Bei "Titus" kracht es am Airport statt am Kapitol
Aalto-Theater Essen
In Mozarts "Titus" wird ein Anschlag auf den römischen Kaiser verübt. Das Kapitol steht in Flammen. Bei Frédéric Buhrs am Samstag am Aalto-Theater herausgekommener Inszenierung dieses Opernklassikers indes kracht es am Airport.

Titus (Dmitry Ivanchey) hat den eigentlich ihm geltenden Anschlag überlebt.
Bauschutt rieselt von der Decke, die Anzeigentafel flackert und fällt aus, der Flugbetrieb (Videoprojektion) kommt zum Stillstand. Später liegt, wie beim "Phantom der Oper"-Musical, auch noch ein großer Lüster am Boden.
Einziger "alter" Römer ist bei Buhr ein junger Mann, der diese Verkleidung für seinen Junggesellen-Abschied gewählt hat und zur Ouvertüre mit Freunden eine Polonaise tanzt.
Buhrs moderne Lesart ist dekorativ und belanglos
Anschließend verschwunden, scheinen die eigentlichen Protagonisten der Oper, einmal gelandet, im Flughafen gefangen zu sein: Titus, sein Berater Publio mit Rosenkranz und "schwarzen Listen", das Liebespärchen Annio und Servilia, Titus' Freund Sesto samt Vitellia, der Intrigantin in Red, die ihn zum Verschwörer macht.
Sinnstiftend ist Buhrs moderne Lesart nicht, sondern nur dekorativ und belanglos. Szenische Hausmannskost, angerichtet von einem jungen Mann, der am Aalto sonst für die Einstudierung von Arbeiten Anderer zuständig ist.
Musik macht Mozart-Abend zum Festbankett
Die musikalische Seite hingegen, ebenfalls mit hauseigenen Kräften gestaltet, macht diesen Essener Mozart-Abend zum Festbankett.
Zu Recht gefeiert wurde Bettina Ranch in der Hosenrolle des Sesto, der bei ihr anrührende Menschlichkeit gewann.
Jessica Muirhead überzeugt mit der Wandlung der Vitellia
In ihrer "Parto"-Arie mischte sich ihr Mezzosopran aufs schönste mit den feinen Linien des Klarinettisten Harald Hendrichs, berückte sie mit sanft perlenden Koloraturen.
Jessica Muirhead machte als Vitellia die Wandlung von der selbstsüchtigen Furie zur Mitleid fühlenden Frau überzeugend deutlich.
Netopil formte schlanken und kompakten Mozart-Klang
Dmitry Ivanchey sang den Titus mit geschmeidigem Tenor. Christina Clark (Servilia), Liliana de Sousa (Annio) und Baurzhan Anderzhanov (Publio) komplettierten das vorzügliche Ensemble.
Tomás Netopil formte mit den Essener Philharmonikern einen kammermusikalisch schlanken, kompakten Mozart-Klang, dem auch der Opernchor huldigte.