Berlin unter Schock: LKW rast in Weihnachtsmarkt
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Nach einem der verheerendsten Anschläge in der bundesdeutschen Geschichte gehen Ermittler und Politik von einem terroristischen Hintergrund aus, rätseln aber über Motiv und Täter. In NRW wurden die Sicherheitsmaßnahmen für die Weihnachtsmärkte noch einmal verstärkt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (3vl, CDU) besucht zusammen mit (l.v. Merkel -r) Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), Andreas Geisel (SPD), Berliner Innensenator, und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 20.12.2016 den Anschlagsort auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin.
Das Wichtigste in Kürze
- In Berlin ist am Montag gegen 20 Uhr ein Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. 12 Menschen sind tot, 48 verletzt, 18 davon schwer
- Der Generalbundesanwalt geht bei dem Angriff von einem terroristischen Anschlag aus
- Möglicherweise haben die Ermittler den falschen Mann gefasst. Der Verdächtige streitet die Tat ab, die Polizei bittet die Menschen in Berlin um besondere Wachsamkeit
- Der festgenommene mutmaßliche Fahrer soll nach Informationen aus Sicherheitskreisen ein 23 Jahre alter Pakistaner sein.
- Bei dem zwölften Opfer handelt es sich um den ursprünglichen Speditionsfahrer aus Polen. Seine Leiche wird auf dem Beifahrersitz gefunden.
- Die Polizei hat am Morgen eine Flüchtlingsunterkunft auf dem früheren Berliner Flughafen Tempelhof durchsucht
- In NRW sind Polizisten verstärkt und schwer bewaffnet auf den Weihnachtsmärkten unterwegs
16:32 Uhr: 25 Opfer weiter im Krankenhaus
Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche mit 12 Toten sind 49 Menschen verletzt in Krankenhäuser gebracht worden. Davon seien 25 Patienten weiter in stationärer Behandlung, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Dienstagnachmittag mit. 14 von ihnen seien sehr schwer verletzt. Die übrigen 24 seien am Dienstag aus den Kliniken entlassen worden.
15:21 Uhr: Merkel gedenkt am Tatort der Anschlagsopfer
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei einem Besuch am Tatort der Opfer des Anschlags auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin gedacht. Nahe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche legte sie am Dienstag zusammen mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) weiße Rosen nieder. Danach gingen die Politiker auf dem Areal des geschlossenen Marktes weiter und sprachen mit Polizisten. In der Kirche trug sich Merkel in ein ausliegendes Kondolenzbuch ein.
14:49 Uhr: Generalbundesanwalt: Terroristischer Hintergrund in Berlin
Generalbundesanwalt Peter Frank geht beim Anschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt von einem terroristischen Hintergrund aus. Das sagte er am Dienstag in Berlin. Dafür spreche die Art der Tatbegehung, die an den Anschlag in Nizza erinnere, sagte Frank am Dienstag in Berlin. Auch das symbolträchtige Ziel Weihnachtsmarkt zählte er zu den Indizien. Frank betonte aber auch: Es gebe derzeit kein Bekennervideo. Der Generalbundesanwalt bestätigte auch, dass es Zweifel an der Täterschaft des noch am Montagabend festgenommenen Pakistaners gebe.
Das Bundeskriminalamt (BKA) geht auch nach dem Anschlag von Berlin nicht von einer veränderten Gefährdungslage aus. Schon vor der Tat hätten die Sicherheitsbehörden von einer ernstzunehmenden Bedrohungslage in Deutschland gesprochen, erklärte BKA-Präsident Holger Münch. Er kann nicht ausschließen, dass noch immer ein bewaffneter Täter unterwegs ist. Man sei „hochalarmiert“, um eventuelle Tatbeteiligte zu identifizieren, sagte Münch. Man wisse nicht sicher, ob der richtige Mann gefasst worden sei und ob es nur einen einzigen Täter gebe.
14:19 Uhr: Täter noch auf freiem Fuß?
Die Polizei hat Zweifel, ob sie den Richtigen festgenommen hat. „Es ist in der Tat unsicher, dass es der Fahrer war“, sagte Polizeipräsident Klaus Kandt am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Die Zeitung „Die Welt“ zitierte eine Quelle der Berliner Polizei mit den Worten: „Wir haben den falschen Mann.“ Damit ergebe sich eine neue Lage. „Denn der wahre Täter ist noch bewaffnet auf freiem Fuß und kann neuen Schaden anrichten“, habe es aus der Polizei geheißen. Polizeipräsident Kandt sagte der dpa: „Wir gehen davon aus, dass es einen Fahrer gab, entweder ist es der Mensch, den wir gefasst haben, oder nicht. Das klären wir gerade. Die Lage ist unklar.“ Man untersuche Spuren im LKW oder am Verdächtigen, die zur Tat passen. Fingerabdrücke, Blut, Schmauchspuren. das müssen wir klären.“ Er ergänzte: „Ich stelle mich darauf ein, dass die gegenwärtige Lage noch länger andauert“ - mindestens die nächsten Tage. Bei dem festgenommenen Tatverdächtigen sollen sich kaum Spuren gefunden haben, die auf einen Kampf hindeuten, wie der „Spiegel“ aus hochrangigen Ermittlerkreisen erfahren haben will. Zudem habe man keine typischen Schmauchspuren an seinem Körper gefunden, die auf eine Schussabgabe schließen lassen.
13:29 Uhr: Duisburg errichtet mobile Sperren
Die Stadt Duisburg lässt mobile Sperren an den Zufahrtswegen zu ihrem Weihnachtsmarkt errichten. In Abstimmung mit der Polizei würden im Laufe des Dienstags zwei große mobile Sperren aufgestellt, teilte die Stadt mit. Dort würden während der Öffnungszeiten des Weihnachtsmarktes Mitarbeiter der Polizei und der Stadt eingesetzt. Außerdem würden auf dem Marktgelände „zahlreiche technische Sicherungsmaßnahmen“ platziert. Aus einsatztaktischen Gründen sollten Details dazu nicht genannt werden. Beide Maßnahmen hätten zum Ziel, ein schnelles Durchfahren mit LKW oder Auto zu verhindern.
In Hagen hat sich die Polizei Unterstützung durch die Feuerwehr und deren Einsatzfahrzeuge geholt. Wie Polizeipressesprecher Ralf Bode auf Nachfrage am Dienstag bestätigte, sicherten Feuerwehrwagen die Zufahrten zum Weihnachtsmarkt. "Das ist eine rein vorsorgliche Maßnahme", so Bode, es gebe keine konkrete Gefahrenlage. Auch hier patrouillierten bewaffnete Beamte durch die Gassen. Wie lange Feuerwehrfahrzeuge die Zufahrten sicherten, könne man nicht absehen, sagte Bode. "Wir bewerten die Lage von Tag zu Tag neu."
Auch in anderen Städten der Region wurden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, unter anderem in Castrop-Rauxel, Lünen und Dorsten. In Haltern wollen Bürger am Mittwoch eine Mahnwache abhalten.
13:21 Uhr: Den falschen Mann gefasst?
Das Internetportal Welt - N24 berichtet unter Berufung auf "ranghohe" Sicherheitskreise, dass die Berliner Polizei davon überzeugt ist, den falschen Mann gefasst haben. Man habe die Angaben des mutmaßlichen Täters überprüft und als korrekt erachtet. Die Berliner Polizei bat per Twitter die Menschen in Berlin um erhöhte Wachsamkeit.
Der festgenommene Tatverdächtige streitet derzeit die Tat am #Breitscheidplatz ab. Wir sind daher besonders wachsam. Seien Sie es bitte auch
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E)
12:40 Uhr: De Maizière: Keinen Zweifel mehr an Anschlag
Die tödliche Fahrt eines Lastwagens über einen Berliner Weihnachtsmarkt war nach Erkenntnissen der Ermittler ein Anschlag. „Wir haben in der Zwischenzeit keine Zweifel mehr, dass es sich bei dem schrecklichen Ereignis gestern Abend um einen Anschlag gehandelt hat“, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag in Berlin. „Wir haben es mit einem brutalen Attentat zu tun“, sagte der Minister. Ein offizielles Bekenntnis einer Terrorgruppe gebe es noch nicht. Er vermied aber ausdrücklich den Begriff Terroranschlag. „Ich habe meine Worte so gewählt, wie ich sie wäge“, sagte er auf eine entsprechende Nachfrage. Der Festgenommene stammt nach de Maizières Worten „wohl aus Pakistan“. Er sei Silvester 2015 eingereist und im Februar in Berlin aufgetaucht. Sein Asylverfahren sei noch nicht abgeschlossen. In den entsprechenden Terror-Dateien sei er bislang nicht vertreten.
De Maizière sagte, es gebe 18 Schwerverletzte. Erst wenige der zwölf Todesopfer seien identifiziert. Er habe zunächst für Dienstag bundesweite Trauerbeflaggung angeordnet. Richtig sei es, dass die Weihnachtsmärkte in Berlin an diesem Tag geschlossen bleiben, sagte der Bundesinnenminister. Mit seinen Länderkollegen sei er sich aber einig, dass andere Weihnachtsmärkte und Großveranstaltungen weiter stattfinden sollen. Der jeweiligen Lage angepasst werde es weitere Sicherheitsvorkehrungen geben. „Aber eine Absage wäre falsch.“
12:48 Uhr: Verdächtiger identifiziert
Die deutschen Sicherheitsbehörden identifizierten den Verdächtigen unter dem Namen Naved B. als mutmaßlichen Flüchtling. Der für den Staatsschutz zuständige Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernahm die Ermittlungen. Der Terrorverdächtige war der Polizei im Zusammenhang mit Ermittlungen zu einem sexuellen Übergriff bekannt geworden. Nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen kam es im Juli im Kontext zu einem sexuellen Übergriff des Mannes auch zu Beleidigungen. Einen entsprechenden Eintrag gebe es in der Inpol-Datenbank, dem länderübergreifenden Informationssystem der Polizeien.
12:00: NRW-Ministerpräsidentin Kraft: Dürfen Gefahr nicht ignorieren
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat nach dem mutmaßlichen Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt dazu aufgerufen, nicht vor dem Terror zu kapitulieren. „Es gehört zur bitteren Wahrheit unserer Zeit, dass es in einer freien und offenen Gesellschaft keine 100-prozentige Sicherheit geben kann“, sagte sie am Dienstag in Düsseldorf. Die Polizei habe die Sicherheitsmaßnahmen für die Weihnachtsmärkte in NRW noch einmal verstärkt. „Aktuell deutet nichts darauf hin, dass es eine direkte Bedrohung durch einen Anschlag hier bei uns in Nordrhein-Westfalen geben könnte“, sagte Kraft aber. Sie fügte hinzu: „Aber es muss sich jede Bürgerin und jeder Bürger bewusst sein, dass es auch Nordrhein-Westfalen treffen kann. Wir dürfen die Gefahr nicht ignorieren, wir müssen mir ihr leben.“
11:55: Verdächtiger streitet Tat ab
Der nach dem LKW-Attentat auf einen Berliner Weihnachtsmarkt festgenommene Terror-Verdächtige leugnet die Tat. Der 23 Jahre alte Mann streite bisher alles ab, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Sicherheitskreisen.
11:49: Keine Absage der Silvesterparty am Brandenburger Tor
Die große Silvesterparty am Brandenburger Tor soll trotz des Anschlags auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin stattfinden. Eine Absage sei nicht geplant, sagte eine Sprecherin des Veranstalters KIT Group am Dienstag. Ob aus dem mutmaßlichen Terroranschlag am Breitscheidplatz Konsequenzen gezogen werden müssten, „schauen wir uns in Ruhe in den nächsten Tagen an“, so die Sprecherin. Es sei noch zu früh, um dazu Konkretes sagen zu können. Sie verwies darauf, dass die Feier am Brandenburger Tor „eine ganz andere Art von Veranstaltung“ sei als ein Weihnachtsmarkt. Es gebe dort Einlasskontrollen, rund 600 Ordner seien im Einsatz. Rund um das Feiergelände sind Absperrgitter aufgestellt. Mehr als 100.000 Besucher werden am Brandenburger Tor und auf der zwei Kilometer langen Feierstrecke auf der Straße des 17. Juni erwartet.
11:15 Uhr: Lichter in Dortmund für 30 Minuten aus
Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt sind die Sicherheitsmaßnahmen auch auf den Märkten in NRW verschärft worden. Die Polizei werde in Doppelstreifen und schwerer bewaffnet auf den Weihnachtsmärkten unterwegs sein, sagte Innenminister Ralf Jäger. „Wir müssen jetzt noch mehr Wachsamkeit und Präsenz zeigen“, sagte er im Interview von WDR5. In Düsseldorf und Dortmund sind Schweigeminuten auf den Weihnachtsmärkten geplant. In Dortmund sollen am Abend die Lichter am Tannenbaum für 30 Minuten ausgeschaltet werden. In Bochum soll es zur selben Zeit eine kurze Gedenkansprache geben.
Wir haben vorsorglich die Zahl der Streifen in #Berlin erhöht. Wie in allen Bundesländern gehen die Kolleg. mit Schutzweste & MP auf Streife
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E)
11:03 Uhr: Kanzlerin tief erschüttert
"Wir müssen nach jetzigem Stand von einem terroristischen Anschlag ausgehen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Erklärung. Das wäre besonders widerwärtig angesichts der Menschen, die hier Schutz suchen und gegenüber den Menschen, die sich in der Fluchthilfe engagieren. Die Kanzlerin zeigte sich tief betroffen und erschüttert, drückte den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. "Wie können wir damit leben, dass beim unbeschwertem Bummel, also an einem Ort, an dem wir das Leben feiern, ein Mörder den Tod bringt? Eine einfache Antwort habe auch ich nicht."
Doch man könne und wolle nicht damit leben, dass die Angst vor dem Bösen lähmt. Merkel kündigte ein hartes Vorgehen des Rechtsstaats an. Die Tat werde aufgeklärt werden, „in jedem Detail, und sie wird bestraft werden, so hart es unsere Gesetze verlangen“. Noch wisse man vieles über die Tat nicht mit der nötigen Gewissheit. Auf Weihnachtsmärkte werde man nicht verzichten. „Auch wenn es in diesen Stunden schwerfällt: Wir werden die Kraft finden für das Leben, wie wir es in Deutschland leben wollen: frei, miteinander und offen“, so Merkel. Sie kündigte an, am Nachmittag zum Breitscheidplatz zu fahren, um zusammen mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ihre Anteilnahme zu bekunden.
Erklärung Kanzlerin #Merkel:Die Kraft finden für das Leben,wie wir es in Deutschland leben wollen:frei, miteinander,offen #Breitscheidplatzpic.twitter.com/44Btve2em9
— Steffen Seibert (@RegSprecher)
10:45 Uhr: Polizei auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt
Seit 10 Uhr sind mehrere Streifenteams der Polizei auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt unterwegs. Sie sind mit zusätzlichen Schutzwesten und Maschinenpistolen ausgestattet und für alle Weihnachtsmarkt-Besucher deutlich sichtbar. Viele Schulklassen, Kindergärten sowie Heimbewohner und deren Betreuer sind unterwegs. Die Schausteller haben ihre Stände ganz normal um 10 Uhr geöffnet.
10:31: Weihnachtsmärkte sollen weiter stattfinden
Nach dem mutmaßlichen Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt haben sich die Innenminister von Bund und Ländern gegen eine Absage ähnlicher Veranstaltungen in Deutschland ausgesprochen. Dies teilte das Bundesinnenministerium am Dienstag nach einer Telefonkonferenz der Ressortchefs mit.
10:15 Uhr: Polnischer Beifahrer wohl erschossen
Der polnische Beifahrer des mutmaßlichen Attentäters ist nach Angaben des Brandenburger Innenministeriums vermutlich erschossen worden. Der Pole hatte den Lastwagen nach bisherigen Erkenntnissen gefahren, bevor der LKW in die Hände des Mannes fiel, der mit dem LKW auf einen Weihnachtsmarkt im Herzen Berlins raste. Der polnische Kraftfahrer sei Opfer und nicht Täter, teilte Innenminister Karl-Heinz Schröter nach einer Telefonkonferenz der Innenminister der Länder mit. Ob es sich dabei um eine Entführung gehandelt hat, ist noch unklar. Der LKW gehörte einer polnischen Spedition, wie deren Eigentümer Ariel Zurawski dem polnischen Sender TVN 24 sagte. Der Fahrer, sein Cousin, sei seit etwa 16 Uhr am Montag nicht mehr zu erreichen gewesen. Für ihn könne er die Hand ins Feuer legen, dass er kein Attentäter sei. „Ihm muss etwas angetan worden sein“, mutmaßte er.
10:08 Uhr: Verdächtiger ist ein 23 Jahre alter Pakistaner
Der nach dem mutmaßlichen Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt festgenommene Verdächtige soll nach Erkenntnissen der Behörden etwa 23 Jahre alt sein. Als Geburtsjahr des Mannes werde das Jahr 1993 angegeben, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Sicherheitskreisen. Unklar blieb zunächst, ob den Behörden in diesem Zusammenhang ein echtes Personaldokument vorlag oder ob sich die Altersangabe auf eine Auskunft des Flüchtlings stützt. Der Mann habe in einer Flüchtlingsunterkunft auf dem früheren Berliner Flughafen Tempelhof gelebt, hieß es weiter. Die Unterkunft wurde am Dienstag von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei durchsucht.
9:42 Uhr: Kanzlerin kündigt Erklärung an
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich am Vormittag zum mutmaßlichen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin äußern. Das Bundespresseamt kündigte am Dienstag für 11 Uhr eine Erklärung im Kanzleramt in Berlin an.
9:30 Uhr: Kondolenzbuch liegt in der Gedächtniskirche aus
Ab 11.30 Uhr soll in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein Kondolenzbuch des Senats ausliegen, in das sich zunächst die Mitglieder der Landesregierung eintragen sollen. Danach könnten sich die Berliner und Gäste der Stadt eintragen. Zum Zeichen der Trauer würden alle Fahnen in der Stadt auf Halbmast gesetzt.
9:23 Uhr: Maas spricht Angehörigen Mitgefühl aus
Bundesjustizminister Heiko Maas hat den Angehörigen der Opfer des mutmaßlichen Anschlags in Berlin sein Beileid ausgesprochen. „Die Tat trifft nicht nur Berlin mitten ins Herz, sie trifft uns alle“, teilte der SPD-Politiker am Dienstag mit. „Unser Mitgefühl ist bei den Angehörigen und Freunden der Opfer. Wir hoffen, dass den Verletzten so gut wie möglich geholfen werden kann.“ Es müsse alles getan werden, um diese abscheuliche Tat sorgfältig und vollständig aufzuklären. „Wir stehen über den Generalbundesanwalt im permanent Austausch mit den Sicherheitsbehörden.
Die Lage, Stand 9:13 Uhr
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat Trauerbeflaggung angeordnet. An allen Bundesbehörden sowie ihren Geschäftsbereichen sollen die Fahnen am Dienstag auf Halbmast hängen, wie das Ministerium in Berlin mitteilte. Dies geschehe „als Zeichen der Anteilnahme“.
Die Ermittler der Polizei gehen von einer vorsätzlichen Tat aus. Das teilte die Polizei am Dienstagmorgen über Twitter mit.
Unsere Ermittler gehen davon aus, dass der LKW vorsätzlich in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am #Breitscheidplatz gesteuert wurde
— PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E)
Der Mann, der einen Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert haben soll, ist nach Informationen des RBB-Inforadios Pakistaner. Der festgenommene mutmaßliche Täter sei am 31. Dezember 2015 in Passau nach Deutschland eingereist, berichtet der Sender unter Berufung auf Sicherheitskreise. Der Mann war auf der Flucht vom Tatort festgenommen worden und wird verhört.
Der Berliner "Tagesspiegel" hatte unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, der Verdächtige sei den Ermittlern bekannt, allerdings nicht wegen eines terroristischen Hintergrundes, sondern wegen kleinerer krimineller Delikte. Ein weiterer Mann, der auf dem Beifahrersitz saß, sei tot. Bei ihm handelte es sich um einen Polen. Der für den Staatsschutz zuständige Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernahm die Ermittlungen.
SEK-Einsatz in Flüchtlingsunterkunft nicht bestätigt
Medienberichten zufolge hat die Polizei am Morgen Hangars auf dem früheren Flughafen Tempelhof durchsucht. Dort befindet sich Berlins größte Flüchtlingsunterkunft. Nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen ist der Verdächtige wohl im Februar als Flüchtling über die Balkanroute nach Deutschland eingereist. Demnach soll der Mann in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft gelebt haben. Die Polizei bestätigte den SEK-Einsatz zunächst nicht.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Abend: „Ich möchte im Moment noch nicht das Wort Anschlag in den Mund nehmen, obwohl viel dafür spricht.“ Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte: „Nach allem, was wir wissen, müssen wir von einem Terroranschlag ausgehen.“ Der Innenausschuss des Bundestags will am Mittwoch gegen Mittag in einer Sondersitzung über den mutmaßlichen Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt beraten.
Der dunkle Lastwagen mit polnischem Kennzeichen fuhr laut Polizei gegen 20 Uhr auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern mit hoher Geschwindigkeit über den Markt und zerstörte dabei mehrere Buden. Er gehörte einer polnischen Spedition. Der Eigentümer Ariel Zurawski sagte am Montagabend in einem Telefonat dem Sender TVN 24, der Fahrer sei seit etwa 16 Uhr nicht mehr zu erreichen gewesen. Der Fahrer sei sein Cousin, er könne seine Hand für ihn ins Feuer legen, dass er kein Attentäter sei.
Wegen Verzögerung in Berlin geparkt
„Es kann einfach nicht mein Fahrer gewesen sein“, sagte Zurawski zu dem Vorfall. „Ihm muss etwas angetan worden sein“, mutmaßte er. „Ich stehe so unter Schock.“
Der Lastwagen hatte Stahlkonstruktionen nach Berlin transportiert, berichtete Zurawski. Wegen einer Verzögerung habe der Fahrer bis zum Morgen warten müssen und den Lastwagenwagen in Berlin geparkt.
Ob der Vorfall einen terroristischen Hintergrund hat, war am Abend zunächst offen. Die Polizei bat Anwohner, zuhause zu bleiben. Es gebe ein „verheerendes Bild vor Ort“, sagte ein Polizeisprecher. Umstehende berichteten dpa-Reportern, dass der LKW Dutzende Menschen überfahren habe. Der an der Front stark demolierte Lastwagen kam am Rande der Budapester Straße zum stehen. Der Fahrer war zunächst Richtung Zoo geflüchtet.
Pressekonferenz am Mittag geplant
Dutzende Rettungswagen und viele Polizeiwagen waren vor Ort. Das Gelände wurde abgesperrt, Passanten wurden nur noch vom Weihnachtsmarkt herunter gelassen. Nach Worten von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) war die Situation am Abend unter Kontrolle. Der Regierungschef reagierte geschockt. „Was wir hier sehen, ist dramatisch“, sagte Müller auf dem Breitscheidplatz. Seine Gedanken seien bei den Familien, die Tote oder Verletzte zu beklagen hätten. Michael Müller und Innensenator Andreas Geisel wollten am Mittag auf einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit informieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich bestürzt. „Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert über Twitter mit. Merkel sei mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Berlins Regierendem Bürgermeister Müller in Kontakt.
"Gedanken bei den Angehörigen"
Bundesinnenminister de Maizière erklärte: „Meine Gedanken sind jetzt bei den Angehörigen der Opfer und den Verletzen des schrecklichen Vorfalls. Ich stehe in unmittelbarem und durchgehendem Austausch mit den Sicherheitsverantwortlichen im Land Berlin und habe jede Unterstützung durch die Bundespolizei angeboten.“
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte: „Wir wissen noch nicht mit Gewissheit, was heute Abend wirklich geschehen ist. Die Sicherheitsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, die Unglücksstelle zu sichern und die Täter zu finden.“
Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich ebenfalls betroffen. "Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt", teilte Gauck mit. Ähnlich äußerten sich Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.
Frankreich erhöht Sicherheitsvorkehrungen
Frankreich erhöhte die Sicherheitsvorkehrungen auf seinen Weihnachtsmärkten. Der designierte US-Präsident Donald Trump sprach schon von einem "schrecklichen Terrorangriff".
Die Polizei schaltete ein Portal frei, über das Augenzeugen des möglichen Anschlags in Berlin Fotos und Videos hochladen können. Zuvor hatte die Polizei gebeten, kein Bildmaterial über Soziale Medien zu verbreiten oder es per Twitter an die Behörden zu senden. Auf Handy-Fotos und -Videos könnten Hinweise zu sehen sein, die den Ermittlern bei ihrer Arbeit helfen.
Bei einem Anschlag im Juli in Nizza waren 86 Menschen ums Leben gekommen, als ein Terrorist mit einem Lastwagen über die Uferpromenade der Mittelmeermetropole fuhr. Für den Anschlag hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernommen.
Der Bürgermeister von Nizza hat den mutmaßlichen Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit der Todesfahrt eines Lkw-Fahrers in Südfrankreich verglichen. "Gleiche Vorgehensweise. Gleiche blinde Gewalt. Gleicher Hass auf glückliche Menschen", schrieb Philippe Pradal von der republikanischen Partei in der Nacht auf Twitter. Ein Tunesier hatte am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli, einen Lastwagen in eine Menschenmenge auf der Strandpromenade von Nizza gelenkt und 84 Menschen getötet.
Material von dpa