Botschafter wegen Erdogan-Satire einbestellt

Ärger in der Türkei

Das türkische Außenministerium hat den deutschen Botschafter einbestellt. Der Diplomat musste sich wegen eines Satire-Songs des NDR über Präsident Erdogan rechtfertigen. Das Lied mit dem Titel "Erdowie, Erdowo, Erdogan" fand man an höchster Stelle offenbar gar nicht lustig.

BERLIN

29.03.2016, 10:39 Uhr / Lesedauer: 1 min
Humor ist nicht seine Stärke: Recep Tayip Erdogan.

Humor ist nicht seine Stärke: Recep Tayip Erdogan.

Der deutsche Botschafter in der Türkei ist nach einem Medienbericht wegen einer NDR-Fernsehsatire ins Außenministerium in Ankara einbestellt worden. Der Diplomat Martin Erdmann habe sich am vergangenen Dienstag für eine knapp zweiminütige Satire aus der Sendung "extra 3" rechtfertigen müssen, die in der ARD am 17. März zu sehen gewesen sei, schreibt "Spiegel Online".

"Boss vom Bosporus"

Es habe sich um ein Lied mit dem Titel "Erdowie, Erdowo, Erdogan" über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdogan gehandelt. Das Auswärtige Amt war am Montagabend nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Im Text des Liedes mit dem Refrain "Erdowie, Erdowo, Erdowahn" heißt es zum Beispiel: "Er lebt auf großem Fuß, der Boss vom Bosporus." Dazu werden Bilder von Erdogans neuem Palast gezeigt, der wegen seiner Größe und Kosten umstritten ist.

Zu Bildern von der Abführung eines Journalisten und der Erstürmung einer Redaktion lautet der Text: "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast." Bilder eines Treffens zwischen dem türkischen Präsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), bei dem sich beide die Hände schütteln, sind unterlegt mit dem Text "Sei schön charmant, denn er hat Dich in der Hand".

Mitarbeiter des Monats

Der NDR kritisierte den Versuch der Einflussnahme durch das türkische Außenministerium. "Dass die türkische Regierung wegen eines extra-3-Beitrags offenbar diplomatisch aktiv geworden ist, ist mit unserem Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit nicht vereinbar", sagte der NDR-Chefredakteur Fernsehen, Andreas Cichowicz, am Dienstag in Hamburg. In Deutschland sei politische Satire erfreulicherweise erlaubt. "Darunter fällt auch der extra-3-Beitrag." Eine Beschwerde sei beim NDR bislang jedoch nicht eingegangen.

Die Redaktion von "extra 3" reagierte via Kurznachrichtendienst Twitter gelassen und kürte Erdogan kurzerhand zum Mitarbeiter des Monats.

An ihm kam einfach keiner vorbei. #Erdoganpic.twitter.com/2SRWSzgstA

— extra3 (@extra3)

Von dpa

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