Trinkwasser-Entgelt: Lüner verklagen Stadtwerke
Umstrittenes System
Vor wenigen Tagen haben die Lüner Stadtwerke die Jahresabrechnungen für 2016 verschickt – mit dem umstrittenen neuen Systementgelt für Trinkwasser. Das steht bald vor Gericht auf dem Prüfstand, denn drei Klagen von Lünern liegen bereits vor. Was es mit dem Entgelt auf sich hat - und wie sich die Stadtwerke dazu äußern.

Drei Klagen von Lünern sind beim Amtsgericht anhängig. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. „Zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung werden noch Schriftsätze gewechselt“, erklärte Amtsgerichts-Direktor Dr. Niklas Nowatius am Dienstag auf Anfrage.
28,89 Euro pro Jahr verlangen die Stadtwerke seit 2016 pro Wohn- und Gewerbeeinheit zusätzlich zum Verbrauchs- und Grundpreis für Trinkwasser. Das rief heftigen Protest hervor, vor allem beim Verband für Wohneigentum. Gleichzeitig unterzeichneten über 500 Bürger eine Eingabe an die Stadt. An der Einführung des Entgeltes änderte das nichts.
Bundesweit einzigartig
Der Lüner Rechtsanwalt Dr. Andreas Strecker will mit der im Namen seiner Mandanten eingereichten Klage feststellen lassen, „dass die Einführung des Systementgelts unwirksam ist.“ Neben Grundpreis und Verbrauchspreis hätten die Stadtwerke Lünen das Systementgelt als dritte Komponente eingeführt.
„Wie es in Lünen gemacht wurde, ist es bundesweit einmalig. Andere Städte haben in bis zu 15 Nutzergruppen differenziert“, so Strecker.
Die Stadtwerke hatten das neue Preismodell damit begründet, dass der Wasserverbrauch sinke, die Fixkosten für die Unterhaltung des Netzes aber gleich blieben. Deshalb habe man den Anteil der Kunden an den Festkosten erhöht.
Mehrfamilienhäuser stärker belastet
Das Systementgelt belastet Bewohner von Mehrfamilienhäusern etwas stärker als Eigenheimbesitzer. Laut der Stadtwerke ein gewollter Effekt, da der Anteil der Einfamilienhäuser an den Fixkosten ohnehin höher liege.
„Sozial unausgewogen“ lautete die Kritik des Kreisverbandes Lünen-Selm im Verband für Wohneigentum. Vorsitzender Otto Korte sieht sich durch aktuelle Jahresabrechnungen der Stadtwerke bestätigt, wie er mitteilte. Laut Korte wirkt sich das Systementgelt auf die Gesamtrechnung so aus: „Bei einem Verbrauch bis 300 Kubikmeter Trinkwasser im Jahr steigt der Preis pro Kubikmeter um ca. 8 Prozent, bei geringeren Verbräuchen kann die Steigerung bis zu 14 Prozent pro Kubikmeter ausmachen.“
Hinweis auf Schlichtung
Korte kritisiert, in den Jahresabrechnungen der Stadtwerke fehlten Erläuterungen zum Systementgelt und „jegliche Rechtsbelehrung für den Bereich Trinkwasser.“ Die Rechtsbelehrung beziehe sich allein auf Strom und Gas.
Die Stadtwerke erklärten dazu, da man keine Gebühren erhebe, gebe es eine Rechtsbehelfsbelehrung weder zu Strom und Gas noch zu Trinkwasser, sondern einen Hinweis auf die Schlichtungsstelle Energie. Das sei eine Stelle für Schlichtungsverfahren aus den Bereichen Strom und Gas. Für Trinkwasser sei sie nicht zuständig, somit erübrige sich auch ein Hinweis darauf.
Zum den konkreten Klagen wollen sich die Stadtwerke nicht äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele. Man habe im Vorfeld ausführlich informiert.
Stadtwerke widersprechen dem Verband
Bei der Berechnung der Trinkwasserpreise widersprechen die Stadtwerke Lünen dem Verband für Wohneigentum aber. Nach Angaben der Stadtwerke werden nach dem neuen Preissystem – einschließlich des umstrittenen Systementgelts – bei einem Verbrauch von 300 Kubikmetern 656,98 Euro berechnet, das entspreche 2,19 Euro pro Kubikmeter.
Nach dem alten Preissystem seien es 631,98 Euro (2,11 Euro pro Kubikmeter) gewesen. Die Differenz von 25 Euro jährlich oder 8,333 Cent pro Kubikmeter entspreche einer Preiserhöhung um 3,96 Prozent. Die Stadtwerke informieren auch im Internet über das Systementgelt' type='' href='http://www.stadtwerke-luenen.de/privatkunden/trinkwasser/systementgelt/.
Die Statistische Landesamt hat die Preise für Trinkwasser und Abwasser 2016 verglichen.
Lünen ist danach die günstigste Stadt im Kreis Unna mit 1,53 Euro pro Kubikmeter Trinkwasser und 2,47 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser. Der Kreisdurchschnitt liegt bei 1,71 bzw. 3,14 Euro.
Beim Trinkwasser sind aber nur die reinen Verbrauchskosten berücksichtigt, nicht die Festkosten wie der Grundpreis und das Systementgelt.
Die Stadtwerke hatten vor Einführung des Systementgeltes hochgerechnet, dass eine Familie mit 180 Kubikmeter Jahresverbrauch etwa 30 Euro mehr im Jahr zahlt.