Vertonung zum Abschluss Was zwei bekannte DJs an Stummfilmen reizvoll finden

Vertonung zum Abschluss: Was zwei bekannte DJs an Stummfilmen reizvoll finden
Lesezeit

Stummfilme zu vertonen ist schon seit fast 20 Jahren ein Trend in der Musik. Dass sich DJs mit den Filmen aus den 20er- und 30er-Jahren beschäftigen, ist aber noch nicht alltäglich. Die Veranstalter des Kinofests und die künstlerische Leiterin Sonja Hofmann entschieden sich für die Abschluss-Veranstaltung, dieses Experiment den Zuschauern zu bieten. Die beiden bekannten DJs Tobias Thomas und Phillip Jondo vertonten den Stummfilm „Menschen am Sonntag“ aus dem Jahr 1929. Später weltbekannte Filmemacher wie Billy Wilder oder Fred Zinneman hatten Berliner bei ihrem Wochenend-Vergnügen gefilmt.

Thomas war von der Kölner Philharmonie gefragt worden, ob er Künstler kenne, die live Stummfilme vertonen. Am Ende erkundigte man sich, ob er es nicht selbst übernehmen wolle. „Ich sagte, ich bin DJ und kein Musiker. Dann hab ich Philipp gefragt, der wie ich aus der elektronischen Musik kommt, ob er mitmachen würde.“

Alles vorbereitet

Ihr Plan wurde umgesetzt: „Wir bereiten alles vor, modulieren aber live im Kinosaal mit verschiedenen Effekten, um bestimmte Stimmungen im Film zu untermalen.“ Ausgewählte Musik aus dem Film bleibt wie sie war. „Ich hatte schon in Amsterdam einen Stummfilm vertont mit eigenen Musik. Es war ein zwei Stunden langer Film und ich hatte nur eine Woche Produktionszeit“, erzählt Jondo. Das sei sehr anstrengend gewesen, die Aufgabe fürs Kinofest dagegen habe er als befreiend empfunden: „Wir durften etwas mit Musik fremder Leute machen.“

Die beiden DJs bauten verschiedene Musik aus verschiedenen Zeiten ein, konnten viele künstlerische Perspektiven einarbeiten. Das große Spektrum an Zutaten, Farben und Klängen machte es möglich, auch Musik aus den 20er-Jahren, in dem der Film gedreht wurde, einzubauen. Thomas: „Wir haben versucht, dem demokratischen Charakter des Films gerecht zu werden. Wenn in Szenen mit einer Protagonistin, die Schallplattenverkäuferin ist, einen Plattenspieler zeigen, ertönt der Originalton.“

Nachdem die Preisträger, Juroren und Verantwortlichen des Kinofests sich zum Gruppenfoto versammelt hatten, starteten die DJs.
Nachdem die Preisträger, Juroren und Verantwortlichen des Kinofests sich zum Gruppenfoto versammelt hatten, starteten die DJs. © Günter Blaszczyk

Derzeit haben die beiden DJs bereits ein Repertoire von drei Stummfilmen neu vertont. Der in Lünen gezeigte Film sei, so Thomas, auch eine Art Sozialreportage, gemischt mit Spielfilmelementen. „Das war für uns eine Herausforderung. Ein Freund meinte schon, unsere Musik sei der Klebstoff, der alles zusammenhält.“ Für Jondo war die Neu-Vertonung ebenfalls eine Herausforderung: „Dem ganzen Charakter zu geben, war nicht leicht.“

Die beiden DJs schrieben ihr eigenes Drehbuch für die Musik und Szenenfolgen für die Musikstücke. Nicht immer sei sofort klar gewesen, wo eine Szene endet und die nächste beginnt. Das war dem Konzept des Films mit mehreren Regisseuren geschuldet.

Re-Live: Preisverleihung Kinofest Lünen: Wir haben mit dem Preisträger gesprochen

Filmemacher zeigen in Lünen die Suche nach der Vergangenheit und nach Liebe: Wettbewerb

Lüdia-Sieger von 2018: So wichtig war der Lüner Preis für die Arbeit von Florian Heinzen-Ziob