
© Sylvia vom Hofe
Etwas mehr Einsicht wäre angebracht, Herr Bürgermeister
Meinung
Zwei Juristen, drei Meinungen: ein alter Juristen-Witz. Zum Lachen reizt er in der Lüner Politik aber niemanden. Der Rechtsstreit zwischen Rat und Bürgermeister gleicht einer Tragödie.
Wer austeilen kann, muss auch einstrecken können. Das eine kann Jürgen Kleine-Frauns, bei dem anderen bleiben Zweifel.
Der Bürgermeister von Lünen hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt Ende vergangenen Jahres. Es ging um die strittige Beförderung eines Spitzenbeamten. Die Rechtslage sei eindeutig. Handlungsspielraum gebe es nicht. Und der Stadtrat, der sich nicht fügen wollte, handele rechtswidrig: ein Verhalten zum Schaden der Stadt. Den gewählten Volkvertretern empfahl er, sich doch im Kommunal- und Verwaltungsrecht fortzubilden. Jetzt der Paukenschlag: Nicht der Jurist Kleine-Frauns hat in der Auseinandersetzung von der Kommunalaufsicht Recht bekommen, sondern der vom Bürgermeister gescholtene Stadtrat.
Deshalb muss der Bürgermeister nicht in Sack und Asche gehen. Er muss auch nicht die Entscheidung jubelnd preisen. Schmallippig zu erklären, dass er „immer noch die bisherige Rechtsauffassung der Verwaltung“ vertrete, wirkt aber doch störrisch und ignorant. Ein Vorbild für Bürgerinnen und Bürger, die oft auch Kröten schlucken müssen in Auseinandersetzungen mit Behörden, ist das nicht. Eine gute Basis, um mit dem Stadtrat an einem Strang zu ziehen zum Wohle der Stadt, wohl auch nicht. Aber das muss nichts heißen: Juristen sind ja ja immer für eine Überraschung gut.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
