
SAL-Vorständin Daniela Fiege ist sicher, dass die Abwassergebühr neu berechnet werden muss. © Goldstein
SAL: Urteil zu Abwassergebühr reißt erst einmal Loch in Lüner Haushalt
Städtische Wirtschaft
Das OVG-Urteil vom Mai dieses Jahres zu den Abwassergebühren hält die Kommunen landesweit auf Trab. So auch in Lünen. Das Thema stand auf der Tagesordnung des Verwaltungsrates von SAL.
Der Stadtbetrieb Abwasserbeseitigung Lünen (SAL) will im Dezember dieses Jahres entscheiden, wie er die Abwassergebühr für das laufende Geschäftsjahr mit den Kunden abrechnet. Die Entscheidung betrifft auch die jährlichen Zahlungen von SAL an die Stadt Lünen. Aber der Reihe nach.
Im Kern geht es um die Frage, ob SAL das bislang noch nicht rechtskräftige Urteil des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts (OVG, Münster) vom Mai dieses Jahres sofort umsetzt. Danach müssten die in den vergangenen Jahren in NRW laut Richterspruch viel zu hoch angesetzten Abwassergebühren zu Gunsten der Verbraucher deutlich niedriger berechnet werden.
Oder aber es bleibt vorläufig bei der bisherigen Gebührenberechnung, bis das Bundesverwaltungsgericht (Leipzig) in der Sache entschieden hat. Ungeachtet der schwebenden Rechtslage geht SAL davon aus, dass die Abwassergebühren neu berechnet werden müssen. Das würde bedeuten, dass SAL die weiterhin zu hoch angesetzten Gebühren rückwirkend erstatten müsste. Getreu dem Motto: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Beschwerde eingelegt
Wie SAL-Vorständin Daniela Fiege in der SAL-Verwaltungsratssitzung am Dienstag (6. September) sagte, habe die Stadt Oer-Erkenschwick nach dem Urteil in Münster Beschwerde gegen die nicht zugelassene Revision eingelegt. Und das obwohl das OVG in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai darauf hingewiesen hatte, dass es für eine Revision kaum Erfolgsaussichten gebe, weil bei dem Streit kein Bundesrecht betroffen ist. Ob bis Dezember Klarheit in der Sache herrscht, bleibe abzuwarten, sagte Daniela Fiege.
Zur Erinnerung: Das OVG hatte eine jahrzehntealte Rechtsprechung des eigenen Hauses gekippt. In einem Musterverfahren gegen die Stadt Oer-Erkenschwick stellten die Richter klar, dass die Stadt zu hohe Abwassergebühren berechnet hatte - und zwar um rund 18 Prozent. Das OVG erklärte, dass bei den Berechnungen der Gebühren - und damit den anfallenden Kosten für den Betrieb der Abwasserkanäle - mit einem zu hohen Zinssatz gearbeitet und der Inflationsausgleich doppelt berechnet wurde.
Kommunen kalkulieren neu
Landesweit prüfen die Kommunen nun, in welcher Form sie von dem Urteil betroffen sind und stellen neue Kalkulationen auf. Das gilt natürlich auch für Lünen, wo schon seit Wochen die betriebswirtschaftlichen und bilanziellen Auswirkungen des OVG-Urteils unter die Lupe genommen werden.
Wie SAL-Finanzexperte Andreas Buschjost in der Verwaltungsratssitzung am Dienstag sagte, schrumpfe der Jahresüberschuss 2022 bei niedrigeren Gebührensätzen von ursprünglich eingeplanten 6,4 Millionen Euro auf nur noch 3 Millionen Euro. Von denen würden dann nur noch 100.000 Euro in die städtische Haushaltskasse fließen. Zum Vergleich: Im Geschäfts- und Wirtschaftsjahr 2021 hatte SAL einen Gewinn von rund 5,9 Millionen Euro erwirtschaftet, von denen rund 2,2 Millionen Euro an die Stadt flossen.
Stadt Lünen verliert Geld
Das heißt, dass der Stadt Lünen auf den ersten Blick rund 2 Millionen Euro verloren gingen. Hierbei sei laut Andreas Buschjost aber zu berücksichtigen, dass die Stadt auch von niedrigeren Gebührensätzen profitiere. Die dafür zu veranschlagende Summe bezifferte der SAL-Finanzexperte mit rund einer Million Euro. Damit bliebe unter dem Strich ein Minus von einer Million Euro.
Einigkeit herrschte im SAL-Verwaltungsrat darüber, dass sich die Stadt dieses Geld auf anderem Wege von ihren Bürgerinnen und Bürgern wiederholen wird. Ähnlich hatte sich Stadtsprecher Daniel Claeßen schon im Mai im Gespräch mit unserer Redaktion geäußert: „Die Folge (des Urteils, Anm. d. Red.) werden vermutlich geringere Abwassergebühren sein. Gleichzeitig wird der handelsrechtliche Jahresüberschuss sinken und damit auch die Gewinnausschüttung des SAL an den Haushalt der Stadt Lünen. Damit fehlen Erträge im städtischen Haushalt, die zum Beispiel über eine Erhöhung der Grundsteuer B aufgefangen werden müssen, wenn keine andere Konsolidierungsmöglichkeit wie zum Beispiel die Reduzierung von freiwilligen Leistungen möglich ist.“
13 Millionen Euro in 10 Jahren
Nach früheren SAL-Angaben handelt es sich bei den jährlichen Zahlungen an die Stadt Lünen um Zins- und Tilgungszahlungen für ein dem SAL bei seiner Gründung im Jahr 2004 gewährten Trägerdarlehens für die Bereitstellung des Kanalnetzes durch die Stadt von rund 65 Millionen Euro. Ende 2021 betrug dieses Darlehen noch 23,1 Millionen Euro.
Alles in allem flossen vom Jahr 2013 an bis heute exakt 13.031.506,71 Millionen Euro von SAL in den städtischen Haushalt. Das waren durchschnittlich 1.303.150,67 Euro pro Jahr. Wie aus der nachfolgenden Übersicht hervorgeht, sind die Zahlungen (immer fürs Vorjahr, Anm. d. Red.) über die Jahre deutlich gestiegen:
- 2013: 845.638,64 Euro
- 2014: 900.000,00 Euro
- 2015: 900.000,00 Euro
- 2016: 900.000,00 Euro
- 2017: 1.100.000,00 Euro
- 2018: 1.400.000,00 Euro
- 2019: 1.400.000,00 Euro
- 2020: 1.400.000,00 Euro
- 2021: 2.000.000,00 Euro
- 2022: 2.185.868,07 Euro
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
