Stein des Anstoßes ist diese Bodenschwelle an der Inselstraße – das OLG Hamm sieht hier eine Gefahrenstelle. Sie ist verkehrswidrig und muss nach dem jüngsten OLG-Urteil baulich verändert werden.

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Bodenschwelle: Stadt Gescher muss Motorradfahrer Schaden ersetzen

rnOberlandesgericht

In Schrittgeschwindigkeit überquerte ein Gescheraner mit seinem Motorrad die Fahrbahnschwelle an der Inselstraße. Es setzte mittig auf. Den erheblichen Sachschaden muss die Stadt ersetzen.

von Jürgen Schroer

Gescher

, 23.03.2022, 13:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Stadt Gescher wird die Fahrbahnschwelle an der Inselstraße in Höhe der Parkplatz-Zufahrt baulich verändern müssen. Im Rechtsstreit wegen Beschädigung eines Motorrads beim Überfahren der Schwelle ist die Stadt Gescher jetzt durch Urteil des 11. Senats des Oberlandesgerichtes (OLG) Hamm zum Schadenersatz verurteilt worden. Das teilte Rechtsanwalt Derk Röttgering vom Büro Rechtsanwälte BRSH Gescher mit.

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„Wir müssen schauen, was wir jetzt machen“, kommentierte Bürgermeisterin Anne Kortüm den Sachverhalt. Denkbar sei es, die vorhandene Schwelle abzuflachen oder zu verlängern. In jedem Fall müsse ein bauliches Element bleiben, um zu verhindern, dass die Inselstraße zur „Rennstrecke“ werde, auch mit Blick auf den dortigen Kinderspielplatz.

Zugetragen hatte sich der Vorfall im Sommer 2017. Damals befuhr ein Gescheraner die Inselstraße mit seinem Motorrad von der Hofstraße kommend in Richtung Innenstadt. Obwohl er die erste der beiden Schwellen nach seiner Darstellung mit Schrittgeschwindigkeit überquerte, setzte das Zweirad mittig auf. Dadurch entstand erheblicher Sachschaden.

Haftpflichtversicherer der Stadt lehnte Regulierung ab

Der Haftpflichtversicherer der Stadt lehnte eine Regulierung ab. Beim folgenden Rechtsstreit kam das Landgericht Münster zu dem Ergebnis, dass kein Anspruch auf Schadenersatz bestehe. Das sah der 11. Senat des OLG Hamm später anders – ein auf Vorschlag des OLG geschlossener Vergleich wurde von der Stadt Gescher widerrufen, sodass jetzt ein Urteil erging.

Im Rahmen seiner Entscheidung führte das Gericht aus: „Die Beschädigung des Motorrades ist Folge einer Verletzung der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht für die von ihr unterhaltene Verkehrseinrichtung. Die Beklagte hat die zur Verkehrsberuhigung auf der Inselstraße errichtete Fahrbahnschwelle falsch konstruiert und dadurch für Motorradfahrer eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle geschaffen.“

Hindernisse, die auf eine Verkehrsberuhigung abzielen, müssen laut Gericht einerseits geeignet sein, die Verkehrsteilnehmer zu dem gewünschten Fahrverhalten zu veranlassen, andererseits dürfen sie aber nicht zur Quelle einer Verkehrsgefährdung werden, indem ankommende Fahrzeuge trotz verkehrsgerechten Verhaltens des Kraftfahrzeugführers beschädigt werden und so eine unerwünschte Gefahrenlage hervorgerufen wird…

Gericht sieht „unzureichende Errichtung“ der Fahrbahnschwelle

Bereits der Umstand, dass das Motorrad auf der Schwelle aufsetzen konnte, belege deren unzureichende Errichtung. Diese Wertung werde gestützt durch die Bestimmungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06). Demnach sei etwa für Teilaufpflasterungen eine Mindestlänge des horizontalen Bereichs von fünf Metern vorgesehen, weil bei einer derartigen Länge der Aufpflasterung ein Aufsetzen von Fahrzeugen aller Art ausgeschlossen sei.

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Die strittige Schwelle an der Inselstraße hingegen ließ zu, dass das Vorderrad des klägerischen Motorrads bereits wieder in Abwärtsbewegung sein konnte, während das Hinterrad noch nicht vollständig auf die Schwelle aufgefahren war. Daher war es möglich, dass ein Motorrad mit einer Bodenfreiheit von circa zehn Zentimetern auf der Schwelle aufsetzen konnte.

Der Kläger muss sich die Betriebsgefahr seines Motorrades anrechnen lassen und deshalb ein Viertel seines Schadens selbst tragen. 75 Prozent des Schadens trägt die Stadt Gescher. Nutzungsausfall für die Dauer der Reparatur steht dem Motorradfahrer nicht zu.