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Lüner Kinochef ist wütend: Vollgestopfte Züge in Corona-Zeiten
Kein Abstand
Überfüllte Züge in Corona-Zeiten - das gibt es auch außerhalb von Lokführer-Streiks. Ein solches Erlebnis hatte der Chef des Lüner Kinos. Und ist darüber gerade als Kino-Betreiber wütend.
Lutz Nennmann ist sauer und zwar richtig. Was er vor kurzem mit der Deutschen Bahn erlebt hat, macht ihn fassungslos. Als Bürger aber auch als Verantwortlicher für die Lüner Cineworld, die er zusammen mit Meinolf Thies betreibt.
Nennmann, der in Schleswig-Holstein unweit von Hamburg lebt, ist seit vielen Jahren treuer Kunde der Deutschen Bahn. Wenn er zu den Kinos in NRW fährt, die er mit Thies betreibt, dann fast immer per Zug. Das ist nicht nur in Corona-Zeiten eine reine Freude angesichts von Verspätungen. Oder wie derzeit mit dem Streik der Lokführer-Gewerkschaft.
Aber schon kurz bevor die GDL zum Streik aufrief, erlebte Nennmann eine besondere Zugfahrt, die allen Abstandsregeln und Vorsichtsmaßnahmen während der Pandemie widerspricht. Das Ganze passierte, als er seinen Kinostandort in Düren (Rheinland) dienstlich besuchte.
Luft im Zug war stickig und verbraucht
„Um von Düren nach Hamburg zu kommen, musste ich in Köln umsteigen. Der Intercity, den ich dort in letzter Minute vor Abfahrt bestieg, war mit Menschen überfüllt. Sogar in den Gängen standen und saßen Fahrgäste herum, weil sie keine Plätze mehr fanden, in der 1. wie auch in der 2. Klasse. Die Luft war stickig und verbraucht. Das Zugbegleitpersonal hinderte die weitere Menschenmenge auf dem Bahnsteig nicht daran, auch noch zuzusteigen“, schildert Nennmann unserer Redaktion.

Die beiden Cineworld-Chefs Lutz Nennmann (l.) und Meinolf Thies - hier auf den D-Box-Motion-Sitzen - achten in ihren Kinos auf den Abstand. Und ärgern sich, dass das bei der Bahn nicht der Fall ist. © Beate Rottgardt (A)
Als er die Lage im Zug sondiert hatte, waren die Türen bereits geschlossen, der Zug fuhr an und er kam nicht mehr raus, denn das wäre sein Ziel gewesen, selbst wenn er in Köln ein oder zwei Stunden auf einen anderen Zug hätte warten müssen, der in Corona-Zeiten akzeptable Zustände geboten hätte.
Dieses Erlebnis ärgerte den zweifachen Familienvater umso mehr, als er in den Kinos, die er mit Meinolf Thies betreibt, akribisch auf die Abstandsregeln achten muss. Diese Abstandsregeln lassen nur eine Auslastung von maximal ca. 30 Prozent zu. „So wirtschaftlich zu arbeiten ist schwer. Denn gefühlt belegt eine Familie mit den ganzen ringsherum freizulassenden Plätzen die Fläche einer kleinen Mietwohnung“, so Nennmann.
Dabei sei durch Untersuchungen der TU Berlin längst wissenschaftlich nachgewiesen worden, wie sicher ein Kinobesuch mit Blick auf Corona sei. Selbst dann, wenn infizierte Gäste im Saal sitzen sollten, sei das Infektionsrisiko äußert gering und - so der Kinobetreiber weiter - „so gab und gibt es keinen einzigen Fall einer Covid-Infektion, die auf einen Kinobesuch zurückzuführen ist. Extrem starke Lüftungsanlagen, es wird kaum geredet, während der Vorstellung auch nicht herumgelaufen, alle sitzen und atmen in dieselbe Richtung.“
Staat an Bahn beteiligt, nicht am Kino
Der Unterschied zwischen Bahn und Kinos sei, dass der Staat an der Bahn beteiligt ist, die groß ist, am Kinounternehmen, das klein ist, ist er es nicht. Das mindere die Staatsinteressen erheblich bis zur Ignoranz.
„Vielleicht sollten wir Bundeswirtschaftsminister Altmaier ein paar Anteile an unserer Firma zum Kauf anbieten und damit einher ginge dann eine seriöse Abstandsregelung in unseren Sälen, die weiterhin Sicherheit böte und den Gästen ein gutes Gefühl, uns aber auch die Chance auf einen wirtschaftlichen Betrieb.“
Würden die Kino-Betreiber aber unter einer Beteiligung des Staates dann so vorgehen, dass sie die Säle bis unters Dach mit Besuchern füllen würden inklusive in den Gängen sitzenden Gästen, dann wäre das eins zu eins genau das, was Nennmann bei seiner Fahrt erlebte und die Bahn „weiß Gott wie oft gemacht hat unter der schützenden Hand vom Bundesverkehrsminister und dem Bahnvorstand.“
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
