Der Personalrat der Stadtverwaltung Lünen (hier ein Symbolbild) liegt mit Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns quer. Das Verwaltungsgericht ist eingeschaltet. Der Bürgermeister sieht sich ins falsche Licht gesetzt.

© dpa/lünen

Lüner Stadtspitze verteidigt sich: Kritik nur verschoben statt gelöscht

rnStreit im Rathaus

Erst wollte sich die Lüner Stadtspitze gar nicht äußern zum Rechtsstreit mit dem Personalrat. Jetzt bricht sie doch ihr Schweigen. Sie sieht sich in ein falsches Licht gerückt - zu Unrecht.

Lünen

, 17.03.2022, 09:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Lüner Personalrat gegen Bürgermeister: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat seit dem 7. März diesen Fall vorliegen. Der Vorwurf: Eine kritische Stellungnahme des Personalrats sei nach wenigen Tagen aus dem städtischen Intranet verschwunden. So teilte es der Sprecher des Verwaltungsgerichts auf Anfrage mit.

In dem Text hatte der Personalrat seinem Unmut über Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns deutlich Luft gemacht: „Kolleginnen und Kollegen in der Öffentlichkeit Fachwissen abzusprechen, welches unserer Meinung nach unbestritten vorhanden ist, ist unkollegial und unangemessen für einen Dienststellenleiter und für den Personalrat ein absolutes No-Go“, heißt es dort etwa. Der Verdacht: Der gescholtene Bürgermeister habe veranlasst, dass der Text dort nicht mehr für die rund 1000 Beschäftigten zu sehen sei. Eine Entscheidung in dem Rechtsstreit wird noch auf sich warten lassen. Der Gerichtssprecher rechnet nicht vor Anfang nächsten Jahres damit.

Stadtspitze sieht Sachverhalt falsch dargestellt

Personalrat und Bürgermeister hatten sich bislang nicht zu dem Rechtsstreit geäußert. Das hat sich seit der Berichterstattung darüber geändert. Am Mittwochabend (16. 3.) schrieb Stadtsprecher Daniel Claeßen, dass sich „die Stadt“ gezwungen sehe durch die angeblich „falsche Berichterstattung“ Stellung zu nehmen. Falsch sei es, zu behaupten, die Stellungnahme des Personalrats sei vom Bürgermeister oder anderen gelöscht worden. Claeßen erklärt in seinem Schreiben detailreich, wie es stattdessen dazu kam, dass der Text auf einmal nicht mehr da stand, wo ihn der Personalrat vier Tage zuvor veröffentlicht hatte.

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Die Arbeitnehmervertretung habe ihre fast zweieinhalbseitige Stellungnahme am 3. Februar nicht korrekt platziert im städtischen Intranet. Wie Claeßen schreibt, stand sie auf der Startseite des Intranets unter der Rubrik „Aktuelle Mitteilungen“ sowie gleichzeitig in der eigens für Informationen des Personalrats vorgehaltenen Rubrik. „Die Veröffentlichung widersprach der angestrebten Trennung zwischen dem der Dienststelle vorbehaltenen Rubrik ,Aktuelle Mitteilungen‘ und einem gesonderten Bereich für nicht unmittelbar dienststellenbezogene Rubriken sowie weitere externe Angebote.“ Wer genau korrigierend eingriff, teilt Claeßen explizit nicht mit, sondern stellt nur fest: „Entsprechend wurde die Mitteilung verschoben.“ Eine Benachrichtigung des Personalrats fand erst danach statt - durch ihn selbst.

Neue Organisation des Intranets kommt nicht gut an

„Der Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Medien informierte den Personalrat telefonisch über die Änderung. Der Stabsstellenleiter teilte dem Personalrat dabei mit, dass auf der Startseite eine zusätzliche Linkbox ,Personalrat‘ eingerichtet wird, damit die Personalvertretung weiterhin ohne weitere Klicks von der Startseite aus erreicht werden kann.“ Diese Erklärung kam bei den Verfassern der zwar nicht gelöschten, aber ungefragt aus dem Sichtfeld verschobenen Stellungnahme gar nicht gut an.

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Der Personalrat selbst äußert sich wie zuvor schon nicht zu dem Vorgang, aber Claeßen: „Der Personalrat war mit der neuen Organisation innerhalb des Intranets nicht einverstanden“, schreibt er. Am 17. Februar habe die städtische Mitarbeitervertretung das allen Mitarbeitenden der Verwaltung über ihre dienstliche Mailadresse mitgeteilt.

Im Rathaus der Stadt Lünen herrscht dicke Luft zwischen Stadtspitze und Personalrat.

Im Rathaus der Stadt Lünen herrscht dicke Luft zwischen Stadtspitze und Personalrat. © Goldstein (A)

Am 1. März sei die Ankündigung gefolgt, die Änderungen durch eine externe Anwaltskanzlei juristisch klären zu lassen und bis dahin die Beschäftigten zusätzlich per E-Mail zu informieren. „Ohne Gelegenheit zu geben, auf die vermeintlichen juristischen Vorwürfe außergerichtlich einzugehen, hat der Personalrat Klage erhoben“ - fast einen Monat nach dem Verschieben, das kein Löschen war.

Vorschlag der Stadtspitze: „Außergerichtliche Klärung nachholen“

Die Stadtspitze will nicht warten, bis das Gericht entschieden hat. Sie schlägt vor, „dass die Dienststelle und der Personalrat die außergerichtliche Klärung nachholen. Dabei können – wenn nicht lediglich ein Missverständnis bezüglich des Sachverhalts vorliegt – auch etwaige Rechtsfragen erörtert werden“, so Claeßen. Falls die Darstellung im Intranet der Auslöser für die Klage ist, „sei der Bürgermeister mit seiner Stadtverwaltung offen für Gespräche über eine angemessene Darstellung im Intranet“.

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Ob und inwieweit „der Bürgermeister mit seiner Stadtverwaltung“ auch offen ist, sich mit dem kritischen Inhalt der verschobenen Stellungnahme auseinanderzusetzen, bleibt in Claeßens Richtigstellung zu dem Streit offen. Der Personalrat hatte den Führungsstil des Bürgermeisters und seiner „streitbaren Vorgehensweise“ im Haushaltsstreit gerügt - mit Recht, wie die Kommunalaufsicht des Kreises Unna inzwischen festgestellt hat. Auf die Beförderung eines einzelnen Spitzenbeamten trotz gegenteiligen Votums des Stadtrates zu pochen war laut Aufsichtsbehörde genauso falsch wie die daraus resultierende Beanstandung des städtischen Haushalts 2022. Bei der fraglichen Stellenbeschreibung hatte sich der Personalrat durch die Stadtspitze übergangen gesehen - genauso wie offenbar jetzt bei der Neuorganisation des Intranets. Die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit dem Bürgermeister, die sich die Personalvertretung in ihrer Stellungnahme gewünscht hatte, sieht anders aus.

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