„An einem schönen Morgen“ Seydoux spielt die Mutter, deren Vater das Gedächtnis verliert

Von Kai-Uwe Brinkmann
An einem schönen Morgen: Seydoux spielt die Mutter
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Der Film „An einem schönen Morgen“ von Regisseurin Mia Hansen-Love („Bergman Island“) porträtiert die Mutter und junge Witwe Sandra (Léa Seydoux), deren Sorgenpaket wächst, als ihr Vater ins Heim muss.

Er leide am Benson-Syndrom, nicht an Alzheimer, sagt der Arzt, was kein Trost ist: Seine Sehkraft schwindet, die Erinnerungen verblassen.

Ein Melodram im Alltagsgewand

Hat man Léa Seydoux (kürzlich noch Flamme von James Bond) schon mal traurig und unglamourös gesehen wie hier? So oft mit den Tränen kämpfend? In der Abbildung einer leidgeprüften Durchschnitts-Existenz liegen Wahrhaftigkeit und Stärke des Films.

Er ist ein Melodram im schmucklos grauen Alltagsgewand.

Seydoux (die großartig spielt) trägt das Haar kurz wie Jean Seberg in „Außer Atem“, aber es ist kein Belmondo, der sie um Luft ringen lässt, sondern ein Leben voller Frust und Mühe.

Keine Zeit für Freunde

Vor fünf Jahren starb Sandras Mann, ihre Tochter zieht sie alleine auf. Sie hat den Job als Übersetzerin, kümmert sich um ihr Kind, half ihrem Papa, als der noch seine Wohnung hatte.

Sandra ist stets auf Trab, keine Zeit für Freunde. Jetzt sucht sie mit Mutter und Schwester einen Heimplatz für den Alten (Pascal Greggory). Mia Hansen-Love zeigt die Realität im Heim, Leute, die vor sich hin vegetieren. Alles zum Heulen

Eine Affäre mit Clément

Was soll Sandra Kraft geben in einer Welt, die so deprimiert? Vielleicht die Liebe? Sie beginnt eine Affäre mit Clément (Melvil Popaud), der verheiratet ist und Vater. Es wird kompliziert.

Tapfer kämpft Sandra um ihr Glück, sie gibt nicht auf, rackert sich durch ein Leben, das verdammt nach dem echten aussieht. Ein Film, der seine Heldin nicht schont, mutig auf Augenhöhe mit der Wirklichkeit.

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