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Krankenhaus in Lünen verweigert hochschwangerer Mutter in Not Zutritt
St.-Marien-Hospital
Aus Angst um ihr ungeborenes Baby suchte eine alleinerziehendde Mutter (27) Hilfe im St.Marien-Hospital. Dort verweigerte man ihr den Zutritt, weil sie ihren Sohn (4) dabei hatte.
Kim Schimanski (27) ist immer noch ganz aufgelöst, wenn sie an den vergangenen Sonntag (12. September) denkt. Da wurde die hochschwangere, alleinerziehende Mutter aus Bergkamen „in einer Notsituation“, wie sie im Gespräch mit unserer Redaktion sagte, vom St.-Marien-Hospital „schlichtweg abgewiesen, weil ich meinen kleinen Sohn dabei hatte“.
In den Bauch getreten
Der Vierjährige hatte seiner Mutter bei einem gemeinsamen Mittagsschläfchen aus Versehen mit dem Fuß in den Bauch getreten. „Aus Angst um mein ungeborenes Baby, ich habe eine Vorderwandplazenta, habe ich im Krankenhaus angerufen und mit einer Hebamme gesprochen“, sagt Kim Schimanski weiter:
„Die Hebamme hat mir gesagt, ich solle mich auf den Weg machen und zur Untersuchung vorbeikommen.“
Da sie „auf die Schnelle niemanden“ erreichte, der sich um ihren kleinen Sohn kümmern konnte, nahm die alleinerziehende Mutter das Kind in ihrer Not mit. Mit fatalen Folgen:
„Die Dame am Empfang hat mich trotz mehrfacher Bitten einfach nicht ins Krankenhaus zur Untersuchung gelassen.“ Sie dürfe sie aufgrund der Corona-Bedingungen nicht mit dem Jungen zusammen reinlassen, habe ihr die Frau erklärt.
„Hilflos und im Stich gelassen“
Kim Schimanski fühlte sich in diesem Augenblick „hilflos und im Stich gelassen“. Mit einigen Tagen Abstand fragt sie sich immer noch: „Wie kann es sein, dass einem nicht geholfen wird und man abgewiesen wird?“
Es könne doch nicht sein, sagt die 27-Jährige Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion, dass „Leute, die keine Betreuung für ihr Kind haben, im Notfall nicht behandelt werden. Das ist ja schon unterlassene Hilfeleistung.“
Untersuchung in Unnaer Krankenhaus
Für derartige Gedanken war Sonntagnachmittag keine Zeit. Nach der Abfuhr im St.-Marien-Hospital machte sie sich ohne ihren Sohn, „den konnte ich zwischenzeitlich Gott sei Dank bei meiner Schwägerin abgeben“, auf den Weg nach Unna ins Krankenhaus. „Dort wurde ich untersucht und für ein paar Stunden zur Überwachung stationär aufgenommen.“
Krankenhaus-Geschäftsführer reagiert bestürzt
Axel Weinand, Geschäftsführer des St.-Marien-Hospitals reagierte auf Anfrage unserer Redaktion bestürzt auf den Vorfall:
„Wir hätten Frau Schimanski auch in Begleitung ihres Kindes untersuchen sollen. Es tut uns sehr Leid, wie alles aufgrund unglücklicher Umstände abgelaufen ist. Ich entschuldige mich ausdrücklich bei Frau Schimanski für diesen Vorfall, der in unserem Klinikum so nicht üblich ist.“ Das teilte Weinand der Redaktion schriftlich mit.
Unsägliche Situation
Leider sei die Kommunikation im Telefongespräch zwischen der diensthabenden Hebamme und Frau Schimanski nicht optimal gewesen, erklärte Axel Weinand:
„Mit einem kurzen Hinweis von Frau Schimanski, ob sie ihr Kind mitbringen könne, wäre es wahrscheinlich zu der für alle Beteiligten unsäglichen Situation nicht gekommen.“
Es habe sich ja gezeigt, so der Krankenhaus-Geschäftsführer, dass Frau Schimanski eine Betreuungsperson für Ihr Kind finden konnte. Das ändere jedoch nichts daran, „dass wir - rückblickend betrachtet – in dieser Situation Frau Schimanski mit ihrem Kind in die Klinik hätten lassen sollen. Dann wäre diese Situation, wie in den vielen anderen Fällen in unserem Klinikum auch, für Patientin und Kind zufriedenstellend gelöst worden.“
Persönliche Entschuldigung
Axel Weinand weiter: „Insgesamt hat dieser Vorfall in unserem Klinikum organisatorisch und emotional eine Menge ausgelöst und sollte sich in dieser Form nicht noch einmal wiederholen. Daher bin ich Frau Schimanski dankbar, dass Sie über den Vorfall berichtet hat. Es ist mir ein Bedürfnis, mich persönlich bei Frau Schimanski zu entschuldigen.“ Dem steht nichts im Wege. Gegenüber unserer Redaktion hat sich Kim Schimanski gesprächsbereit erklärt.
- Auch unter Corona-Bedingungen ist bei Notfällen unter gewissen Umständen eine Begleitung durch eine andere Person gestattet, falls es die notwendige Diagnostik oder Aufklärung erleichtert (z.B. dolmetschende Angehörige, Begleitperson bei dementen Patienten zur Beruhigung, Versorgung von Kindern, etc).
- Der umgekehrte Fall (Kind als Begleitung) ist eher selten, aber dennoch geregelt und fällt unter eben genannte Sonderregelung.
- Falls eine kurzfristige Betreuung des Kindes nicht möglich ist, kann eine Notfallbehandlung eines Patienten natürlich trotzdem erfolgen.
- In solchen Ausnahmefällen können Kinder durch die Klinikmitarbeitenden betreut werden.
- Je nach Situation und Patientenaufkommen ist eine Betreuung durch Mitarbeitende jedoch nicht immer möglich, weshalb vorrangig eine Betreuung durch die Angehörigen angestrebt wird.
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
