ankündigung versuchen wir für Planbarkeit zu sorgen, damit sich die Menschen auf die Ausfälle einstellen könnten", erklärt Andrea Becker, Fachbereichsleiterin von Verdi NRW.
Verdi NRW fordert unter anderem zusätzliche freie Tage, um die Beschäftigten zu entlasten und die Berufe auch attraktiver zu gestalten. Die Arbeitgeber hatten bereits die beiden eintägigen Warnstreiks, die Anfang und Mitte Februar den Nahverkehr in NRW weitgehend lahmlegten, als überzogen bezeichnet. Sie verwiesen damals auf einen engen finanziellen Spielraum und darauf, dass zum 1. März die Gehälter wie bereits vor längerer Zeit vereinbart deutlich steigen. Zusätzliche freie Tage würden aus Arbeitgebersicht bei dem bestehenden Fahrermangel dazu führen, dass die dann noch vorhandenen Fahrer mehr belastet würden.
Bahnstreik in NRW: Sind weitere in nächster Zeit möglich?
Die Gewerkschaft Verdi schließt weitere Warnstreikaktionen im öffentlichen Nahverkehr von Nordrhein-Westfalen nicht aus. Das machten Vertreter von Verdi NRW am Freitag in Düsseldorf deutlich. Auf die Frage nach möglichen weiteren Warnstreiks in kommunalen Verkehrsbetrieben vor der dritten Verhandlungsrunde am 11. und 12. März sagte Verdi NRW-Nahverkehrsexperte Peter Büddicker: „Das schließen wir nicht aus.“
Der Verdi NRW-Verhandlungsführer für den kommunalen Nahverkehr, Heinz Rech, ergänzte: Die Gewerkschaft wolle so viel Druck erzeugen, dass die Arbeitgeber verstünden, „wir können auch noch härter“. Man sollte den Tarifkonflikt am Verhandlungstisch lösen. Bislang habe die Arbeitgeberseite noch kein Angebot vorgelegt, kritisierte Rech.
Auch bei der Deutschen Bahn drohen erneut Streiks. Die vor einigen Wochen wieder aufgenommenen Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL sind nach Angaben des bundeseigenen Konzerns gescheitert. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) habe die Verhandlungen abgebrochen, teilte die Bahn am Donnerstag mit.
dpa/ bani
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