Wie ein Lüner seine Depressionen in den Griff bekam

Buch über Burn-Out

Burn-Out und Despressionen: Über psychische Krankheiten wird kaum gesprochen, obwohl sie zahlreiche Menschen betreffen. Das weiß auch der Lüner Len Mette. Er selbst war wegen Burn-Out in einer Klinik und verarbeitete seine Erfahrungen - indem er ein Buch darüber schrieb.

LÜNEN

, 24.07.2017, 12:12 Uhr / Lesedauer: 3 min
Len Mette schreibt in seinem Buch "Burn-Out oder voll Banane?!" über seine Krankheit, die Zeit in der Klinik und was er daraus gelernt hat.

Len Mette schreibt in seinem Buch "Burn-Out oder voll Banane?!" über seine Krankheit, die Zeit in der Klinik und was er daraus gelernt hat.

Wie schwierig war es für Dich über das Thema Burn-Out ein Buch zu schreiben? 

Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht, ob ich das Buch veröffentlichen soll. Mir war es aber wichtig, das Thema öffentlich zu machen. In der Klinik hab ich viele Menschen gesehen, die sich versteckt haben. Es ist schrecklich, dass man heutzutage nicht offen über diese Krankheit sprechen kann.

 

Wie haben die Depressionen deinen Alltag verändert?

Das war ein schleichender Prozess. Und das macht die Sache so tückisch. Es fing an mit körperlichen Wehwehchen, Müdigkeit und schlechter Laune. Dann hab ich mich zurückgezogen und wurde antriebsloser, bis ich meinen kompletten Lebensweg infrage gestellt habe.

 

Wie bist du mit dem Thema umgegangen?

Meine Familie und Freunde haben gemerkt, dass ich mich verändert habe. Mir war ja selbst klar, dass irgendwas nicht stimmt. Doch ich habe mir selbst gesagt, es ist eine Phase und alles regelt sich von allein. Erst als die Diagnose da war, kam die lange Phase der Krankheitsakzeptanz.

 

Gab es einen Zeitpunkt, an dem du gemerkt hast, dass du professionelle Hilfe brauchst?

Eines Morgens war ich im Büro und habe ein Kribbeln in Armen, Beinen und Lippe gespürt. Ich war nicht mehr in der Lage mit meinem Job als Projektleiter anzufangen. Schnell habe ich mich bei einem Arzt wieder gefunden. Die Diagnose: Burnout. Es hat dann noch fünf Wochen gedauert bis ich einen Platz in einer Klinik gefunden habe.

 

Hast du in der Zeit andere Hilfe bekommen?

Leider nicht. Das ist das Tragische am System, welches völlig überlastet ist. Ich habe fünf Wochen auf meiner Couch gesessen und ins Leere gestarrt. Es ist schwer, wenn jemand krank ist und so lange keine Hilfe bekommt.

 

Dann bist du in eine Klinik gegangen. Wie war es dort für dich?

Ganz anders als erwartet. Ich war in einer Privatklinik. Das war wie eine Mischung aus Hotel, Businesscenter und Krankenhaus. Man ist ganz normal mit mir umgegangen. Dann begannen zehn Wochen mit täglich acht Stunden Therapieprogramm.

 

Wie hat sich dein Bild von psychischen Erkrankungen in der Klinik verändert?

Es setzt eine Entwicklung ein, in der man hinter die Kulissen schaut und beginnt vieles zu verstehen. Ich bin mit allen Klischees in diese „Klapse“ gegangen und bin eines Besseren belehrt worden. Viele Patienten sind nicht die klassischen Verlierer, sondern echte Leistungsträger unserer Gesellschaft.

 

Nach zehn Wochen in der Klinik: Hattest du das Gefühl, du bist geheilt?

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube zu denken, man kommt aus der Klinik und ist komplett geheilt. Eine Neigung zu Depressionen ist nicht heilbar, aber gut händelbar, wenn man weiß wie. Beim Aufenthalt hab ich gelernt, zu wissen wie die Krankheit sich anbahnt und was ich tun muss.

 

Was machst du jetzt anders als in der Zeit vor dem Klinikbesuch?

Ich habe meine Perspektive in vielen Dingen geändert. Was mich vorher gesteuert hat, ist Angst und ein gewisser Anspruch an mich selbst. Wir bewegen uns gedanklich immer viel in der Zukunft oder hadern mit der Vergangenheit, aber wir sind nie im Hier und Jetzt. Wir verpassen eine ganze Menge, indem wir Angst vor Dingen haben, die noch gar nicht geschehen sind und vermutlich auch nicht geschehen werden.

 

Hast du Angst, dass die Krankheit wieder zurückkommt?

Die Ängste waren da, als ich aus der Klinik kam. Plötzlich soll man wieder alleine klar kommen. Doch die Sicherheit steigt von Woche zu Woche. Jetzt, zwei Jahre später, ist nichts anders bei mir, außer das ich durch viele Erfahrungen reicher geworden bin. Ich hab keine Angst mehr vor der Angst.

 

Mit welchen Vorurteilen musstest du kämpfen?

Manche Freunde haben mich misstrauisch angeguckt, wenn man einen Tag nicht lächelt. Es gab auch vereinzelt Menschen mit Berührungsängsten. Hauptsächlich hat man mit dem Vorurteil der eingeschränkten Leistungsfähigkeit zu kämpfen. Ich bin jetzt deutlich leistungsfähiger als vorher, weil ich nicht mehr so viel Energie darauf verwende, Angst zu haben. Ich arbeite erfolgreicher als vorher, mache erfolgreicher Musik. Mich hat die Zeit bereichert.

 

Ist das nicht gefährlich, jetzt wieder so viel Energie in die Karriere zu stecken?

Es sieht aus wie ein Widerspruch, ist aber keiner. Achtsamkeit bedeutet nicht, passiv zu sein. Im Gegenteil. Ich tue jetzt mehr Dinge mit deutlich weniger Angst. Mir geht’s daher deutlich besser als vorher trotz mehr Output. Es ist ein Klischee, dass jemand, der so eine Krankheit hat, nicht mehr fähig ist, was zu leisten.

„Burn-Out oder voll Banane“ von Len Mette ist im DerFuchs-Verlag erschienen. ISBN: 978-3-945858-30-1. Es kann online und im Buchhandel erworben werden.