Borchert-Theater zeigt Stück über Alfred Flechtheim

Eröffnung des neuen Hauses

„Es ist etwas Wahnsinniges mit der Kunst“, sagte der Kunsthändler Alfred Flechtheim. Meinhard Zanger, Intendant des Borchert-Theaters Münster, sagt es etwas anders: „Es ist etwas Wahnsinniges mit dem Theater.“ Dieser Wahnsinn nimmt am Samstag Gestalt an: Das neue Haus im Flechtheimspeicher eröffnet. Mit der Uraufführung „Die letzte Soirée“ beginnt das Theater seine neue Ära. Ein Stück über das schillernde Leben Flechtheims.

Münster

, 02.09.2014, 19:49 Uhr / Lesedauer: 2 min
Das perfekte Outfit für eine Party in der Weimarer Zeit: Jules Pascin malte Alfred Flechtheim im Jahr 1927 im Torero-Kostüm.

Das perfekte Outfit für eine Party in der Weimarer Zeit: Jules Pascin malte Alfred Flechtheim im Jahr 1927 im Torero-Kostüm.

In anderthalb Stunden zeigt das Theater am Samstag ein „dokumentarisch-fiktionales Kaleidoskop“ über das Leben Alfred Flechtheims. Es führt 100 Jahre zurück, an den Anfang des 20. Jahrhunderts, als die jüdische Familie einen Getreidehandel in Münster betreibt. Doch Alfred – Fred genannt – hat „überhaupt keine Böcke“ auf das Geschäft, so Meinhard Zanger (Foto r.). Er ist ein Querkopf. Ein Verrückter. Ein von der Kunst Verrückter. „Er war impulsiv, explosiv, witzig, schlagfertig, großzügig, ein Visionär, ein Spieler“, beschreibt ihn Zanger. Auch ein Lebemann. Der mit Männern und Frauen gleichermaßen gern ins Bett ging, der gerne Partys feierte. Seine Soiréen waren legendär. Es ging in seinem Leben „drunter und drüber“, so Zanger. Doch im Grunde ging es immer nur um eines: um die Kunst. Und so sei auch das Stück zu verstehen: als leidenschaftliches Plädoyer für die Kunst. „Die letzte Soirée“ steigt im Jahr 1941 ein. Alfred Flechtheim (Foto, l.) ist schon seit vier Jahren tot, gestorben im Londoner Exil an einer Infektion durch einen rostigen Nagel. Die Situation ist fatal: Seine Frau Betti, die in Berlin blieb, soll am nächsten Tag deportiert werden. Und Fred kommt aus dem Himmelreich zu ihr herab – für eine letzte Soirée.

Erzählt werde in verschiedenen Rückblenden. Die Kindheit in Münster klingt an (Fred fliegt nach einem Streich vom Gymnasium Paulinum). Im Schlüsseljahr 1913 eröffnet Flechtheim seine erste Galerie in Düsseldorf. Schon vorher hatte er begonnen, die großen Maler der Moderne zu sammeln – als noch niemand ihre Namen kannte. Man erlebt Freds Aufstieg – und seinen Fall. Wie zunächst der Erste Weltkrieg und später die Nazis sein Leben zerstören – wirtschaftlich wie privat. „Er war ein Seiltänzer“, sagt Zanger, „der immer am Abgrund stand“. Es ist etwas Wahnsinniges mit dem Theater. Die Umbauarbeiten im Speicher sind noch im vollen Gang, der Tag der offenen Tür am kommenden Sonntag kann daher auch nicht stattfinden, zu wenig wäre begehbar. Doch die Uraufführung, die zieht das Haus durch. Der „Sommernachtstraum“ im Gasometer sei organisatorisch dagegen ein Klacks gewesen, verrät der Intendant. Das war das größte Projekt des Hauses. Doch dann kam der Theaterneubau. Ein neues Theater in der heutigen Zeit mag Wahnsinn sein. Aber auf diesen Wahnsinn können Zanger, sein Team und seine Unterstützer stolz sein. Es ist der flechtheimsche Wahnsinn.  

  • Die Uraufführung von „Die letzte Soirée“ ist Samstag (6. September), 20 Uhr, im Borchert Theater, Flechtheimspeicher, am Mittelhafen 10. Die zweite Vorstellung am Sonntag (7.9.) ist ebenso wie die Uraufführung ausverkauft. Für die Stückeinführung am Sonntag um 17 Uhr gibt es noch Karten.
  • Die nächsten Termine: 20. und 21. September, 10./11./12. Oktober.
  • Der Tag der offenen Tür, der eigentlich am Sonntag (7. September) geplant war, entfällt. Der Ausbau des Theaters sei noch nicht so weit abgeschlossen, dass ein Rundgang sinnvoll wäre, erklärte Intendant Meinhard Zanger. Das sei auch eine Frage der Sicherheit.
  • Die Autorenlesung am Sonntag (7. September) um 11 Uhr mit Arna Aley findet wie geplant statt.
  • Karten für alle Stücke gibt es im Container vor dem Theater, Telefon (0251) 40019, oder im Internet unter: www.wbt-muenster.de