Leonie Schulte mit ihren drei Töchtern am Esstisch der Familie, beim Home-Office und Home-Schooling. Sich weniger den eigenen Erwartungen und denen von außen auszusetzen - das ist für sie ein Stück vom Glück. © Esther Posala

Ratgeber für Familien geschrieben

Innere Zufriedenheit ist Glück für die dreifache Mama Leonie Schulte

Weniger ist mehr - vor allem, wenn es um die Erwartungen an sich selbst geht. Diese Erfahrung hat Leonie Schulte aus Lünen in der Pandemie gemacht, als dreifache Mutter und als Journalistin.

Lünen

, 16.02.2022 / Lesedauer: 4 min

Glück - das ist für Leonie Schulte nur eine Momentaufnahme, sie strebt innere Zufriedenheit an. Dieses Gefühl zu entwickeln, musste die 36-Jährige erst einmal lernen. Im ersten Lockdown vor knapp zwei Jahren lösten sich bei der freien Journalistin alle ihre Aufträge in Luft auf. „Ein paar Texte hatte ich noch, die ich schreiben musste, aber ich habe mich dennoch so befreit gefühlt wie lange nicht mehr. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, es reicht, die Dinge einfach hinzukriegen. In der Pandemie erwartet niemand Höchstleistung. Vor allem nicht ich selbst“, erzählt die Lünerin.

Dieses Gefühl noch einmal zu spüren, wünscht sie sich - „aber ohne Pandemie und ohne die Auftragsverluste.“ Dass ihr Tag sich wieder so anfühlt, „dass ich ihn bewältigen kann.“ Im vergangenen Jahr fragte die Zeitschrift „Eltern“, für die sie seit längerem Beiträge schreibt, ob sie sich vorstellen könnte, einen Ratgeber für eine Reihe des renommierten DK-Verlags zu verfassen. „Ich musste lachen, denn es sollte ein Buch über mein Lebensthema werden - weniger ist mehr.“

Die Kinder sind für die Lünerin das Bedeutsamste in ihrem Leben, aber auch ihre anderen Rollen will sie ausfüllen. © Esther Posala

Dabei handelt es sich längst nicht nur um materielle Dinge, von denen man sich befreien sollte, sondern vor allem um Erwartungen - die eigenen und die von anderen - die das Leben belasten können. Eigentlich wollte Leonie Schulte im Januar 2021 mit dem Schreiben und Recherchieren beginnen, doch dann kamen im Januar die Schulschließungen wegen Corona, und so schob sie den Start auf Februar. Zwei ihrer drei Töchter (12 und 8) gehen zur Schule, die Jüngste (5) besucht die Kita.

Home-Office

Home-Office war schon vor Corona in der Familie ganz normal, sowohl die 36-Jährige als auch ihr Mann arbeiten seit Jahren von zuhause aus. Er hat ein kleines Büro, Leonie Schulte arbeitet meistens am Esstisch. „In der Pandemie hatten wir dort dann Home-Office und Home-Schooling und die sich daraus entwickelnden häuslichen Streitereien“, schildert die Lünerin die Situation daheim.

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Die Recherche für das Buch „Weniger ist mehr - was Familien wirklich brauchen“ habe sich maßgeblich auch auf das Familienleben ausgewirkt. „Die Kinder waren ein bisschen genervt, als ich mir die Räume vorgenommen und geschaut habe, auf was man verzichten könnte, und mein Mann sagte dann immer: Jetzt hat Mama das nächste Kapitel fertig.“

Die Erwartungen an sie als Journalistin, Mutter, Partnerin, Frau, Freundin, Schwester oder im Ehrenamt waren hoch - „mein Tag war oft so voll, dass ich abends im Bett lag und nicht wusste, wie ich den nächsten Tag bewältigen sollte.“ Das ist kein Einzelfall, wie sie aus vielen Gesprächen weiß. Gerade junge Eltern verwechseln oft ein volles mit einem erfüllten Leben.

So sieht das Cover des Buches von Leonie Schulte aus, das am 22. Februar erscheint. © DK Verlag

Es gebe zwei Dinge, die helfen können, ein glücklicheres Leben zu führen. Zum einen müsse man einen gütigeren Blick auf sich selbst entwickeln. Und gleichzeitig sollte man lernen, einen viel kritischeren Blick ins Außen zu richten. Leonie Schulte: „Was wir Eltern brauchen, ist ein gehöriges Maß Egal-Kompetenz. Damit meine ich, unsere kleinen Unzulänglichkeiten als das zu sehen, was sie sind: alltäglich nämlich. Dann können wir auch diese vielen Erwartungen an uns besser mit einem Schulterzucken quittieren.“

Hilfreich ist es, sich noch einmal auf das zu besinnen, worauf es im Familienleben wirklich ankommt. „Ein bekannter Kinderarzt, den ich auch für mein Buch interviewt habe, sagt, Kinder brauchen von ihren Eltern ein Heimatgefühl, Liebe, Zuneigung und das Vertrauen, dass sie ihren Weg gehen werden.“ Kurz gesagt, Wurzeln und Flügel.

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Die Welt hat immense Erwartungen an Eltern: „Das fängt schon in der Schwangerschaft an und geht weiter, wenn die Kinder da sind und eine ganze Förderindustrie den Druck auf Eltern und Kinder erhöht.“

Viele Eltern sind verunsichert, weil Erziehung heute ganz anders ist als in ihrer eigenen Kindheit: „Früher sind Kinder aufgrund von Machtgefällen erzogen worden, das ist heute zum Glück nicht mehr so.“ Die Gefühls- und Denkarbeit in der Familie wird immer noch zumeist von den Müttern geleistet. „Deshalb müssen auch diese Dinge in der Partnerschaft neu verhandelt werden.“ Dieser Teil der Recherche für ihr Buch hat sich auf Familie und Partnerschaft ausgewirkt. „Wenn Dinge verändert werden, kommt es zu Konflikten, aber die sind wichtig, um Prozesse in Gang zu setzen.“

Leonie Schulte hat in der Pandemie eine Menge über zu hohe Erwartungen an sich und von außen gelernt. © Esther Posala

Und noch eins hat Leonie Schulte aus der Arbeit an ihrem Buch gelernt: „Viel zu oft stressen wir Eltern uns, weil wir über Probleme nachdenken, die in der Zukunft passieren könnten. Aber wir leben schließlich in der Gegenwart und wenn wir die gut gestalten, haben die Kinder die besten Voraussetzungen, gut zu gedeihen.“

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Auch beim Thema Termine sollte man überlegen, ob weniger nicht mehr ist. „Einerseits wird von der Gesellschaft erwartet, dass Kinder im Sportverein oder an der Musikschule sind, aber dann gibt es Kritik, weil die Kinder zu viele Termine haben oder umgekehrt, weil man seine Kids angeblich nicht genügend fördert.“ Leonie Schulte hat sich vorgenommen, dass sie und ihre Familie in der Freizeit nur noch Termine vereinbaren, auf die sie sich richtig freuen.

Familie und Beruf sind zwei völlig verschiedene Bereiche und die viel beschworene Vereinbarkeit sei nicht so leicht zu erreichen. „Viele Unternehmen glauben, wenn sie ein Eltern-Kind-Büro einrichten, sind sie schon familienfreundlich.“ Was Eltern wirklich brauchen sei Verlässlichkeit - bei Arbeitsstruktur und Betreuung. Was noch lange nicht gegeben ist, wie die Pandemie zeige.

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