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Geschätzter Chirurg gibt Praxis ab: Halb Lünen lag auf seinem OP-Tisch
Praxisübergabe
Halb Lünen hat auf seinem OP-Tisch gelegen. Helfen, das ist die Motivation des renommierten Chirurgen Dr. Jihad Dabbagh. Ende des Monats legt er das Skalpell aus der Hand. Er hat neue Pläne.
Wenn sich Dr. Jihad Dabbagh (64) Ende März in den Ruhestand verabschiedet, ist er genau 40 Jahre in Deutschland. Der aus Syrien stammende Chirurg und Unfallchirurg hat in Lünen sein Zuhause gefunden. Seit 1994 führt er in seiner Praxis ambulante Operationen durch, von Leistenbrüchen über Gelenkspiegelungen bis hin zu Eingriffen an Händen und Füßen. Auch Schönheitsoperationen gehören dazu.
Rund 51.000 Patienten und damit halb Lünen hat der hoch geschätzte Arzt in dieser Zeit versorgt. Anfangs in der Praxis an der Stadttorstraße, später im Facharztzentrum Colosseum gegenüber des St.-Marien-Hospitals.
Jetzt macht der Chirurg persönlich einen Schnitt: Er gibt die Praxis in jüngere Hände. Gemeinsam mit seiner Frau Carola (59), die ihn stets unterstützt und eine Kosmetikabteilung geführt hat, will er sich zur Ruhe setzen. Mit Vorfreude auf etwas Neues, aber nicht ganz ohne Wehmut.
Ergreifender Moment: Letzte Arthroskopie
Es sei schon ein ergreifender Moment gewesen, als er die letzte Knie-Arthroskopie durchführte. Eine allerletzte Operation steht nächste Woche an: Bei einem Kfz-Meister wird er ein Überbein am Handgelenk entfernen. Dann legt der 64-Jährige sein Skalpell zurück in den chirurgischen Instrumentenkoffer zu den Haken, Scheren und Klemmen.
An zwei Tagen pro Woche hat Jihad Dabbagh Operationen unter Vollnarkose durchgeführt, an den anderen Tagen Eingriffe mit lokaler Betäubung. Operieren, sagt er, sei wie bei einem Schauspieler vor dem Schritt auf die Bühne mit einer gewissen Anspannung verbunden. Doch wenn man dann seiner Erfahrung vertrauen könne und merke, dass es gut laufe, sei „das wie ein Flow“. Der medizinische Fortschritt sorgte dafür, dass durch verbesserte Narkosen und kleinere Schnitte die Patienten schneller wieder fit werden. Die Operationsverfahren seien immer feiner geworden.

Dr. Jihad Dabbagh (Archivbild) hatte seine Praxis in Lünen zunächst an der Stadttorstraße. © Bock
Ganze Familien schenkten ihm ihr Vertrauen. Dafür ist Jihad Dabbagh dankbar. „Aus Patienten sind Freunde geworden und aus Freunden Patienten. “ Seine jüngsten Patienten waren Kinder, zuletzt hat er noch eine 92-jährige Seniorin operiert. Für den Chirurgen waren sie keine Behandlungsfälle, er sah den Menschen dahinter. Eine Maxime, die er auch seinem Nachfolger Evangelos Fanarakis (39) mit auf den Weg geben will. „Wenn man es ehrlich meint und helfen will, bekommt man von den Patienten viel zurück“, weiß Dabbagh. Sie seien dankbar für menschliche Zuwendung.
Nachfolger arbeitet sich ein
Evangelos Fanarakis ist bereits in der Praxis und freut sich, dass er gemeinsam mit Jihad Dabbagh den Übergang gestalten kann. „Es ist schwierig, eine solch bekannte Praxis zu übernehmen“, so Fanarakis. Doch er hoffe, das Vertrauen der Patienten zu gewinnen und wolle sie so weiterversorgen wie bisher.
Nach seinem Medizin-Studium in Syrien hat sich Jihad Dabbagh in Deutschland medizinisch weitergebildet. 1981 begann er im Antonius-Hospital in Gronau und arbeitete nach mehreren Stationen auch im St.-Marien-Hospital Lünen. Von da wechselte er als Oberarzt nochmal nach Gronau, bevor er sich in Lünen niederließ.
Im Ruhestand möchte er mehr Zeit haben für seine vier Kinder und die sechs Enkel. Ein Sohn ist in seine Fußstapfen getreten und arbeitet als Oberarzt der Chirurgie in Köln. Eine Tochter wohnt in Mexiko. Sie möchte er gerne besuchen und viel reisen. Seine beiden Hunde freuen sich auf lange Spaziergänge. Auch Radfahren und Schwimmen gehören zu den Hobbys der Dabbaghs.
Evangelos Faranakis wird bis Ende Juni in der Praxis an der Altstadtstraße 32 praktizieren. Dann zieht er mit dem gesamten Team in die Chirurgie Lünen an die Konrad-Adenauer-Straße 50. Dort gehört er schon ab April zum Team und ergänzt als vierter Arzt neben der Chirurgie das Behandlungsspektrum um den Bereich Schmerztherapie.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
