Woran erkennt man einen guten Film?

Fünf Tipps

Das Kinofest Lünen ist ein Publikumsfestival: In fünf Kategorien wählen die Besucher die Sieger. Doch wie entscheidet man, welcher Film der beste ist? Wir haben zwei Experten gefragt und fünf Tipps bekommen, wie man einen Film bewerten kann.

LÜNEN

, 11.11.2015, 06:27 Uhr / Lesedauer: 3 min

Er ist ein Stammgast beim Kinofest: Waldemar Kobus kommt seit fast 10 Jahren regelmäßig in Lünen vorbei und saß auch schon in der Jury des Festivals.  „Mir hat in Lünen von vornherein gut gefallen, dass es wirklich um die Filme geht und nicht um irgendein Tamtam drumherum.“

Vier Publikumspreise

Der Schauspieler gibt Besuchern, die beim Filmpreis der Stadt Lünen, der „Lüdia“, beim Kinder- und Jugendfilmpreis Rakete, beim Preis unserer Zeitung, dem „Ruhr-Pott“, sowie bei den Kurzfilmpreisen „Erste Hilfe“ und „Erster Gang“ über die Filme abstimmen, einen schlichten Tipp: „Seien Sie subjektiv! Verlassen Sie sich auf Ihren eigenen Geschmack und schauen Sie den Film mit Herz und Verstand!“

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In der wissenschaftlichen Herangehensweise knüpft Prof. Dr. Oliver Fahle, Filmwissenschaftler mit Schwerpunkt Filmtheorie und –ästhetik an der Ruhr-Universität Bochum, an diese Sichtweise an – zumindest teilweise.

Seine Tipps für die Bewertung eines Films:

  • Subjektivität: Der Zuschauer sollte sich die Frage stellen: Spricht der Film mich an? „Oft wird das erst nach dem Sehen klar“, so Fahle. Er rät daher, unbedingt nach Filmende mit anderen über das Gesehen zu sprechen. Gelegenheit dazu gibt es beim Filmfestival reichlich – auch mit den Machern und Darstellern der Filme. „Der Film entsteht in Gesprächen nochmal neu“, so Fahle. Vielleicht ergibt sich so in der Nachbetrachtung, dass man Zusammenhänge versteht, die vorher unklar waren – oder Elemente, die beim Sehen viel Eindruck machten, stellen sich vielleicht als Kitsch heraus.  „Der Film entsteht dann noch mal neu und ist nie so richtig abgeschlossen. Eventuell lebt er weiter, aber vielleicht gibt man ihm auch im Gespräch den verdienten Todesstoß."  
  • Einordnung: Darunter versteht der Filmwissenschaftler die Suche nach Kontexten und Anschlusskommunikationen. „An welche Erfahrungen, an welche anderen Filme und Seherfahrungen schließt der Film an?“, fragt Fahle. Beachtet man diese Fragen, lässt sich eine objektivere Bewertung vornehmen: Möglich wäre dabei zum Beispiel, dass der Film den Zuschauer nicht anspricht, weil er in Kontexte gehört, die für denjenigen uninteressant sind – was die Qualität des Films jedoch nicht schmälert.  
  • Einzigartigkeit: Für Fahle ein ganz wichtiges Kriterium ist die Antwort auf die Frage: „Was fügt dieser Film der Welt hinzu, was noch nicht da war, was noch kein anderer Film gemacht hat?“ Das kann auch nur ein kleines Detail sein, wie eine Einstellung, eine Musiksequenz, ein Dialog.  „Aber im besten Fall ist es mehr, eine kleine (Film)Philosophie, in der Geschichte, Bild, Töne, Montage etc. so zusammenwirken, dass man sagen muss: Ja, das kannte ich nicht, meine Welt ist ein Stück reicher."  
  • Erfolg: Eine gute Filmkritik fragt nach dem selbst gesetzten Anspruch des Films. Will er beispielsweise ein Genrefilm sein? Wenn ja: Entwickelt er das Genre weiter oder erfüllt er einfach nur bestehende Genrekriterien?  
  • Experiment: „Ein nicht ganz einfacher Punkt, aber es geht darum, wie der Film sich selbst, bei dem was er zeigt, mit thematisiert und ins Spiel bringt. Er muss nicht gleich im klassischen Sinne selbstreflexiv sein und offen die Kamera und das Set zeigen, von dem aus er filmt“, so Fahle. Dennoch gebe es viele Möglichkeiten, zu zeigen, dass der Film beim Zeigen der Außenwelt auch gleichsam sich selbst mit zeigt.  „Das kann durch ein Setting à la Film im Film sein, das kann in Momenten sein, in denen er etwa aus der Erzählung herausspringt und lange irgendwo verharrt und den Zuschauern damit mitteilt: Hier siehst du nur ein Film- oder Kamerabild, um mehr geht es nicht.“

Über die gute Unterhaltung hinaus

Das Argument, dass ein Film den Zuschauer gut unterhalten hat, lässt der Medienwissenschaftler übrigens nicht gelten: „Ein Film muss eigentlich mehr auslösen als unterhalten. Sie dürfen durchaus populäres Vergnügen sein, doch irgendwie sollten sie auch einen ästhetischen Anspruch erfüllen“, so Fahle.

Dass sich die Lüner Zuschauer von Oberflächlichkeiten blenden lassen, glaubt Waldemar Kobus nicht: „Die Lüner gucken wirklich sehr gut hin. Wenn man die Lüdia-Siegerfilme der letzten Jahre betrachtet, waren das durchweg sehr gute Entscheidungen. Das Publikum geht keiner mittelmäßigen Darstellerkunst auf den Leim, nur weil beispielsweise bekannte Namen im Spiel sind.“

Filme und Spielzeiten
Das 26. Kinofest Lünen findet zwischen dem 12. und 15. November 2015 im Cineworld-Kino in Lünen statt. Auf der Internetseite des Kinofestes gibt es einen Überblick über .