Alexander Lenz leitet die Fachberatungsstelle für Wohnungslose der Diakonie in Lünen. Er weiß, dass die Zahl der Wohnungslosen in der Stadt steigt.

Alexander Lenz leitet die Fachberatungsstelle für Wohnungslose der Diakonie in Lünen. Er weiß, dass die Zahl der Wohnungslosen in der Stadt steigt. © Sophie Schober

Wohnungslose Menschen in Lünen: Diakonie leistet Hilfe zur Selbsthilfe

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Die Diakonie Lünen hilft wohnungslosen Menschen mit einem umfangreichen Beratungsangebot. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Menschen das Angebot wahrgenommen.

Lünen

, 11.09.2022, 13:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es gibt Situationen im Leben, die Menschen so aus der Bahn werfen, dass alles Kopf steht. Den Job verloren, das Geld für die Miete fehlt und schon droht die Wohnungslosigkeit. Am Sonntag (11. September) findet der Tag der Wohnungslosen statt und soll auf die Situation der Menschen aufmerksam machen, die ohne Obdach sind.

400 Menschen aus Lünen hat die Fachberatungsstelle für Wohnungslosenhilfe der Diakonie vergangenes Jahr beraten. All diese Menschen suchten Hilfe beim fünfköpfigen Team von Einrichtungsleiter Alexander Lenz. „Wir beraten wohnungslose Menschen in vielen Fragen“, erklärt er.

Erster Schritt Postadresse

Die drei Berater kümmern sich vor allem darum, Menschen ohne Obdach rasch eine Wohnung zu beschaffen, mit ihnen gemeinsam die Finanzlage zu erörtern, in Schuldenfragen zu beraten, zu prüfen und ob ein Anspruch auf Leistungen des Jobcenters besteht. Aber auch Fragen zu Sucht und psychischen Erkrankungen werden klären und Hilfsangebote gefunden.

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„Wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe“, so Alexander Lenz. „Wir wollen die Menschen auf ihrem Weg zurück in ein geregeltes Leben begleiten. Dabei sind Kleinigkeiten extrem wichtig, die für viele selbstverständlich sind.“ Dazu gehört eine Postadresse. Denn wer die nicht hat, der bekommt auch keine Leistungen vom Amt. Dann springt die Beratungsstelle ein und stellt ihre Adresse zur Verfügung. „So kommt die Post zu uns und die Menschen können sie bei uns abholen“, erklärt der Einrichtungsleiter.

Mehr sozialer Wohnraum nötig

Ist die Finanzfrage geklärt, kann die Suche nach einer Wohnung beginnen. Zwar gibt es in Lünen städtischen Wohnraum, der für wohnungslose Menschen bereitsteht, doch der reiche laut Alexander Lenz nicht aus. „Es gibt schlicht zu wenig Wohnraum und dessen Nutzung hat auch sich verschoben. Denn aktuell wurden dort einige Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht“, sagt er.

Im Tageaufenthalt für Wohnungslose können die Menschen frühstücken und bekommen eine warme Mahlzeit.

Im Tageaufenthalt für Wohnungslose können die Menschen frühstücken und bekommen eine warme Mahlzeit. © Sophie Schober

Menschen, die erst seit kurzer Zeit ohne Obdach sind, finden in der Regel schnell eine neue Bleibe. Wer länger wohnungslos ist, hat mehr Probleme. „Die Menschen verlernen das Wohnen oder das Einhalten einer Struktur oder Hausordnung. Aber auch das lernen wir mit den Menschen“, sagt Lentz. Geübt werde das im betreuten Wohnen und auch in zwei Wohnungen, die die Diakonie in Lünen bereithält.

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„Wir brauchen mehr Wohnraum in der Stadt, aber welchen, der auch bezahlbar ist“, fordert Lenz. Denn auch wenn ein Vermieter seine Wohnung anbietet, hat das Jobcenter das letzte Wort, da das Amt die Mietkosten trägt. Und die müssen sich im Rahmen bewegen und angemessen sein. An dieser Stelle ist der soziale Wohnungsbau gefragt.

Immer mehr junge Leute betroffen

Von der Wohnungslosigkeit sind – nicht nur in Lünen – alle Menschen gleichermaßen bedroht, denn jeden kann es treffen. „Es gibt wohnungslose Menschen aus jeder sozialen Schicht. Ich kenne Menschen, die haben ihre Wohnung in Folge von Arbeitslosigkeit verloren“, erklärt der Sozialarbeiter. Der größte Anteil der Wohnungslosen in Lünen ist mittleren Alters, zwischen 30 und 60. Doch in den vergangenen Jahren stieg nicht nur die absolute Zahl der Wohnungslosen, sondern auch der Anteil der jüngeren Betroffenen.

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„Wir sehen, dass vermehrt Menschen zwischen 18 und 30 wohnungslos sind. Oft entfliehen sie vor häuslicher Gewalt oder wurden kurz zuvor aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe entlassen“, erklärt Alexander Lenz. Einige werden auch obdachlos, weil sie nach einer Trennung auch ihre Wohnung verlieren.

In den Schließfächern können wohnungslose Menschen Wertsachen lagern. Oft schließen sie dort wichtige Unterlagen und ihre Papiere ein.

In den Schließfächern können wohnungslose Menschen Wertsachen lagern. Oft schließen sie dort wichtige Unterlagen und ihre Papiere ein. © Sophie Schober

Doch nicht jeder Lüner ohne Wohnung lebt auf der Straße. „Es gibt viel verdeckte Wohnungslosigkeit. Menschen haben also keinen eigenen Mietvertrag, kommen aber bei Verwandten, Freunden oder Kollegen unter. Aber auch sie sind wohnungslos“, betont der Einrichtungsleiter.

Kurzfristige Angebote bei der Diakonie

Bei der Diakonie in Lünen haben alle Menschen ohne Wohnung die Möglichkeit, die schnellen und unbürokratischen Angebote wahrzunehmen. „Wir bieten Waschmaschine und Trockner, Duschen, eine Kleiderkammer und auch eine ehrenamtliche Ärztin, die sich kümmert“, so Lenz. Für all diese Möglichkeiten braucht es keine Anträge, nur ein Termin muss vereinbart werden.

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Zudem steht den Menschen ohne Obdach der Tagestreff zur Verfügung. „Dort können sich die Leute aufhalten, bekommen ein Frühstück und wir versuchen einmal in der Woche eine warme Mahlzeit anzubieten“. Unterstützt wird die Institution und das Speisenangebot von Unternehmen, die Lebensmittel spenden. Das sei eine große und wichtige Unterstützung für die Diakonie.

Wohnungslosigkeit wird zunehmen

Alexander Lenz geht davon aus, dass in den kommenden Jahren noch mehr Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen sein werden. Neben der Pandemie belaste auch die anhaltende Energiekrise viele Menschen. „Die hohen Kosten werden viele nicht zahlen können“, sagt er. Dadurch kommen sie näher an die Wohnungslosigkeit.

Auch wenn die Versorgungslage der Menschen ohne Wohnung in Lünen gut ist, wie Alexander Lenz einschätzt, wünscht er sich noch mehr Kapazitäten, um den Menschen vor Ort helfen zu können. Dazu gehöre auch eine pädagogische Kraft, die die Menschen im Tagestreff betreuen kann. Da viele der Wohnungslosen psychische Erkrankungen haben, wünscht er sich auch an dieser Stelle mehr Hilfsangebote.

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