In der Massener Heide werden Zug um Zug 9.000 Kubikmeter Beton verschoben. Sie bilden den im Moment wichtigsten Teil der neuen Liedbachtalbrücke im Verlauf der A1: Das Bauwerk ermöglicht weiterhin Verkehr auf der bedeutendsten Nord-Süd-Autobahn der Region.
Neue Brücke neben der alten
„Das war für uns ein Meilenstein“, sagt Manuela Poschau. Sie gehört als Projektingenieurin bei der Autobahn GmbH zu den Hauptverantwortlichen für den Neubau der Liedbachtalbrücke. Poschau und ihre Kollegen erläuterten jetzt den Stand des Projekts. Besagter „Meilenstein“ ist eine neue Brücke neben der alten, über die nun der Verkehr rollt, damit demnächst die alten Bauabschnitte abgerissen werden können.

Für das Großprojekt südlich des Autobahnkreuzes Dortmund Unna, das ebenfalls ausgebaut wird, wurde im Dezember 2021 der offizielle Spatenstich gefeiert, nachdem schon seit 2019 Vorarbeiten gelaufen waren. Seinerzeit wurden Kosten von 79 Millionen Euro und eine voraussichtliche Bauzeit von sechs Jahren angegeben. Aktuell heißt es von der Autobahn GmbH, dass eine genaue zeitliche Vorhersage nicht seriös zu machen sei. Mehrere Jahre wird definitiv noch gebaut zwischen Massen, Billmerich und Holzwickede.
Brücke vor dem Autobahnkreuz besonders breit
Im Liedbachtal haben Baufirmen im Auftrag der Autobahn GmbH eine neue Stahlbetonbrücke mit 304 Metern Länge errichtet. „Das ist eines der breitesten Bauwerke“, erklärt Projektingenieurin Poschau. Der Grund ist die unmittelbare Nähe zum Autobahnkreuz: An der Liedbachtalbrücke beginnen bereits die Ein- und Ausfädelspuren, die die A1 mit der A44 verbinden. Der jetzt fertige Brückenteil ist deswegen 26,70 Meter breit.
Seit Kurzem dürfen die Ingenieure beweisen, dass er trägt: Der A1-Verkehr wurde auf den Neubau umgelegt. Unter der Fahrbahn ist eine 300 Meter lange Halle: Der Hohlraum kann auf ganzer Länge für Wartungsarbeiten begangen werden.

Hauptverkehr auf der neuen Brücke
Über die „Seitenlage“, wie die Planer ihr Bauwerk nennen, werden jetzt insgesamt sechs verengte Fahrspuren in Richtung Köln oder nach Bremen beziehungsweise zur A44 geführt. Direkt daneben liegt eine siebte Fahrspur, die aus dem Autobahnkreuz kommt, noch auf einem alten Brückenteil.
Diese Verkehrsführung soll nun für rund zwei Jahre so bleiben. Während dieser Zeit werden die westlichen Brückenteile, die jetzt stillgelegt sind, abgerissen und ebenfalls durch einen Neubau ersetzt.
Mehr Glück als bei Rahmede-Brücke
Die alte A1-Brücke im Liedbachtal besteht aus vier Brücken. Zwei in der Mitte sind die ältesten. Sie wurden 1961 gebaut. Später wurde zu beiden Seiten je eine Brücke daneben gesetzt, weil für den Verkehr mehr Platz nötig wurde im Anschluss an das Kreuz mit der A44. Wer in der Massener Heide unterwegs ist, erkennt den Unterschied von unten: Die älteren Brückenteile haben eine grüne Unterkonstruktion aus Stahl und runde Pfeiler. Die jüngeren daneben ruhen auf Pfeilern mit ovalem Grundriss.
Die Bauart in der Massener Heide bedeutet großes Glück für die gesamte Region, weil während der Bau- und Abrisszeit in verschiedenen Abschnitten der Verkehr der A1 weiter fließen kann. Das bekannteste Gegenbeispiel ist die A45-Talbrücke Rahmede bei Lüdenscheid. Sie musste Ende 2021 erst gesperrt und dann komplett abgerissen werden, ehe vor einem Jahr dann die Arbeiten am Neubau begannen. Ein Abriss in Teilen war nicht möglich. Die Lücke in der Autobahn hat dort bekanntlich erhebliche Belastungen zur Folge, unter anderem für Anwohner in Lüdenscheid, die jahrelang den Umleitungsverkehr ertragen müssen. „Das konnten wir bei der Liedbachtalbrücke Gott sei Dank vermeiden“, sagt Ingenieurin Poschau.

Sprengung steht bevor
Aktuell laufen die Vorbereitungen für den Abriss der stillgelegten Bauwerke. Abriss mit Sprengstoff: „Wir sprengen die Pfeiler weg, damit der Überbau herabfällt“, erläutert Poschau. Die Sprengungen sollen an zwei Sonntagen im November und Dezember erfolgen.
Unter der Brücke schieben Bauarbeiter große Erdhügel zusammen, die praktisch als „Fallbett“ dienen sollen. Die Pfeiler werden eingehüllt in Vlies und Maschendraht, damit bei der Detonation Splitter möglichst nicht weit fliegen.
Oberhalb sind Baumaschinen im Einsatz, wo vor wenigen Wochen noch Zehntausende Fahrzeuge am Tag fuhren. Sie demontieren unter anderem Schutzplanken und die Übergänge zwischen Brücke und „Land“.
Neue Brücke wird nachher eingeschoben
Ist der zweite, der westliche Brückenteil einmal fertig gebaut, wird auch der letzte Teil des Altbaus gesprengt, der aktuell noch eine Fahrspur trägt. Dann wird die erste (östliche) Brücke mithilfe von Hydraulik seitlich in die Lücke geschoben auf neue Pfeiler. Ihre aktuellen Betonstützen wurden nur für den Übergang errichtet. Letztlich werden sie abgerissen.

Abbruch mit Recycling
Der Überbau der aktuell neuen Brücke besteht aus elf Abschnitten von je 27 bis 28 Metern Länge. Auch sie wurden nach der Montage mittels Hydraulik Stück für Stück an ihre jetzige Position geschoben. Das Bauwerk wiegt rund 25.000 Tonnen. In ähnlichen Dimensionen fallen beim Abriss der alten Brückenteile Schutt und Schrott an, die an mehreren Stellen auf der Großbaustelle angehäuft werden. Ein Großteil davon könne heutzutage wiederverwertet werden beim Bau, weshalb alles getrennt wird, erläutert Manuela Poschau. „Wir versuchen, so viel wie möglich dem Recycling zuzuführen.“
Ein Video zum Thema sehen Sie auf unserer Internetseite www.hellwegeranzeiger.de
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 22. Oktober 2024.
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