
© Günter Blaszczyk
Was Kino und Streaming-Dienste mit Wiener Schnitzel zu tun haben
Kinofest
Acht Monate Schließung - das bedeutete für Kinos nicht nur Null Einnahmen, sondern auch Konkurrenz durch Streamingdienste. Was das mit Wiener Schnitzel zu tun hat, hörte man in der Cineworld.
Einen Besucherrekord verzeichnete die Cineworld im Jahr 2019. Ein Jahr danach dann Corona, Lockdowns und insgesamt acht Monate Schließung. „Als wir unser Rekordjahr hatten, gab es auch schon Streamingdienste wie Netflix. Wir haben festgestellt, dass die Leute, die das nutzen, trotzdem auch oft ins Kino gehen. Ich habe keine Angst vor Streamingdiensten“, sagte Lutz Nennmann, einer der beiden Betreiber der Cineworld.
Anlass war eine Diskussionsrunde für die Branche beim 31. Kinofest. Es ging um Perspektiven für die Ko-Existenz von Kino und Streaming. „Streamingdienste sind eher untereinander Konkurrenz als für uns, auch wenn man bedenkt, dass die wenigsten Filmfans eine so große Leinwand wie wir im Kino zuhause haben“, so Nennmann.
Was für ihn den Unterschied ausmacht, verdeutlichte Nennmann mit einem kulinarischen Beispiel: „Wenn man sich zuhause ein Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gurkensalat kocht, das ist Netflix. Geht man in ein schönes Restaurant mit tollem Service und isst dort ein Schnitzel - das ist Kino.“

Lutz Nennmann, Kinobetreiber und Kinofest-Veranstalter, verglich Kino und Streaming mit Wiener Schnitzel. © Im Kino 3 diskutierten Experten
Ein Problem für Kinobetreiber seien die Diskussionen über immer kürzere Zeitfenster, in denen die Filme im Kino exklusiv ausgewertet werden. Normalerweise waren es 120 Tage, bis die Filme als DVD oder auf Streamingdiensten angeboten wurden. In der Pandemie wurde das Zeitfenster immer kleiner. Zuletzt wurde sogar der neue James Bond nach nur 31 Tagen in den USA nicht nur in Kinos gezeigt.
Großartiges Erlebnis
Ein Plädoyer fürs Kino hielt auch die neue künstlerische Leiterin des Lüner Kinofests, Sonja Hofmann: „Wenn ich hier Filme auf dieser großartigen Leinwand sehe, was ist das für ein großartiges Erlebnis.“ Da stimmte ihr Produzentin Anita Elsani zu: „Man erlebt auf der Leinwand eine andere Emotionalität als auf einem Laptop.“
Die Cineworld arbeitet auch mit „Video on Demand“ zusammen, denn während der Zwangs-Schließung im Lockdown half die Aktion, im Gespräch zu bleiben, „in einer Zeit, in der Kino und Kultur von der Politik ausgeblendet wurde“, so Nennmann. Man müsse sich auch als Kinobetreiber weiter entwickeln.
Eine enge Koppelung zwischen Kino und Streaming sieht Benjamin Bach von Sky Deutschland: „Die Lizenzgebühren für die Filme leiten sich von den Besucherzahlen in den Kinos ab, deshalb ist der Erfolg eines Films im Kino sehr wichtig.“ Zudem bekämen die Filme auch Werbung durch die Kinos und Verleiher. Bach: „Die Lokomotive der Wertschöpfungskette ist das Kino und wir wissen auch, was wir am Kino lieben.“
Dass sich die Corona-Zeit auch in Zukunft auf die Umsätze der Kinos auswirken wird, vermutete Moderator Torsten Zarges, Chefreporter eines Online-Magazins: „Durch den Lockdown gab es Null Umsatz. Man vermutet, dass auch nach Corona der Umsatz um mindestens 10 bis 20 Prozent gegenüber 2019 sinken wird.“ Selbst der lang erwartete neue James Bond sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Würden gern mehr Seelenfutter auf die Leinwand bringen
Kritik übte Lutz Nennmann an der in Deutschland üblichen Trennung zwischen Arthouse und Mainstream bei Filmen. „Zum Kinofest kommen Besucher zu uns, die unterjährig nicht unbedingt kommen. Wir würden auch außerhalb des Kinofestes gerne manches Seelenfutter auf die Leinwand bringen, doch es läuft leider nicht.“ Ein Arthouse-Saal musste nach zwei Jahren wieder geschlossen werden, weil er nicht ankam.
Angst habe man nicht vor den Streamingdiensten, so Nennmann, nur dürften sie nicht zu früh nach Kinostart die Filme vermarkten. Das oft vorhergesagte Ende der Kinos sieht er nicht - da war er sich mit den anderen Diskussions-Teilnehmern einig. Denn ohne Kino gäbe es auch keine Streamingdienste.
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
