Traum vom Haus im Grünen wird für Lüner über Nacht zum Alptraum

© Sylvia vom Hofe

Traum vom Haus im Grünen wird für Lüner über Nacht zum Alptraum

rnGewerbe auf Maisacker

Ein eigenes Haus im Grünen: Für das Lüner Ehepaar Mentrup ist ein Traum wahr geworden - jetzt ein Alptraum. Denn zum Einzug erfuhren sie: Vor der Haustür soll ein Gewerbegebiet entstehen.

Lünen

, 06.08.2021, 20:12 Uhr / Lesedauer: 2 min

Zwischen Wohnglück und -Katastrophe liegen nur wenige Tage. Und ein Einschreiben. Dieser Brief mit Rückschein hat alles anders gemacht für Michael Mentrup (49) und seine Frau. Gerade hatten die beiden noch gedacht, das große Los gezogen zu haben mit ihrem Haus im Grünen, das sie gerade gekauft haben. Jetzt droht es, sich als Niete zu entpuppen. Wegen eines Nachbarn, mit dem die zwei nicht gerechnet haben.

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Dreihausen. So heißt die kleine Sackgasse, die kurz vor der Dortmunder Stadtgrenze von der Kurler Straße abzweigt. Drei Häuser stehen da, deshalb der Name. Das Einschreiben hatte niemand von den Bewohnern verschickt. Absender ist ein Unternehmen: die Harpen Immobilien GmbH. Deren Geschäftsführer Franz-Josef Peveling hat auch die anderen Anwohner angeschrieben. Schon die Betreffzeile ließ ihnen das Papier in der Hand zittern: „Lünen, Klöters Feld - Gewerbeflächenentwicklung“.

„Ich hatte die Auskunft, dass hier nicht gebaut werden wird“

„Ich habe das erst gar nicht verstanden“, sagt Mentrup und schüttelt immer noch ungläubig den Kopf. „Wir möchten mit Ihnen unsere Initiative zur baulichen Entwicklung eines neuen Gewerbestandortes Klöters Feld - im Zusammenhang mit dem schon im Bau befindlichen Autobahnvollanschluss - gerne vorstellen“, war da zu lesen. Gewerbefläche? Mentrup zückt sein Smartphone und zeigt einen Ausschnitt des Flächennutzungsplans: alles grün. „Der Acker vor der Haustür, der jetzt angeblich Gewerbefläche werden soll, ist da als landwirtschaftliche Fläche dargestellt“, sagt er. Danach habe er sich vor dem Hauskauf extra erkundigt. Wo? „Bei der Stadt Lünen.“

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Was er da nicht erfahren hat: Der Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) hatte die Fläche bereits als mögliche Gewerbefläche vorgesehen. Im Gewerbeflächenkonzept der Stadt Lünen, ein zuletzt Anfang 2019 überarbeitetes Papier, taucht die Fläche auch auf. Davon hat Mentrup noch nie etwas gehört. Und selbst wenn er das Dokument im Internet gefunden hätte, wäre er kaum nervös geworden, vielleicht hätten ihn die Aussagen da sogar beruhigt.

Gewerbeflächenkonzept: „Entspricht nicht den Zielen der Stadt“

In dem Konzept ist nämlich nachzulesen, dass die im Regionalplan vorgesehene Ansiedlungsfläche für Gewerbe und Industrie aus Sicht der Stadt Lünen gar nicht günstig sei, eher im Gegenteil. „Der ungünstige Zuschnitt der

Fläche, die vorhandenen Wohnnutzungen, das Biotop“ seien eher hinderlich. Unterm Strich: Die Empfehlung des RVR „entspricht jedoch nicht den Zielen der Stadt Lünen, die hier weiterhin die Darstellung von Allgemeinen Siedlungsbereich vorsieht“. Davon, dass Harpen Eigentümer ist, steht übrigens nichts. Vielmehr werden „diverse Privateigentümer“ genannt.

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Das Problem, „diverse Privateigentümer“ unter einen Hut zu bringen stellt sich nicht. Ein anderes ebenso wenig: Die Stadt Lünen brauchte selbst nicht aktiv zu werden. Planung, Erschließung, Bau, Vermarktung - alles bliebe in einer Hand: bei Harpen. Zig Millionen Euro will das Unternehmen in Lünen investieren. Mentrup reibt sich die Augen. Gegenüber solcher Summen, sagt er, spiele sein in den Sand gesetztes Vermögen wohl keine Rolle: rund 500.000 Euro. Wie viel sein gerade erworbenes Haus noch wert sein wird, wenn erst einmal die Gewerbehallen vor der Haustür stehen? „Nicht einmal mehr die Hälfte“, befürchtet er. Denn wer wolle schon „mit einem Gewerbegebiet vor der Nase wohnen“.

Werden Politiker und Politikerinnen helfen?

Dass er in ein Dreieck zwischen Kurler Straße, Autobahn und Bahntrasse gezogen sei und im Hintergrund auf die Dortmunder Müllkippe blicke, wisse er ja, sagt Mentrup. „Aber gleichzeitig in ein kleines grünes Idyll“, wie es das nur im Ruhrgebiet gibt: mit Rehen, Vögeln und Amphibien im Garten. „Das ist hier mein Traum“, sagt er und ergänzt „gewesen“.

Am Freitag (6. 8.) war es Mentrup, der Briefe verschickt hat: an Lüner Politikerinnen und Politiker. Er will wissen, ob von ihnen Unterstützung zu erwarten ist im Kampf gegen diesen Alptraum.